Rangfolge der Erben:Wie das Gesetz die Erbfolge regelt

Nicht alle Erben sind vor dem Gesetz gleich: Wer zuerst zum Zug kommt und welche Regeln für Ehepaare und Unverheiratete gelten.

Von Eva Dignös

Wer erbberechtigt ist, steht im Buch 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Diese gesetzliche Erbfolge greift immer dann, wenn es kein Testament gibt. Außerdem ist sie wichtig, wenn es um den Anspruch auf einen Pflichtteil geht.

Das Gesetz sieht eine Rangfolge vor: Es bevorzugt zum Beispiel die Kinder vor weiter entfernten Verwandten. Dafür unterscheidet es zwischen mehreren sogenannten Ordnungen.

Erben erster Ordnung sind die sogenannten Abkömmlinge des Verstorbenen, also seine leiblichen Kinder, Enkel, Urenkel. Dabei gilt: Es erbt die am nächsten verwandte Generation, und zwar jeweils den gleichen Anteil. Hat ein Verstorbener fünf Kinder, wird das Erbe also durch fünf geteilt. Nur wenn ein Kind des Erblassers schon verstorben ist, rücken dessen Kinder, also die Enkel des Erblassers, nach.

Erbfall erster Ordnung

Der verwitwete Anton stirbt. Von seinen drei Kindern Berta, Clemens und Dieter ist Berta bereits verstorben. Clemens und Dieter erben jeweils ein Drittel, das dritte Drittel geht zu gleichen Teilen an Bertas zwei Kinder Dorothea und Emil. Sie erben also jeweils ein Sechstel. Die Kinder von Clemens und Dieter dagegen bekommen nichts.

Ob die Eltern verheiratet waren, spielt für die Kinder beim Erbrecht keine Rolle: Nichteheliche sind ehelichen Kindern gleichgestellt, wenn die Eltern nach dem Stichtag 28.5.2009 verstorben sind. Auch Kinder, die nach dem 1.1.1977 in Deutschland adoptiert wurden, werden beim Erbrecht genauso wie leibliche Kinder behandelt. Allerdings macht es einen Unterschied, ob sie dabei unter 18 oder schon volljährig waren: Minderjährige Kinder verlieren durch die Adoption ihr gesetzliches Erbrecht gegenüber ihren leiblichen Eltern, bei der Adoption von Erwachsenen besteht es fort. Stief- oder Pflegekinder dagegen haben kein gesetzliches Erbrecht. Wer sie berücksichtigen möchte, muss ein Testament machen.

Erben zweiter Ordnung kommen zum Zug, wenn es keine Erben erster Ordnung gibt. In diese Gruppe gehören die Eltern des Erblassers sowie deren Abkömmlinge, also die Geschwister des Erblassers, seine Neffen und Nichten. An erster Stelle stehen die Eltern des Verstorbenen: Beide haben jeweils das Anrecht auf die Hälfte des Erbes. Geschwister rücken nach, wenn ein Elternteil schon tot ist. Können auch sie das Erbe nicht antreten, sind die Neffen und Nichten an der Reihe.

Erbfall zweiter Ordnung

Monika stirbt unverheiratet und kinderlos. Die Hälfte ihres Nachlasses geht an ihre Mutter. Ihr Vater ist schon lange tot, das übrige Erbe muss also unter seinen Nachkommen aufgeteilt werden: Ein Viertel bekommt Monikas Bruder Norbert, jeweils ein Achtel erben die Kinder von Monikas bereits verstorbene Schwester Olga.

Erben dritter Ordnung sind die Großeltern des Erblassers sowie deren Abkömmlinge, also Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen. Sie erben nur dann, wenn es keine Erben zweiter Ordnung gibt. Wer wieviel bekommt, wird nach denselben Regeln ermittelt wie bei Erben erster und zweiter Ordnung.

Gibt es auch keine Erben dritter Ordnung, wird nach einem komplizierten, für den Laien kaum durchschaubaren Verfahren im Kreis der weiter entfernten Verwandten nach Erben der vierten, fünften oder ferneren Ordnung gesucht.

Ehegatten und unverheiratete Paare

Neben den Verwandten haben auch Ehegatten und Partner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft ein im Gesetz verankertes Erbrecht - das allerdings nicht so umfassend ist, wie viele Paare glauben: Sein Erbe muss der überlebende Partner möglicherweise mit Schwiegereltern, Schwägerin oder Schwager teilen. Alleinerbe ist er nur, wenn der Verstorbene keine Eltern, Großeltern oder Geschwister (mehr) hat.

Ehegatten-Erbrecht

Kurt hinterlässt seine Frau Luise, mit der er im gesetzlichen Güterstand lebte, die beiden Kinder Markus und Nathalie sowie seinen Bruder Otto. Nachdem mit den beiden Kindern Erben erster Ordnung vorhanden sind, ist der Bruder von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Die Ehefrau erbt die Hälfte des Vermögens, nämlich das ihr laut Gesetz zustehende Viertel plus ein weiteres Viertel als Zugewinnausgleich. Die Kinder Markus und Nathalie teilen sich die zweite Hälfte des Nachlasses.

Wichtig für die Berechnung der Erbanteile ist der Güterstand, in dem das Paar lebte. Bei den meisten Eheleuten ist das der gesetzliche Güterstand, die sogenannte Zugewinngemeinschaft. Dabei erbt der Ehepartner neben den Erben erster Ordnung, also seinen Kindern oder Enkeln, zunächst einmal ein Viertel, gegenüber Verwandten zweiter Ordnung sowie Großeltern des Verstorbenen die Hälfte. Außerdem hat er ein Anrecht auf den sogenannten Zugewinnausgleich. Dafür wird entweder der Basisanteil pauschal um ein Viertel erhöht. Oder die Summe wird - ähnlich wie bei einer Scheidung - an Hand des Vermögens ermittelt, das während der Ehe tatsächlich gemeinsam gebildet wurde. Welches Modell am günstigsten ist, sollte man sich im Einzelfall errechnen lassen. Bei einer Gütertrennung fällt der Zugewinnausgleich weg.

Wären Kurt und Luise kinderlos geblieben, sähe die Verteilung folgendermaßen aus: Luise erbt drei Viertel, denn ihr stehen die Hälfte des Nachlasses plus ein Viertel Zugewinnausgleich zu. Ihr Schwager Otto erhält als Erbe zweiter Ordnung ein Viertel.

Geschiedene Ehepartner können einander nicht beerben. Das gilt auch dann, wenn die Scheidung noch gar nicht ausgesprochen, der Erblasser aber schon den Scheidungsantrag gestellt oder dem Scheidungsantrag des überlebenden Partners zugestimmt hatte (Oberlandesgericht Köln, Az: 2 Wx 122/11).

Kein gesetzliches Erbrecht für unverheiratete Partner

Bei unverheirateten Paaren steht dem länger lebenden Partner nach dem Gesetz kein Erbrecht zu. Das Vermögen wird ausschließlich an die Verwandten des Verstorbenen verteilt. Wer seinen Partner wirtschaftlich absichern und ihm das ganze Vermögen oder zumindest große Teile davon zukommen lassen will, muss ein Testament oder einen Erbvertrag errichten.

Soweit das Gesetz - allerdings ist niemand verpflichtet, sich an die Regeln der gesetzlichen Erbfolge zu halten und der ungeliebten Cousine oder dem ohnehin schon schwerreichen Onkel etwas zu vererben, nur weil das BGB es so vorsieht. Jeder gesetzliche Erbe kann durch ein Testament von der Erbfolge ausgenommen werden, indem der Erblasser ihn explizit ausschließt - oder einfach gar nicht erwähnt und andere Personen zu Erben beruft. Allerdings können Enterbte oft einen Pflichtteil geltend machen. Die Summe muss ihnen dann von den Erben ausgezahlt werden.

Wenn zur Zeit des Erbfalles überhaupt keine Verwandten mehr leben und es auch keinen Ehegatten beziehungsweise keinen eingetragenen Lebenspartner gibt, wird der Staat gesetzlicher Erbe.

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