Reform:"Jede Straße ist für jedermann da"

Die Ausbaubeiträge sollten abgeschafft werden, fordert Peter Ohm vom VDGN.

Interview von Stephanie Hoenig

Hausbesitzer und Grundstückseigentümer sollten für den Ausbau kommunaler Straßen nicht mehr extra zur Kasse gebeten werden. Denn davon profitieren nicht sie, sondern die Allgemeinheit, sagt Peter Ohm, Präsident des Verbandes Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) in Berlin.

SZ: Was sind die Kritikpunkte an Straßenausbaubeiträgen?

Peter Ohm: Aus einem Ausbau der Straße vor dem Haus ergibt sich für die Anlieger kein Wertzuwachs ihres Grundstücks, oftmals wegen zunehmenden Verkehrs das Gegenteil. Auch der sogenannte Gebrauchswertvorteil, den die Grundstückseigentümer aus der verbesserten Straße angeblich ziehen sollen, ist nicht vorhanden. Den Vorteil vom Straßenausbau hat vielmehr die Allgemeinheit. Wir leben ja im Zeitalter der allgemeinen Mobilität. Beim heutigen Motorisierungsgrad ist jede Straße im Prinzip für jedermann da. Und selbst Anliegerstraßen werden nicht nur von Anliegern genutzt, nicht einmal überwiegend. In den Kommunen sind außerdem die Aufwendungen für das Eintreiben der Beiträge oftmals höher als das Ergebnis. Das alles spricht dafür, den Ausbau kommunaler Straßen von der Allgemeinheit finanzieren zu lassen, das heißt aus Steuermitteln.

Was raten Sie den Anwohnern?

Wenn ein Bauprojekt in ihrer Straße bekannt wird, sollten die Anwohner sich zusammenschließen und sofort intervenieren. Sie haben zwar kein Vetorecht. Aber oft können sie Druck auf die Verantwortlichen ausüben, kein Luxusprojekt mit überbordenden Kosten zu realisieren. Kommt irgendwann ein Beitragsbescheid ins Haus, sollte innerhalb eines Monats Widerspruch dagegen eingelegt werden. Ansonsten wird der Bescheid bestandskräftig, selbst wenn er fehlerhaft ist. Das schafft Zeit, den Bescheid genau prüfen zulassen. In der Regel wird der Widerspruch abgewiesen. Danach ist wieder genau ein Monat Zeit, um, wenn das gewollt ist, Klage vor dem Verwaltungsgericht zu erheben. Allerdings ist das Kostenrisiko solch eines Prozesses hoch. Der VDGN hat hier gute Erfahrungen mit Prozessgemeinschaften gemacht, bei denen alle beteiligten Anlieger gemeinsam ein Musterverfahren führen, dessen Ergebnis für alle verbindlich ist.

Sehen Sie eine politische Lösung?

Wie die politische Lösung aussehen kann, hat sich in Berlin gezeigt. Dort wurde 2012 das Landesgesetz abgeschafft, nach dem Straßenausbaubeiträge zu erheben waren. So sollte es auch in den anderen Bundesländern geschehen, die solche Beiträge noch erheben. In der Regel müssen dort die Kommunalabgabengesetze entsprechend geändert werden. Der Druck in diese Richtung ist in letzter Zeit gewachsen. So wird in Bayern sehr intensiv über die Straßenausbaubeiträge diskutiert, seit München seine Beitragssatzung gekippt hat. Viel Dampf im Kessel ist auch in Thüringen, wo solche Beiträge von den Kommunen sogar rückwirkend bis 1991 erhoben werden müssen, selbst wenn die Gemeinden ihren Bürgern das lieber ersparen wollen. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) hatte vor seiner Wahl Änderungen versprochen. Die Betroffenen und auch wir warten nun auf Taten.

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