Prinz zu Salm-Salm:"Wie werde ich möglichst schnell reich?"

Prinz Michael zu Salm-Salm verdient sein Geld mit Wein, Wald und Wandelanleihen. Ein Gespräch über Anlagetipps seiner Mutter - und Ohrfeigen im Wald.

Elisabeth Dostert

Der Familie gehören 175 Hektar Wald, 15 Hektar Landwirtschaft und zwei Weingüter: das Weingut Prinz Salm in Wallhausen an der Nahe mit knapp 13 Hektar Rebfläche und das Weingut Rheingraf in Bingen/Rheinhessen mit 16 Hektar. Am liebsten sei ihm der Wald, sagt Michael Prinz zu Salm-Salm, 57, im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Seine Frau Philippa, eine geborene Castell-Castell, schätzt den Wein noch etwas mehr. Seit 33 Jahren sind die beiden verheiratet. Das Paar hat sechs Kinder. Die beiden Söhne Constantin und Felix arbeiten im Familienunternehmen mit.

Michael Prinz zu Salm-Salm

Michael Prinz zu Salm-Salm investiert alle liquiden Mittel der Familie in Wandelanleihen.

(Foto: dpa)

SZ: Wissen Sie schon, was Sie Ihren Kindern zu Weihnachten schenken?

Michael Prinz zu Salm-Salm: Mein ältester Sohn Constantin bekommt einen Rucksack. Das erfährt er nun aus der Zeitung. Marie Anna steuern meine Frau und ich etwas zu ihrer Weltreise bei. Cecily hat schon einen Koffer bekommen, den wollte sie unbedingt. Für Tina, selbst schon Mutter von vier Söhnen, und Töni habe ich noch nichts. Was Felix bekommt, fällt mir gerade nicht ein.

SZ: Sie enttäuschen mich. Sie verdienen Ihr Geld mit Wein, Wald und Wandelanleihen. Warum nicht ein paar Rebstöcke, ein paar Hektar Wald oder ein kleines Depot?

Salm-Salm: Wandelanleihen haben alle schon. Die haben meine Kinder schon zur Geburt bekommen und dann immer wieder ein paar Fondsanteile. Die Familie hat ihre gesamten liquiden Mittel in Wandelanleihen stecken.

SZ: Risikostreuung sieht anders aus!

Salm-Salm: Ich kann diese Art der Anlage verantworten. Denn Wandelanleihen sind ja ein Zwitter aus Aktien und Anleihen, insoweit habe ich ja schon gestreut.

SZ: Über ihre Vermögensverwaltungsgesellschaft Salm-Salm & Partner legen Sie auch das Geld privater und institutioneller Investoren in Wandelanleihen an. Wie groß ist das Vermögen, dass Sie verwalten?

Salm-Salm: Knapp 300 Millionen Euro. Davon steckt die eine Hälfte in unseren drei Fonds. Die andere Hälfte verwalten wir direkt für vermögende Kunden mit einem Anlagevolumen von mindestens zwei Millionen Euro.

SZ: Was für Wandelanleihen kaufen Sie?

Salm-Salm: Wir sind Puristen. Wir investieren nur in Unternehmensanleihen, die wirklich ein Wandelrecht haben. Wir wollen nie gezwungen sein, die Anleihe in Aktien wandeln zu müssen wie bei den Zwangswandlern. Aktienrisiken meiden wir.

SZ: Sie wandeln nie?

Salm-Salm: Nur in totalen Ausnahmefällen.

"Meine Mutter ist Schuld"

SZ: In welche Wandelanleihen investieren Sie?

Salm-Salm: Wir streuen auf viele Schuldner. Wir sind in mehr als 150 Wandelanleihen investiert. Wir stecken nie mehr als ein bis zwei Prozent des gesamten Vermögens in eine Anleihe. Wenn die Firma, die das Papier begeben hat, pleitegeht, trifft uns das nicht so hart.

SZ: Ging schon einmal eine Firma, in die Sie investiert haben, pleite?

Salm-Salm: Ja, der italienische Molkereikonzern Parmalat. Aber immerhin haben die Anleihe-Gläubiger bis heute ein Drittel ihres Geldes wiederbekommen. Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Aktionäre sehen nichts von ihrem Geld wieder.

SZ: Woher rührt denn Ihr Faible für Wandelanleihen?

Salm-Salm: Meine Mutter ist schuld.

SZ: Die Ärmste. Was hat Sie falsch gemacht?

Salm-Salm: Eigentlich nichts. Das war so. Mit 15 Jahren hatte ich 120 Mark bei der Weinlese verdient.

SZ: Gab es kein Taschengeld?

Salm-Salm: Nein. Meine sieben Geschwister und ich mussten im Betrieb helfen. Dafür gab es Geld.

SZ: Und dann haben Sie sich Anlagetipps bei der Mutter geholt. Warum nicht vom Vater?

Salm-Salm: Der Unternehmergeist ist bei meiner Mutter ausgeprägter. Mein Vater, ein Waldbauer, ist eher ein Verwalter und Erhalter.

SZ: Leben Ihre Eltern noch?

Salm-Salm: Ja. Wir leben in Wallhausen mit vier Generationen unter einem Dach. Meine Eltern, meine Frau und ich und mein ältester Sohn Constantin mit seiner Familie. So soll es eigentlich auch im Wald sein: alte Bäume, junge Bäume, Setzlinge, alles miteinander.

SZ: Was wollten Sie damals von Ihrer Mutter wissen?

Salm-Salm: Ich wollte wissen, wie ich möglichst schnell reich werden kann ohne zu arbeiten.

"Es gibt vier Möglichkeiten, drei kommen für dich nicht in Frage"

SZ: Und?

Salm-Salm: Michael, hat sie gesagt, es gibt vier Möglichkeiten, drei kommen für dich nicht in Frage.

SZ: Welche denn?

Salm-Salm: Heiraten kannst du jetzt nicht, dazu bist du noch zu jung, hat meine Mutter gesagt. Lotto spielen darfst du auch nicht, wir zocken nicht. Du darfst auch nicht Klauen.

SZ: Sie machen es aber spannend!

Salm-Salm: Meine Mutter hat mir zu Aktien geraten. Sie ist Jahrgang 1923 und nach dem Krieg brachte die Anlage in Aktien die höchste Rendite. Sie hat mir dann auch ein Buch zum Thema Aktien geschenkt. Ich habe es verschlungen. Es war irre spannend.

SZ: Können Sie sich noch an den Titel erinnern?

Salm-Salm: Nein. Aber an meine erste Aktie.

SZ: Wofür haben Sie Ihr Geld ausgegeben?

Salm-Salm: Ich habe eine Thyssen-Aktie für 120 Mark gekauft. Ich hatte zehn Banken besucht, aber der Mann von der Dresdner Bank war am nettesten und der sagte mir, langfristig sei Thyssen immer gut. Es war ein Fehler, alles auf eine Aktie zu setzen.

SZ: Wieso?

Salm-Salm: Nach einem halben Jahr ging mein Mofa kaputt. Ich musste die Aktie verkaufen, Thyssen stand bei 80 Mark. Das war mein bestes Lehrgeld. Und dann habe ich mich auf die Suche nach einer Anlageform gemacht, bei der ich gewinnen, aber nicht verlieren kann.

SZ: Und landeten bei der Wandelanleihe?

Salm-Salm: Ja. Aber es hat ein paar Jahre gedauert. Mit 17 habe ich den ersten Wandler gekauft. In den achtziger Jahren habe ich dann für die Castell-Bank gearbeitet. Da gab es einen richtigen Wandelanleihen-Freak. Von dem habe ich viel gelernt.

SZ: Was denn zum Beispiel?

Salm-Salm: Die Asymmetrie. Das Ding kann stärker steigen als fallen. Steigt der Aktienkurs, steigt auch der Wert der Anleihe. Wenn der Kurs der Aktie fällt, sinkt der Kurs der Anleihe schlimmstenfalls auf den Wert, den sie ohne Wandelrecht hätte, den Bond-Floor. In der Regel. Das war die letzten 100 Jahre so, selbst in der großen Wirtschaftskrise 1929.

SZ: Und 2008?

Salm-Salm: Da sind die Wandler unter den Bond-Floor gefallen, weil viele Hedgefonds in Wandelanleihen investiert waren. Lehman war auch ein großer Player. Die haben im Herbst 2008 alle Positionen liquidiert. Zwei Monate war der Markt kaputt. Furchtbar.

"Für gierige Leute ist die Wandelanleihe nichts"

SZ: Wie haben Ihre Investoren reagiert?

Salm-Salm: Vergleichsweise gelassen. Das liegt auch an unserem Abwehr-Ausgabe-Aufschlag.

SZ: Klingt nach einer Erfindung von Ihnen?

Salm-Salm: Ist es auch und kostet nix. Wer bei uns Kunde werden will, muss sich meinen zweistündigen Vortrag über Wandelanleihen anhören.

SZ: Das ist hart!

Salm-Salm: Ich will aber nur Investoren haben, die das Papier verstehen. Für gierige Leute ist die Wandelanleihe nichts. Wer ganz genau weiß, was morgen passiert, der sollte in Aktien investieren. Aber ich bin nicht der liebe Gott, ich weiß es nicht. Ich war am 11. September 2001 in New York. Ich checkte ein, als vom Nachbar-Gate eines der Flugzeuge abhob, mit denen die Terroranschläge verübt wurden. Niemand weiß genau, was morgen sein könnte.

SZ: Warum haben Sie 1990 Ihre eigene Vermögensverwaltung gegründet?

Salm-Salm: Weil die großen Vermögensverwalter und Geldinstitute diese Nische vernachlässigen. Wir schätzen die globale Marktkapitalisierung von Wandelanleihen von Unternehmen auf 600 Milliarden Dollar. Das lohnt sich nicht für die Großen. Aber für uns ist das ein lukrativer Markt.

SZ: Reichten Ihnen die Einnahmen aus Wald und Weinbau nicht mehr?

Salm-Salm: Ich habe mein Leben immer von meiner Hände Arbeit finanziert.

SZ: Und als ältester Sohn alles geerbt!

Salm-Salm: Als ich 1982 den Betrieb übernommen habe, war der winzig: dreieinhalb Hektar Wein, knapp 100 Hektar Wald und 15 Hektar Acker und Wiesen. Davon konnte ich weder den Unterhalt für eine Familie noch für unseren Stammsitz in Wallhausen bestreiten. Ich musste immer draußen arbeiten. Deshalb bin ich nach dem Studium auch zu den Castells gegangen, erst in die Verwaltung der Domäne, dann zur Castell-Bank. Und mit 37 Jahren fühlte ich mich firm genug, mich mit der Vermögensverwaltung selbständig zu machen.

SZ: Und was Sie verdienen, stecken Sie in Wald und Weinberge?

Salm-Salm: Ja.

SZ: Das lastet Sie offenbar immer noch nicht aus. Sie sammeln Ämter. Von 1990 bis 2007 waren Sie Präsident des Verbandes Deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter (VDP). Von 2000 bis März dieses Jahres waren Sie Präsident der Arbeitsgemeinschaft deutscher Waldbesitzerverbände und Sie sind immer noch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Grundbesitzer.

Salm-Salm: Ich hatte immer Spaß am Ganzen und ich bin ein großer Verfechter des ländlichen Raums. Es ist eine Stärke Deutschlands, dass wir nicht so zentralistisch organisiert sind. Auf dem Land liegen die wahren Familienschätze, das gilt auch für das produzierende Gewerbe.

"Es gibt bestimmt Menschen, denen ich wehgetan habe"

SZ: Als VDP-Präsident haben Sie 60 Weingüter aus dem Verband geworfen, weil sie die Qualitätsansprüche nicht mehr erfüllten. Machen Sie sich gerne unbeliebt?

Salm-Salm: Nein, überhaupt nicht. Ich bin eigentlich ein Mensch, der versucht, Entscheidungen einmütig zu treffen. Ich bin ein Freund der Diskussion.

SZ: Aber einige dieser Winzer müssen Sie doch hassen?

Salm-Salm: Ja, es gibt bestimmt Menschen, denen ich weh getan habe. Aber es musste sein und ich habe nicht alleine entschieden. Als ich den Verband übernommen habe, lag der völlig am Boden wie der gesamte deutsche Weinbau. Um unsere Glaubwürdigkeit wiederherzustellen, mussten wir streng sein, die Hektarerträge begrenzen, eine Betriebsprüfung und Lagenkennzeichnungen (eine Lagenklassifikation) einführen. Wir wollten die besten Weingüter gewinnen, deshalb mussten wir uns von den schlechten trennen. Die meisten dürften verstanden haben, dass ich das nicht aus Bosheit getan haben. Der Siegeszug des VDP hat am Ende auch denen geholfen. Heute geht es dem ganzen deutschen Weinbau besser. Ich habe mich nicht nur unbeliebt gemacht.

SZ: Obwohl das ja eigentlich Ihrem Familienmotto entspräche: Gegen den Strom zur Quelle.

Salm-Salm: Die Quelle ist doch etwas Gutes, da kommt das Leben her und deshalb lohnt es sich, gegen den Strom zu schwimmen.

SZ: Ist es heute schwieriger gegen den Strom zu schwimmen als in Ihrer Jugend?

Salm-Salm: Nein, das war zu allen Zeiten schwierig. Die Generation meiner Eltern musste sich gegen die Nazis stemmen. Es war immer schwierig, anders zu denken und zu handeln - gegen Gier, gegen Gleichmacherei oder, wenn ich an meine Kinder denke, gegen Marken.

SZ: Haben Sie Wert darauf gelegt, dass Ihre Kinder keine Markenklamotten tragen?

Salm-Salm: Ich habe Wert darauf gelegt, dass sie nicht glauben, sie könnten sich über Marken definieren. Meine Frau und ich haben versucht, unseren Kindern zu vermitteln, woher der Mensch kommt, was ihn ausmacht und was seine Aufgaben sind. Wir glauben an Gott und pflegen ein christliches Menschenbild.

SZ: Welcher Grundbesitz ist Ihnen eigentlich der liebste: Wald, Wiesen oder Weinberge?

Salm-Salm: Ich persönlich liebe den Wald am meisten. Meine Frau Philippa kommt aus einer Winzer-Familie, die ist ein totaler Weinfreak. Und die Landwirtschaft liegt irgendwo dazwischen. Es gehört ja auch alles irgendwie zusammen. Das macht auch den Reiz der Landschaft aus, in der unsere Familie lebt. Der Wald liegt wie ein schützender Hut über den Weinbergen und in den Tälern und an den Nordhängen wird Ackerbau betrieben.

SZ: Was ist so schön am Wald?

Salm-Salm: Am Wald ist alles toll. In der Forstwirtschaft entstand schon Anfang des 18. Jahrhunderts der Begriff der Nachhaltigkeit. Wenn unsere Gesellschaft sich daran halten würde, nicht mehr zu entnehmen als nachwächst, ging es uns viel besser. Das gilt für die Rentenkasse ebenso wie für Krankenkassen und Staatshaushalt. Vom Wald kann man vieles lernen.

"Ich konnte Fichte und Tanne nicht unterscheiden"

SZ: Was denn noch?

Salm-Salm: Dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

SZ: Heißt?

Salm-Salm: Man sollte sich selber nicht überschätzen und nicht denken, alles ist machbar. Der Wald ist ein wunderbares Spiegelbild der Gesellschaft. Da gibt es Leben und Sterben, Junge und Alte, Kranke und Gesunde. Und Holz ist ein wunderbarer Rohstoff. Er ist erneuerbar, er bindet Kohlendioxid und spendet am Ende Wärme. In keinem anderen Land Europas sind die Holzvorräte so groß wie in Deutschland. Um Stahl oder Beton herzustellen, braucht es ein Vielfaches an Energie und beides ist endlich. Ich bin ein totaler Holzfreak, schon seit meiner Jugend. Die erste Ohrfeige habe ich im Alter von fünf Jahren im Wald von meinem Vater gefangen.

SZ: Was hatten Sie angestellt?

Salm-Salm: Ich konnte eine Fichte nicht von einer Tanne unterscheiden.

SZ: Kennen Ihre Kinder den Unterschied?

Salm-Salm: Alles sechs. Es geht auch ohne Ohrfeigen. Mein Vater war da etwas robuster. Trotzdem hat es mir nicht die Liebe am Wald verleidet.

SZ: Haben Sie deshalb gemeinsam mit dem aus Franken stammenden Forstbewirtschafter Boscor Ende 2009 ein Unternehmen gegründet, das Wälder kauft?

Salm-Salm: Nein. Das war der Wunsch unserer Investoren, weil die wussten, ich kenne mich mit Wald aus.

SZ: Offenbart sich darin das Misstrauen in sichere Anlagen?

Salm-Salm: Die Kunden wollen so wie ich etwas Nachhaltiges tun, etwas das mit Grund und Boden zu tun hat, was erneuerbar ist, was von Dauer ist. Liquidität ist flüssig und alles, was flüssig ist, kann sich auch verflüssigen. Wald eignet sich nicht für gierige Leute, die müssen sehr langfristig denken. Wir nehmen niemand über Nacht.

SZ: Müssen die erst einmal in den Wald?

Salm-Salm: Ja, die müssen ein Gefühl für den Wald und die natürliche Forstwirtschaft bekommen.

SZ: Wie viel Geld haben Sie schon bei wie vielen Investoren eingesammelt?

Salm-Salm: Rund 30 Millionen Euro bei einer Handvoll Investoren. Die sind dann Kommandisten der Salm-Boscor GmbH & Co KG. Wir haben in diesem Jahr rund 2700 Hektar Wald gekauft.

SZ: Was zahlen Sie?

Salm-Salm: Zwischen 50 Cents und zwei Euro pro Quadratmeter. Das kommt auf die Lage und die Qualität des Waldes an. Wir kaufen in der Regel nur große Reviere und Bestände von mehr als 2150 Hektar, sonst lohnt sich die Bewirtschaftung über die Entfernung nicht.

SZ: Bekommen Ihre Investoren denn auch eine Rendite in Form von Naturalien, einen Christbaum zum Beispiel?

Salm-Salm: Nein, gute Idee. Das sollten wir machen.

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