Ratgeber:Zu viel Krach

Property Development Threatens Berlin Garden Colonies

Mieter in einen Mehrfamilienhaus können oft nur von idyllischer Ruhe träumen. Lärmbelästigung durch Nachbarn ist ein häufiges Problem.

(Foto: Sean Gallup/Getty Images)

Was Mieter bei Lärmbelästigung vor deutschen Gerichten beweisen müssen.

Von Andrea Nasemann

Lärmbelästigungen zählen zu den größten Streitpunkten im Mehrfamilienhaus. Vor allem dann, wenn das Haus hellhörig ist, weil es sich um einen Altbau handelt. Ein genervter Nachbar beklagte sich wegen unzumutbarer Lärmbelästigungen wie lauten Klopfgeräuschen, festem Getrampel und Möbelrücken und kürzte deshalb die Miete. Als der Mietrückstand zwei Monatsmieten betrug, kündigte der Vermieter ihm fristlos. Damit er die Wohnung nicht verlor, zahlte der Mieter den einbehaltenen Betrag unter Vorbehalt nach. Amts- und Landgericht gaben der Räumungsklage statt, wobei das Landgericht die Kündigung als ordentliche Kündigung für berechtigt hielt.

Der Fall landete vor dem Bundesgerichtshof (BGH), das ihn an das Berufungsgericht zurückverwies. Dieses sei nur den Ursachen des Lärms nachgegangen. Wenn ein Mieter die Miete wegen Lärms mindere, gehe es ihm aber nicht in erster Linie um die Ursache, sondern um die Auswirkungen des Lärms. In ihrem Urteil vom 21. Februar 2017 (VIII ZR 1/16) machten die Richter klar, was der Mieter darlegen muss, wenn er die Miete mindern will: Es reiche aus, wenn er einen konkreten Mangel darlege. Wie sehr ihn dieser Mangel störe, brauche er nicht vorzutragen. Er müsse auch nicht darlegen, woher der Mangel rühre und wer dafür verantwortlich sei. Das sei Sache des Gerichts. Im Zweifel müsse ein Sachverständiger hinzugezogen werden, der die Lärmursachen ergründe.

Im vorliegenden Fall hatte der Mieter seiner Pflicht Genüge getan: Er hatte den Lärm genau beschrieben und ein detailliertes Lärmprotokoll erstellt, obwohl das nach Meinung der Richter bei ausreichender Beschreibung wiederkehrender Lärmbeeinträchtigungen nicht nötig gewesen war. Zur Ursache des Lärms musste er nichts weiter vortragen. Ihm als Laien sei es weder möglich, die Lärmquelle einer bestimmten anderen Wohnung zuzuordnen, noch darzulegen, ob der Lärm auf einem "unangemessenen Wohnverhalten" anderer Bewohner des Hauses, auf einem mangelhaften Schallschutz oder auf einer Kombination beider Ursachen beruhe, hieß es.

Entstanden die störenden Geräusche allerdings durch eine normale Wohnnutzung und wurden die zum Zeitpunkt der Errichtung der Wohnung geltenden Schallschutzvorschriften nicht verletzt, gehen die Ansprüche ins Leere. Kann man dagegen nachweisen, dass sich der Nachbar rechtswidrig verhalten und die Ruhe nachhaltig gestört hat, hat der Mieter gute Karten. Er kann dann entweder von dem Störenfried das Einstellen des Lärms fordern oder sich an dessen Vermieter wenden. Dieser muss den Mieter dann wegen der Ruhestörungen abmahnen, eventuell kündigen und kann - wenn der Nachbar die Miete wegen des Krachs gemindert hat - sogar Schadenersatz verlangen.

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