Private Krankenversicherung:Wie Privatversicherte 2016 sparen können

Lesezeit: 4 min

  • Viele Privatversichterte müssen im neuen Jahr höhere Beiträge zahlen.
  • Ein Tarifwechsel innerhalb ihrer Krankenkasse kann sich deshalb lohnen - ein Wechsel in die Gesetzliche nur bedingt.

Von Marie Tuil

Für Reiner Kumpf hat es sich so richtig gelohnt. Von 495 auf 255 Euro konnte er seinen Monatsbeitrag zur privaten Krankenversicherung senken, und das ohne Leistungseinbußen. Seit Mitte der Achtzigerjahre hatte der Anwalt, der seinen richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen will, die gleiche Versicherung. Nun hat er den Tarif gewechselt - und ist beim selben Versicherer geblieben. Seit Jahresbeginn soll das einfacher werden: Ein Großteil der privaten Krankenversicherungen hat sich Leitlinien für einen transparenten Tarifwechsel auferlegt, und das wird auch von Verbraucherschützern begrüßt.

Vergreiste Tarife

Wer seit Jahrzehnten im selben Tarif versichert ist, sollte sich nach günstigeren Möglichkeiten umschauen. Viele steigen kurz nach der Ausbildung in die private Krankenversicherung ein, denn sie ist zunächst billiger und bietet dazu vermeintlich bessere Leistungen als die gesetzliche Krankenversicherung. So etwas bleibt im Gedächtnis. Beitragssteigerungen im Lauf der Jahre werden deshalb hingenommen. Aber: "Bei einer Tarifvergreisung kann es zu Prämienzuwächsen kommen, die mit zunehmendem Alter überproportional ansteigen", sagt ein Sprecher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Die beaufsichtigt nicht nur Banken, sondern auch die privaten Krankenversicherungen. Vergreiste Tarife können also teurer sein als andere, bei gleichen Leistungen. Dann lohnt sich ein Wechsel auf jeden Fall.

Den Anbieter wechseln?

Das ist in der Regel nicht zu empfehlen. Grund dafür sind die Alterungsrückstellungen. Das sind Kapitalpolster, die private Krankenversicherer von Anfang an aus einem Teil der Prämien bilden, um die Beiträge auch im Alter konstant zu halten. Unzufriedene, die den Anbieter wechseln wollen, verlieren dieses Polster: Bei Verträgen, die vor 2009 abgeschlossen wurden, hat der Versicherte kein Recht, sich die Rückstellungen bei einer anderen Versicherung anrechnen zu lassen. "Die beste Alternative ist deshalb der Tarifwechsel beim selben Anbieter", sagt eine Sprecherin des Bundes der Versicherten. Dann werden Alterungsrückstellungen voll übernommen.

Sparen ohne Einbußen

Bei den meisten privaten Krankenversicherungen existieren viele sehr ähnliche Tarife nebeneinander. Immer neue Tarife sollen junge, gesunde Gutverdiener locken. Die alten Tarife werden deshalb für Neuzugänge geschlossen. Für die Berechnung eines Tarifs sind aber immer nur diejenigen Versicherten relevant, die in genau diesem Tarif versichert sind. Wie viele Kranke im selben Tarif versichert sind und wie viele Versicherte den Vertrag storniert und ihre Alterungsrückstellungen zurückgelassen haben - solche Faktoren sind dafür verantwortlich, dass sich ähnliche Tarife ganz unterschiedlich entwickeln.

"Es ist durchaus möglich, dass Kunden bei ihrem eigenen Versicherer einen Tarif finden, der günstiger ist, bei insgesamt gleichbleibendem Leistungsniveau", sagt ein Sprecher des Verbandes der privaten Krankenversicherungen. Einsparungen müssen also nicht grundsätzlich auf Kosten der Leistungen gehen. "Manchmal ist es aber so, dass Versicherte bei einem Tarifwechsel auch Leistungseinschränkungen hinnehmen müssen", sagt Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin bei der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale.

"In der gesetzlichen Krankenkasse sind die Beiträge an das Einkommen gekoppelt, was in der privaten Versicherung nicht der Fall ist", sagt eine Sprecherin des Bundes der Versicherten. Das bringe vor allem viele Ältere in Schwierigkeiten. In jungen Jahren privat versichert, im Alter dann gesetzlich: Das wäre, was die Beiträge anbelangt, oft die beste Wahl.

Solche Rosinenpickerei will der Gesetzgeber aber vermeiden. Deswegen ist ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung nur unter bestimmten Bedingungen möglich: Er geht nur vor dem 55. Geburtstag. Und das Einkommen muss mindestens ein Jahr lang unter der Versicherungspflichtgrenze gelegen haben. Derzeit beträgt diese 54 900 Euro pro Jahr. Wem der Weg in die gesetzliche Versicherung versperrt ist, kann aber innerhalb seiner bisherigen Versicherung in den Basis- oder Standardtarif wechseln. Die bieten dieselben Leistungen wie die gesetzlichen Kassen und sind deshalb etwas günstiger als andere Tarife. Selbst wenn beim Wechsel Vorerkrankungen bestehen, dürfen in diesen Tarifen keine individuellen Risikoaufschläge verlangt werden.

Achtung Zuschläge

Grundsätzlich hat gemäß § 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) jeder Privatversicherte - unabhängig von Alter und Gesundheitszustand - das Recht, den Tarif bei seiner Krankenversicherung zu wechseln. Ist aber der neue Tarif in bestimmten Leistungsbereichen besser, kann der Versicherer eine erneute Risikoprüfung verlangen. "Bei einem Mehr an Leistungen kommen Fragen zur Gesundheit auf die Versicherten zu", sagt Elke Weidenbach von der nordrhein-westfälischen Verbraucherzentrale. "Und die müssen korrekt beantwortet werden."

Wenn dabei eine Krankheit angegeben wird, die beim ursprünglichen Vertragsabschluss noch nicht bestand, kann der Versicherer Risikozuschläge verlangen. Ganz wichtig dabei: Solche Zuschläge sind nur in Bereichen zulässig, in denen sich die Leistungen wirklich verbessern. Wenn nur die Zahnersatzleistungen besser sind, ist eine erst vor Kurzem entdeckte Zuckerkrankheit beispielsweise irrelevant. Außerdem kann der Wechselwillige auf die zusätzlichen Leistungen auch einfach verzichten und sich den Zuschlag damit sparen.

Wie Rechtsanwalt Kumpf suchen sich trotzdem viele Wechselwillige zusätzliche, neutrale Hilfe. Er ließ sich von einem Wechselberater informieren. Vertreter, Makler und Berater: Sie alle bieten ihre Hilfe beim Tarifwechsel an. Und haben Vor- und Nachteile. Versicherungsvertreter vertreten Versicherungen - und sind schon allein deswegen nicht ganz unabhängig. Dafür ist ihre Hilfe aber umsonst. Ein Makler dagegen sollte bei der Vermittlung einer Versicherung immer im Interesse des Kunden handeln - und muss deshalb auch vom Kunden bezahlt werden. Berater sind meist noch etwas teurer, denn sie kümmern sich nicht nur um Vermittlung, sondern auch um umfassende Informationen.

"Wir empfehlen Versicherungsberater auf Honorarbasis, denen ist es völlig egal, in welchen Tarif der Kunde wechselt", sagt die Sprecherin des Bundes der Versicherten. Denn die Vergangenheit hat gezeigt, dass Berater mit Provisionen, die von den zukünftigen Einsparungen abhängen, oft nicht ausreichend auf den Verzicht auf Leistungen oder auf Steigerungen des Selbstbehalts hinweisen. Wirklich unabhängig ist die Beratung, die Verbraucherzentralen in vielen Bundesländern anbieten. Und zudem auch noch günstig. Den Papierkram muss man dafür aber selbst erledigen.

Zur Transparenz verpflichtet

Bei einem Tarifwechsel lohnt es sich, als Erstes auf den Versicherer zuzugehen. "Die Versicherungsgesellschaften können einem die Unterschiede zwischen den Tarifen vernünftig aufzeigen", sagt die Versicherungsexpertin Weidenbach. Eine neutrale Beratung können gerade ältere Kunden von ihrer Versicherung allerdings nicht erwarten: "Dass ältere Versicherte in den neuen Tarif wechseln, wünschen Versicherer meist nicht, da es unter den Altkunden viele sogenannte schlechte Risiken gibt, also Menschen mit kostenträchtigen Erkrankungen", heißt es dazu in einer Veröffentlichung der Bafin.

Deshalb ist es wichtig, beim Versicherer eine komplette Übersicht der zur Wahl stehenden Tarife zu verlangen. Gerade bei großen Versicherern kann das aber sehr unübersichtlich werden. Viele der wichtigen privaten Krankenversicherungen haben sich inzwischen zur Transparenz selbstverpflichtet. Seit Anfang 2016 gelten die Regeln. Selbst die Verbraucherschützerin lobt den Schritt: "Die Beschwerden haben sich in den letzten Jahren verringert, und wir hoffen, dass ab Gültigkeit der Verpflichtung die Beschwerden gen null gehen."

© SZ vom 07.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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