Reaktionen auf Banken-Stresstest:IWF fordert größere Kapitalpolster

Sind die deutschen Banken aus dem Schneider? Nach der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse ist Finanzminister Schäuble zufrieden: "Für Deutschland sind keine weiteren Anpassungen notwendig." Bankenexperten sehen die Resultate kritischer - und sprechen von "politischen Interessen", "willkürlichen Maßstäben" und einer vertanen Chance.

Wie gut sind die europäischen Finanzinstitute auf neue Krisen vorbereitet? Nach der Veröffentlichung der Ergebnisse des Banken-Stresstests zeigen sich viele deutsche Politiker und Experten erleichtert. Denn die deutschen Geldhäuser hielten der Überprüfung stand - wenn auch manche nur knapp. Doch es werden auch immer mehr kritische Stimmen laut: Experten zweifeln an der Aussagekraft der Stresstest-Ergebnisse. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Union fordern weitergehende Schritte, um die Banken krisenfest zu machen.

Kritik an Banken-Stresstest

"Keine weiteren Anpassungen notwendig": Nach der Veröffentlichung der Stresstest-Ergebnisse sind die deutschen Banken nach Ansicht von Finanzminister Schäuble aus dem Schneider. Das Foto zeigt die Skyline von Frankfurt am Main, dem deutschen Finanzzentrum.

(Foto: dpa)

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble deutete die Ergebnisse des Tests als Beleg für die Krisenfestigkeit der Banken und sprach von einem positiven Signal. "Für Deutschland sind keine weiteren Anpassungen erforderlich", sagte er im Hinblick darauf, dass die nur knapp durchgekommenen Landesbanken HSH Nordbank und NordLB bereits Maßnahmen angekündigt hatten, wie sie ihre Kapitalausstattung verbessern.

Als "robust und ausreichend" bezeichnete auch Bundesbankvizepräsidentin Sabine Lautenschläger die Kapitalausstattung der deutschen Banken. Raimund Röseler von der Finanzaufsicht BaFin nannte das Ergebnis "positiv", da es die erfolgreichen Bemühungen vieler Banken unterstreiche, ihr Eigenkapital zu stärken.

Der Internationale Währungsfonds begrüßte zwar die Ergebnisse des Stresstests, forderte aber weitergehende Schritte. Auch die Schwächen bei Instituten, die nur knapp bestanden hätten, müssten angegangen werden, teilte der IWF mit. Es sei wichtig, die Kapitalpolster zu vergrößern. Zuvor hatte bereits die EU-Kommission die acht durchgefallenen sowie die nur haarscharf durchgekommenen Institute aufgefordert, ihr Eigenkapital zu stärken.

Bei dem sogenannten Stresstest wurden 91 europäische Institute überprüft, das Ergebnis wurde am Freitag bekannt gegeben. Neben fünf spanischen Instituten, unter ihnen vier Sparkassen, hielten zwei Banken aus Griechenland und eine aus Österreich die "Stresstest"-Kriterien der Europäischen Bankenaufsicht (Eba) nicht ein. Die betroffenen Banken benötigten demnach insgesamt 2,5 Milliarden Euro Kapital, um sich zu stärken.

"Unglaublicher Vorgang"

Von den 13 getesteten deutschen Banken wäre einzig die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) nach den Kriterien der europäischen Bankenaufsicht Eba nicht durchgekommen. Doch das Institut hatte sich im Streit mit der Behörde in letzter Minute selbst von der Untersuchung ausgeschlossen.

Kritik am Testverfahren

Der Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Finanzausschuss, Hans Michelbach, kritisierte denn auch die Eba-Entscheidung, die Helaba durchfallen zu lassen. Diese stehe auf sicheren Füßen und sei sogar ohne Staatshilfen durch die Wirren der Finanzkrise gekommen. Die Helaba wegen eines Streits um kurzfristig eingereichte Papiere durchfallen zu lassen, sei inakzeptabel und ein "unglaublicher Vorgang", monierte Michelbach.

Manche Experten halten die Aussagekraft des Verfahrens ohnehin für begrenzt. Kritisch bewertet wurde vor allem, dass das Szenario einer Staatspleite Griechenlands überhaupt nicht einkalkuliert wurde. Zudem mussten die Banken in dem Stresstest nur 15 Prozent auf ihre griechischen Staatsanleihen abschreiben. In der Realität notieren sie bis zu 50 Prozent unter den Buchwert.

Der Präsident des Bayerischen Finanzzentrums, Wolfgang Gerke, hält den jüngsten europäischen Bankenstresstest nur bedingt für überzeugend. "In dem Stresstest stecken auch politische Interessen", sagte er der Saarbrücker Zeitung. Man wolle einfach nicht zugeben, dass Griechenland vor einer Pleite stehe. Gleichwohl sei der Test besser gewesen als sein Vorgänger, weil er von einem "härteren Szenario" im Hinblick auf Konjunktureinbrüche ausgehe, so Gerke weiter. Er unterstelle auch kritischere Situationen für die Anlagen der Banken.

"PR-Gag ohne größere Bedeutung"

Auch Sparkassen-Präsident Heinrich Haasis hatte moniert, die Überprüfung trage nur unzureichend zur Vertrauensbildung bei. Es seien "willkürliche Maßstäbe" angelegt worden, um politisch erwünschte Ergebnisse zu erzielen. Einige gesunde Institute seien "künstlich krankgeredet" worden, erklärte er etwa mit Blick auf die Helaba.

"Mit nur acht Durchfallern kann kein Vertrauen wiederhergestellt werden", sagte Michael Symonds, Kreditanalyst von Daiwa Capital Markets. Andere Experten sprachen von einem PR-Gag ohne große Bedeutung. "Da wurde eine große Chance für glaubwürdige Tests vertan", kritisierte Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance & Management.

Schon vor einem Jahr war die Glaubwürdigkeit des Tests in Zweifel gezogen worden. Damals fielen nur sieben von 91 Instituten durch, darunter der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate. Nur kurze Zeit später kollabierten irische Banken, obwohl sie den Test bestanden hatten. Der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, Michael Kemmer, warnte daher davor, die Ergebnisse überzubewerten.

Der wahre Wert des Stresstests liegt für viele Kapitalmarktexperten in der Transparenz: Etwa 3000 Daten muss jede Bank veröffentlichen - von der Laufzeit all ihrer Staatsanleihen bis zu einer Ergebnisvorausschau für dieses und das kommende Jahr. 2010 waren es nur 100 Daten.

Linktipp: Eine englischsprachige Zusammenfassung der Stresstest präsentiert die Europäische Bankenaufsicht auf ihrer Website.

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