Reden wir über Geld (25): Eike Immel:"Viel Geld für Autos und Frauen ausgegeben"

Der frühere Fußball-Nationaltorhüter Eike Immel über seinen Lebenswandel, gerissene Hochstapler - und warum er nach der eigenen Pleite wieder an seine Zukunft glaubt.

Thomas Öchsner

Zu Hause, in seiner Dortmunder Wohnung, will Eike Immel, 47, kein Interview führen. Der ehemalige Fußball-Nationaltorhüter packt gerade Umzugskisten, weil er wegen seiner Torwartschule in Zukunft häufiger nach Kassel muss. Also ab in sein Dortmunder Stammcafé. Immel ist in Jeans und T-Shirt gekommen. Er fragt den Wirt: "Kannst du mir eine Spezi machen?" und geht gebeugt zu einem Tisch draußen auf dem Gehsteig. Er muss eine Schonhaltung einnehmen, wegen der Hüftarthrose, die ihn seit Jahren plagt. Immel musste im April Privatinsolvenz anmelden. Er weiß, dass er in seinem Leben viele Fehler gemacht hat, und darüber spricht er - entwaffnend ehrlich.

Reden wir über Geld (25): Eike Immel: Eike Immel hat Autos zu Schrott gefahren, mit Immobilien Geld verloren und für RTL im Dschungel gelebt. Trotzdem sagt er: "Ich schaffe das, wieder hochzukommen."

Eike Immel hat Autos zu Schrott gefahren, mit Immobilien Geld verloren und für RTL im Dschungel gelebt. Trotzdem sagt er: "Ich schaffe das, wieder hochzukommen."

(Foto: Foto: RTL/Stefan Menne)

SZ: Von George Best, dem britischen Fußballer, der sich mit 59 Jahren zu Tode gesoffen hat, stammen die legendären Sätze: "Ich habe viel von meinem Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben. Den Rest habe ich einfach verprasst."

Eike Immel: Ich kenne den Ausspruch. Auf mich trifft das aber nur teilweise zu. Gut, ich habe einige Autos zu Schrott gefahren und für meine Porsches und Mercedes viel Geld ausgegeben, aber für hübsche Frauen ehrlich gesagt noch viel mehr. Von den Autos wirst du nicht arm. Wir haben so viele Prozente bekommen. Da verlierst du beim Verkauf nicht viel. Ein Auto hat ja immer einen gewissen Restwert. Wenn die Frau weg ist, kriegst du nichts mehr.

SZ: Und der Alkohol?

Immel: Hat bei mir nie eine große Rolle gespielt, auch nicht nach der Karriere als Fußballer.

SZ: Aber das Zocken mit Karten. Ihr Konkurrent Toni Schumacher schrieb in seinem Torwart-Epos "Anpfiff": "Eike Immel pokert wie ein Süchtiger. Oft sah man, wie er sich völlig gerupft auf sein Bett warf. Nicht selten wurde um 20.000 bis 30.000 D-Mark gespielt."

Immel: Das ist eine Legende von der Weltmeisterschaft in Spanien. 1982 war das Trainingslager noch eine Kaserne. Da gab es keinerlei Zerstreuung. Wir durften nicht einmal am Strand spazieren gehen, und die Spielerfrauen durften uns auch nicht besuchen, so wie das heute üblich ist. Also haben wir in unserer Freizeit gespielt, das war ganz normal.

SZ: Um 20.000 bis 30.000 D-Mark, wie Toni Schumacher behauptet?

Immel: Gemessen an den Gehältern, die wir hatten, ist bei den Spielen keiner arm oder reich geworden. Die Szene, die Toni beschreibt, war nach dem 4:1-Sieg gegen Chile. Da waren wir in ausgelassener Stimmung, und zugegeben, das ist damals ein bisschen ausgeartet. Ich habe an diesem Abend ungefähr 40.000 D-Mark gewonnen. Ich war also nie gerupft, und das weiß der Toni auch. Und seit dem Ende meiner Fußballerkarriere habe ich nie mehr Würfel oder Karten angerührt.

SZ: Warum haben Sie nicht so wie andere auch gegen das Buch geklagt?

Immel: Tonis damalige Frau hat sich bei mir mehrmals entschuldigt, und damit war die Sache für mich erledigt. Ich wollte damals alles im Guten regeln, und das wird mir heute zum Bumerang. Meine Gutmütigkeit, meine Großzügigkeit, oder soll ich Dummheit sagen, sind mir zum Verhängnis geworden. Vielleicht ist es von allem etwas.

SZ: Sie waren zu großzügig?

Immel: Ich war viel zu großzügig. Ich habe ein Helfersyndrom. Es musste nur jemand traurig schauen, und schon habe ich ihm Geld geliehen. Ich habe schätzungsweise eine Million Mark verliehen, ohne davon einen Pfennig wiedergesehen zu haben.

Lesen Sie im zweiten Teil, wie Eike Immel mit Immobilien in Hagen-Haspe viel Geld verlor - und wieso Frauen ziemlich teuer sein können.

"Viel Geld für Autos und Frauen ausgegeben"

SZ: Warum verlangen Sie das Geld nicht zurück, jetzt wo Sie selbst pleite sind?

Immel: Bei den Leuten, denen ich damals besonders viel Geld geliehen habe, ist hundertprozentig nichts mehr zu holen. Außerdem konnte ich nie einem sagen, gib mir mal eine Quittung, das war in der Fußballwelt nicht üblich. Ich habe inzwischen lernen müssen, dass die Realität ganz anders ist.

SZ: Was meinen Sie damit?

Immel: Als ich zum Beispiel 2005 von Istanbul nach Deutschland zurückgekehrt bin, habe ich eine möblierte Wohnung gemietet und die ersten zwei Monate der Miete in bar bezahlt, ohne mir eine Quittung geben zu lassen. Später erhielt ich dann eine Forderung über die bereits bezahlten zwei Monatsmieten. Da war nichts zu machen, ich hatte ja nichts Schriftliches in den Händen.

SZ: Waren Sie bei Frauen auch zu gutmütig?

Immel: Wenn du mit 17 Jahren so viel Geld verdienst, dreht sich alles nur noch ums Geld. Je teurer das Auto, je teurer der Mantel, je teurer die Uhr, desto schöner das Geschenk. Das ist ein Teufelskreis. Wenn du zum Geburtstag eine Uhr für 15.000 Euro verschenkst, was schenkst du dann an Weihnachten? Vielleicht wollten die Frauen das gar nicht, aber ich habe gemeint, es müsste immer mehr sein.

SZ: Sie hatten zu viel Geld?

Immel: Ich hatte zu schnell zu viel Geld. Normalerweise verdienst du doch Schritt für Schritt immer ein Stückchen mehr und arbeitest dich langsam nach oben. Diese Erfahrung habe ich als junger Mensch nicht gemacht. Das Geld kam herein, es war immer viel mehr. Wenn ein Verein einem jungen Mann mit 17, 18 oder 19 Jahren 500.000 Mark und mehr in die Hand gibt, ist das gefährlich.

SZ: Hatten Sie nie Berater, die Ihnen in jungen Jahren in finanziellen Fragen geholfen haben?

Immel: Ich hatte Berater, aber die haben mir eher geschadet als genützt.

SZ: Der Fußballberater Manfred Schulte sagt: "Es gibt eine große Anzahl von Abzockern und Haien in dem Geschäft."

Immel: Meine Berater haben mich nicht betrogen, aber ein Berater sagte damals zu mir: "Du hast bei der Europameisterschaft so viel Geld verdient, wir müssen da jetzt was machen, sonst musst du so viel Steuern nachzahlen."

SZ: Und dann haben Sie sich an einem Bauherrenmodell beteiligt.

Immel: Ja, wie meine Berater auch. Das machte im Bekanntenkreis die Runde. Sowohl beim Metzger wie beim Zahnarzt hieß es: "Hast du schon gezeichnet?" Jeder wollte bei dem Schnäppchen dabei sein, auch Mitspieler damals bei Borussia Dortmund.

SZ: Bei dem vermeintlichen Schnäppchen ging es um Immobilien zum Steuernsparen - ausgerechnet in Hagen-Haspe.

Immel: Damals war das Pütt - und wir haben dort Luxus-Mehrfamilienhäuser hingestellt. Das ist wie sozialer Wohnungsbau in Monte Carlo. Heute würde ich natürlich fragen, wo ist der Haken, warum nutzen nicht alle das Steuersparmodell, wenn das so gut ist.

SZ: Was hat Sie der Ausflug in die Immobilienbranche gekostet?

Immel: So ungefähr eine halbe Million Euro. Der Verlust hat weh getan, aber ich habe damals so gut verdient, dass ich das wegstecken konnte.

Lesen Sie im dritten Teil, warum Multimillionäre für Eike Immel nicht einmal 500 Euro hatten und wieso ihm ein Freund wie Uli Hoeneß fehlte.

"Viel Geld für Autos und Frauen ausgegeben"

SZ: Sie sind auch auf einen Hochstapler hereingefallen, der Sie zum Chef einer Verleihfirma für Luxusautos kürte.

Immel: Ja, der sitzt inzwischen im Gefängnis. Eines habe ich daraus gelernt: Wenn einer sagt, Geld spielt überhaupt keine Rolle, dann sprinte ich so schnell weg, dass ich mir einen Muskelfaserriss hole. Ich habe einfach zu viele Fehler gemacht, die viel Geld gekostet haben.

SZ: Und jetzt sind Sie ganz unten?

Immel: Es hat Tage gegeben, an denen ich keine zehn Cent hatte, um mir morgens ein Brötchen zu schmieren.

SZ: Hat Ihnen niemand geholfen?

Immel: Wenn du ganz unten bist, merkst du, wer zu dir hält und wer nicht. Da gibt es Leute, die bieten dir erst ihre Hilfe an, du lehnst sie ab, die Not wird immer größer, du fragst doch, und dann geht die Tür ganz hart zu, und das bei Multi-Millionären, die vielleicht 20 oder 30 Millionen auf dem Konto haben und dir keine 500 Euro geben wollen. Die melden sich nicht mehr, die lassen sich verleugnen. Das ist schon traurig, das habe ich so nur bei Fußballern kennengelernt.

SZ: Hatten Sie das Pech, dass es für Sie keinen Uli Hoeneß gab, der als Bayern-Manager keinen seiner früheren Weggefährten im Regen stehen lässt?

Immel: Leider ja. Sieht man einmal von Christoph Daum ab, kam die Hilfe nicht aus der Fußball-Welt. Mir hat ein guter Freund geholfen, außerdem meine Eltern und meine Schwester. Aber eines will ich klarstellen: Ich kann mir nur selbst helfen und habe keinen Anspruch auf Hilfe.

SZ: Wie hoch sind Ihre Schulden?

Immel: Es geht um einen mittleren sechsstelligen Euro-Betrag.

SZ: Hm.

Immel: Da sind unheimlich viel Zinsen aufgelaufen. Das sind Zinsen, Zinsen, Zinsen. Sie glauben gar nicht, was aus 100.000 Euro werden, wenn da mal über mehrere Jahre hohe Zinsen zusammenkommen.

SZ: Das ist der Zinseszinseffekt.

Immel: Das habe ich leider total unterschätzt. Ich weiß, das klingt alles unglaublich. Aber ich habe zu wenig Geld zurückgelegt, und als ich das letzte Mal als Torwarttrainer in der Türkei angestellt war, habe ich mit meiner damaligen Lebensgefährtin auf zu großem Fuß gelebt. Das Leben in Istanbul war sehr teuer. Ständig habe ich Flüge bezahlt, die von meinen Kindern, meiner damaligen Lebensgefährtin und von deren Kindern. Ich hätte mehr Geld auf die Seite legen und den Tatsachen ins Auge sehen müssen.

SZ: Dann hat das Finanzamt im Frühjahr 2008 den Insolvenzantrag gestellt. War das kein Schock für Sie?

Immel: Nein, es war ein Befreiungsschlag, endlich nicht mehr so tun zu müssen, als sei alles in Ordnung. Das war furchtbar anstrengend.

SZ: Der nächste Hammer war ein Prozess, bei dem Sie vor kurzem das Amtsgericht Kirchhain wegen Betrugs zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen à 40 Euro verurteilt hat. Was ist da passiert?

Immel: Leider darf ich dazu nichts mehr sagen. Es handelt sich um ein schwebendes Verfahren.

SZ: Wie wollen Sie aus Ihrer Misere herauskommen?

Immel: Ich will wieder als Torwarttrainer arbeiten. Das ist das Einzige, was ich wirklich kann. Aber die Vereine sagen im Moment verständlicherweise: Von seinem Gehalt bekommt der das meiste weggepfändet. Der läuft deshalb den ganzen Tag mit so einer Flappe rum. Das bringt ihm und uns nichts.

Lesen Sie im vierten Teil, wie Eike Immel derzeit versucht, wieder auf die Beine zu kommen und wie viel Geld er im RTL-Dschungel-Camp verdient hat.

"Viel Geld für Autos und Frauen ausgegeben"

SZ: Was wollen Sie also tun?

Immel: Ich versuche, so viel Geld wie möglich mit meinen Fernsehauftritten, Autogrammstunden und meiner Torwartschule einzunehmen, um dann mit Hilfe des Insolvenzverwalters einen Vergleich zu schaffen, damit ich nicht noch sechs weitere Jahre Geld abstottern muss.

SZ: Und deshalb mussten Sie Anfang des Jahres ins Dschungel-Camp gehen?

Immel: Ich hatte schlaflose Nächte wegen der Entscheidung. Als der Rainer Calmund mit dieser Idee kam, habe ich gesagt, das mache ich niemals. Ich habe es dann aber doch gemacht.

SZ: Wie viel Geld hat das Dschungel-Camp gebracht?

Immel: 70.000 Euro. Das Geld hat der Insolvenzverwalter bekommen.

SZ: Und dabei haben Sie Ihre Würde bei Kakerlaken und Ratten verloren.

Immel: Das ist doch Quatsch. Das wird doch nur in Deutschland so gesehen, in anderen Ländern ist das ganze normale Unterhaltung. Für mich war das eine Supererfahrung. Und vor allem war das Dschungel-Camp der richtige Schritt, um aus der Lethargie herauszukommen und nicht noch weitere Jahre untätig auf dem Sofa zu sitzen.

Das war nie für die Hüftoperation gedacht, wie zu lesen war, ich bin krankenversichert.

SZ: Müssten Sie sich nicht schleunigst an der Hüfte operieren lassen, um wieder als Torwarttrainer arbeiten zu können, statt mit Bata Illic Schlager zu singen?

Immel: Ich habe einen OP-Termin nach dem anderen abgesagt, um nach dem Dschungel-Camp Geld zu verdienen. Wir haben jetzt noch einen Auftritt in "Immer wieder sonntags", dann will ich mich operieren lassen, möglichst noch in diesem Monat.

SZ: Sie singen ja auch "Bei uns geht es nicht immer bergauf". Haben Sie keine Angst, so zu enden wie Dribbelkünstler Stan Libuda? Nach Ende seiner Fußballer-Karriere begann er zu trinken und starb mit 53, einsam und arm.

Immel: Nein, überhaupt nicht. Meine Kinder leben bei mir. Die halten zu mir. Das ist für mich das Schönste. So werde ich nicht. Ich schaffe das, wieder hochzukommen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: