Rechtsanwalt:"Mit dem Fiskus ist nicht immer gut Kirschen essen"

Rechtsanwalt: Hatte der Mieter eine Kaution geleistet, steht sie den Erben zu. In bestimmten Fällen dürfe sie der Vermieter behalten, erklärt Alexander Schmitz-Elsen.

Hatte der Mieter eine Kaution geleistet, steht sie den Erben zu. In bestimmten Fällen dürfe sie der Vermieter behalten, erklärt Alexander Schmitz-Elsen.

(Foto: OH)

Darf der Vermieter die Wohnung des Verstorbenen räumen? Wer hilft weiter, wie mit den Erben umgehen? Ein Gespräch mit Alexander Schmitz-Elsen.

Interview von Stephanie Schmidt

Manche Unternehmen haben für etwaige Krisenfälle schon ein Konzept in der Schublade. Auch Vermieter sind besser dran, wenn sie sich im Vorfeld mit heiklen Situationen befassen, etwa mit den Konsequenzen, die der Tod eines Mieters haben kann. Rechtsanwalt Alexander Schmitz-Elsen berät Mitglieder des Verbraucherschutzvereins Wohnen im Eigentum mit Sitz in Bonn unter anderem zu dieser Materie, die auch deshalb kompliziert sein kann, weil das Erbrecht mit hineinregiert.

SZ: Angenommen, eine Person ist berechtigt, in den Mietvertrag einzutreten und will dies auch, zum Beispiel der Ehepartner oder ein im Haushalt lebender Enkel des Verstorbenen. Darf ihnen der Vermieter einen veränderten Vertrag unter die Nase halten?

Alexander Schmitz-Elsen: Nein. Es besteht hier absolut keine Möglichkeit, den Vertragsinhalt einseitig zu verändern. Deshalb lautet ja die juristisch korrekte Formulierung "Eintritt in den Vertrag". Wenn der Vermieter eine Mieterhöhung geltend macht, müssen die Voraussetzungen dafür bereits im Mietverhältnis mit dem verstorbenen Mieter angelegt gewesen sein. Beispiele dafür sind ein Staffelmietvertrag oder Vereinbarungen in Sachen Modernisierung der Wohnung.

Menschen leben heute in ganz unterschiedlichen Konstellationen miteinander. Welche Regeln gelten für unverheiratete Paare? Und worauf müssen Wohngemeinschaften achten?

Der eingetragene Lebensgefährte ist ebenso eintrittsberechtigt wie WG-Mitglieder, vorausgesetzt, es handelt sich um "Personen, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen" - so heißt es in Paragraf 563 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Maßgeblich ist, ob diese Lebenspartnerschaft noch zum Zeitpunkt des Todes des Mieters bestand. Diese Frage kann im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung entscheidend sein. Bei Senioren-Wohngemeinschaften unterschreibt in der Regel jedes Mitglied den Mietvertrag, so formt sich eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Nach dem Tod eines WG-Mitglieds wird diese aufgelöst, wenn sie nicht - möglichst schriftlich - vereinbart hat, den Mietvertrag fortzuführen.

Kann es Auseinandersetzungen darüber geben, wer das Vorrecht hat, in einen Mietvertrag einzutreten?

Ja, in der Frage "Wer darf in den Vertrag eintreten?" steckt einiges an Konfliktpotenzial. Vor allem, wenn man bedenkt, dass wir heute viele Patchwork-Familien haben. Die Rangordnung für den Eintritt in den Vertrag kann unter Umständen Auslegungssache sein. Besonders wichtig ist dieses Thema für einen Eigentümer, der eine Wohnung an einen Familienclan vermietet hat. Da könnte ein Streit zwischen der Tante des Verstorbenen, seiner Lebensgefährtin und seinem Sohn entbrennen, um ein Beispiel zu nennen.

Vermieter könnten auch deshalb mit einem Vertrag liebäugeln, der die Formulierung enthält "Das Mietverhältnis endet mit dem Tod des Mieters."

Wenn der Vermieter und der Mieter einen Vertrag mit einer solchen Befristung abschließen, dann ist diese Klausel eindeutig unwirksam.

Was geschieht, wenn alle Erben des Mieters die Erbschaft ausschlagen?

Nachdem sie die Nachricht von der Erbschaft erhalten haben, können sich die Erben - jeder einzeln - sechs Wochen lang überlegen, ob sie die Erbschaft annehmen. Wenn alle Erben sie ablehnen, erbt der Fiskus nach Paragraf 1936 BGB den Mietvertrag. Dann muss der Vermieter seine Ansprüche gegenüber diesem geltend machen. Dabei kann er regelrecht "verhungern" - mit dem Fiskus ist nicht immer gut Kirschen essen. Außerdem kann es sich viele Monate hinziehen, bis die Wohnung wieder neu vermietet werden kann.

Was kann man tun, wenn die Erben einen vereinbarten Räumungstermin nicht einhalten?

Man kann den Erben Nachfristen setzen. Handeln sie dennoch nicht, müssen die Rechte des Vermieters in einem Prozess durchgesetzt werden. Die Wohnung selbst zu räumen, dürfte zwar kostengünstiger sein als eine gerichtliche Auseinandersetzung. Allerdings sind die in dem Appartement befindlichen Möbel und Gegenstände im Besitz der Erben, und der Vermieter würde dann gegen das Gesetz verstoßen, wenn er sie in Eigenregie entfernt. Ich kann Vermietern nur raten: Halten Sie sich an das geltende Recht. Wenn Sie Unterstützung benötigen, wenden Sie sich an einen der Vermietervereine in Deutschland oder an einen Rechtsanwalt.

Immerhin schützt das Vermieterpfandrecht den Vermieter. Wann greift es?

Das Vermieterpfandrecht ist in Paragraf 562 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelt. Wenn der Verstorbene Mietschulden hatte, dürfen die Erben nicht einfach Gegenstände aus der Wohnung wegschaffen und sie zu Geld machen. Der Vermieter darf in diesem Fall verlangen, dass dieser Besitz des Mieters zurückgebracht wird. Hatte der Verstorbene eine Kaution für die Wohnung geleistet, darf der Vermieter sie unter bestimmten Bedingungen in Anspruch nehmen, falls sich die Erben ihren Verpflichtungen entziehen.

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