Reaktionen auf internes Papier:"Befremdet über den Vorgang"

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Milliardenschwere Ausfallrisiken: Wie die deutschen Banken auf die Risiko-Liste der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht reagierten.

Guido Bohsem, Martin Hesse und Claus Hulverscheidt

Detailliert hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) auf einer DIN-A4-Seite aufgeführt, in welchem Ausmaß in welchen riskanten Geschäftsfeldern die 17 führenden Banken des Landes tätig sind. Die Bafin verweigerte am Freitag eine genaue Auskunft über die Zusammensetzung der Zahlen und nach welchen Kriterien die Tabelle erstellt wurde. Wie wahrscheinlich es ist, dass des zu Ausfällen in der genannten Höhe kommt, geht aus dem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Papier ebenfalls nicht hervor. Eine Sprecherin machte aber deutlich, dass Sicherheiten und Absicherungsgeschäfte nicht einbezogen seien. Dass das von ihrer Anstalt gezeichnete Bild also dramatischer erscheint als es ist. Den Banken selbst war die Aufstellung der Bafin bislang offenbar nicht bekannt. Und so versuchten sie am Freitag, die Daten zurechtzurücken.

Dunkle Wolke über Frankfurt am Main: In den Bilanzen der Banken schlummern Risiken in Höhe von mehr als 800 Milliarden Euro. (Foto: Foto: ddp)

"Äußerst befremdet über den Vorgang"

Am drastischsten drückte es ein Sprecher der LBB aus Berlin aus. Die Bank kenne die Auflistung nicht, sie sei nicht gefragt worden und habe keine Informationen geliefert. "Die von ihnen genannten Zahlen haben keinen Bezug zur Realität unserer Bank." Insgesamt zeigt man sich in Berlin "äußerst befremdet über den Vorgang". Die DZ Bank, die Nord LB und die BayernLB erklärten, die Zahlen nicht nachvollziehen zu können.

Die Bayern LB betonte, bereits in den vergangenen Monaten umfangreiche Vorsichtsmaßnahmen gegen mögliche Ausfälle ergriffen zu haben. Das ABS-Wertpapier-Portfolio der Bank habe Ende des Jahres rund 19,6 Milliarden Euro betragen. Durch die Hilfen des Landes sei das Institut bis zu sechs Milliarden Euro in diesem Bereich abgesichert.

Die Hypo Real Estate, die in der Bafin-Liste als Institut mit den größten Risiken beschrieben wird (268 Milliarden Euro), wollte die Zahlen nicht kommentieren. Sie verwies stattdessen auf den aktuellen Geschäftsbericht. Die HSH Nordbank erklärte, die Zusammenstellung der Bafin mit einem Gesamtvolumen von 105 Milliarden Euro scheine eine Zusammenstellung von Buchwerten zu sein, die man zuvor der Anstalt gemeldet habe. "Eine konkrete Aussage zu Ausfallwahrscheinlichkeiten dieser Buchwerte wird damit nicht getroffen." Für alle Teile des Kreditportfolios gebe es durch die Weltwirtschaftskrise erhöhte Ausfallrisiken. Jedoch hätten Wirtschaftsprüfer und auch der Bankenrettungsfonds Soffin der HSH eine ausreichende und angemessene Risikovorsorge bescheinigt. "Einen Komplettausfall der Buchwerte des gesamten Portfolios zu unterstellen, wäre falsch." Die HSH habe strukturierte Kapitalmarktprodukte in Höhe von rund dreizehn Milliarden Euro. Diese seien stärker gefährdet. Von einem Totalausfall gehe man nicht aus.

Nach Angaben der NordLB befinden sich keinerlei toxische Papiere in ihrem Portfolio. Man sei von der Finanzkrise nur indirekt betroffen und werde in der kommenden Woche wieder ein positives Ergebnis vorweisen können - sowohl vor als auch nach Steuern. Die Zahlen der Bafin ergäben"keinen Sinn". Die Deutsche Bank erklärt, sie habe ihre kritischen Positionen weit abgebaut und sie lägen unter den von der Bafin genannten Werten. Die LBBW wollte die Zahlen nicht kommentieren. Allerdings verwies LBBW-Chef Siegfried Jaschinski bei der Bilanz-Präsentation darauf, dass fast die Hälfte davon Staats- und Firmenanleihen seien. Das Risiko, dass Anleihen von Staaten oder großen Banken ausfielen, sei sehr gering. Die WestLB, deren Gesamt-Risikobestand die Bafin auf 84 Milliarden Euro beziffert, verwies darauf, dass es allgemein bekannt sei, dass sie beabsichtige, Aktivitäten im Umfang von etwa 80 Milliarden Euro auszulagern. Dabei handele es sich um ein Portfolio mit hoher Werthaltigkeit. Bereits im Frühjahr 2008 sei die WestLB von risikobehafteten Wertpapieren in Höhe von 23 Milliarden Euro befreit worden. Diese befänden sich also nicht mehr in der Bilanz.

© SZ vom 25./26.04.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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