Rechte der Bankkunden:Falsch beraten

Der Bundesgerichtshof stärkt die Rechte der Bankkunden. Alle Kreditinstitute müssen künftig ihre Provisionen offenlegen.

Daniela Kuhr

Banken werden ab sofort ihre Beratungsgespräche ändern müssen. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hervor, das Anfang März 2007 bekannt wurde.

Darin verlangen die Richter, dass Kreditinstitute ihren Kunden die Provisionen offenlegen, die sie bei der Vermittlung von Anlageprodukten erhalten. Sonst können die Kunden Anspruch auf Schadensersatz haben. "Damit wird die bisherige Beratungspraxis der Banken komplett auf den Kopf gestellt", sagt der Tübinger Anwalt Andreas Tilp, der das Urteil erstritten hat.

In dem Fall hatte eine Bank ihrer Kundin konzerneigene Aktienfonds empfohlen. Sie klärte die Anlegerin zwar darüber auf, dass sie dafür Ausgabeaufschläge zwischen drei und fünf Prozent kassiert. Was die Kundin aber nicht erfuhr: Die Fondsgesellschaft zahlte der Bank darüber hinaus einen Teil der Verwaltungsgebühren (sogenannte Kickback-Zahlungen).

Geld zurück verlangt

Nach großen Kursverlusten verlangte die Anlegerin ihr Geld zurück - Zug um Zug gegen Rückgabe der Fondsanteile. Der BGH gab ihr recht.

Die Bank müsse "darauf hinweisen, dass und in welcher Höhe sie Rückvergütungen" von der Fondsgesellschaft erhalte, entschieden die Richter.

Der Kunde müsse über den Interessenkonflikt aufgeklärt werden. Erst so werde er "in die Lage versetzt, das Umsatzinteresse der Bank selbst einzuschätzen", heißt es in dem Urteil (Aktenzeichen: XI ZR 56/05).

Kapitalanlagen aller Art betroffen

Nach Ansicht von Tilp wirkt sich der Richterspruch nicht nur bei der Vermittlung von Fondsanteilen aus. "Das Urteil betrifft Kapitalanlagen aller Art und erfasst frühere wie zukünftige Fälle", sagt der Jurist. Seiner Ansicht nach geht es auch über die Vorgaben einer EU-Richtlinie (Mifid) hinaus, die von November an in Deutschland für mehr Transparenz bei der Bankberatung sorgen soll.

"Die geplanten Vorschriften gelten nur für die Zukunft, während das Urteil schon jetzt von den Banken bessere Informationen verlangt." Zudem sei "völlig offen, ob sie dem Anleger Schadensersatz gewähren, wie es der BGH jetzt getan hat".

Nach Auffassung von Tilp gilt das Urteil nicht nur für Wertpapiere und Derivate, sondern zum Beispiel auch für Steuersparmodelle wie Schiffsbeteiligungen. "Es gibt aus meiner Sicht so gut wie keine Bankberatung, bei der nicht im Hintergrund Kickback-Zahlungen stattfinden", sagt der Anwalt.

Kreditwirtschaft rätselt über die Folgen

Ein Sprecher des Fondsverbands BVI bestätigt, dass Kickbacks "gängige Praxis sind". Dies wird sich mit dem Urteil ändern müssen. Die Kreditwirtschaft rätselt noch über die Folgen. Beim Zentralen Kreditausschuss, dem Dachverband der Kreditwirtschaft, hieß es am Montag lediglich: Der Richterspruch komme "überraschend".

In der Urteilsbegründung wies der BGH darauf hin, dass grundsätzlich nur die Geschäfte rückabgewickelt werden könnten, "bei denen Rückvergütungen verschwiegen worden sind". Ob der Anleger auch andere Wertpapieraufträge bei seiner Bank rückgängig machen kann, hänge davon ab, ob er "bei gehöriger Aufklärung insgesamt den Geschäftskontakt abgebrochen hätte". Das zu beweisen ist aber Sache des Kunden.

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