Prinz Charles:Wo ist nur das Geld geblieben

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Königliche Hoheit in Finanznot: Prinz Charles lässt seine Stiftungen bluten, in den Büchern klafft ein Loch von knapp sechs Millionen Pfund. Und die Briten? Sind "not amused."

Wolfgang Koydl, London

Wenig ist entspannender als eine gemütliche Zugfahrt, wenn die Landschaft ruhig an einschläfernd schaukelnden Waggons vorbeizieht. Noch angenehmer wird die Erfahrung, wenn man kein Abteil mit schwitzenden und schwatzenden Mitmenschen teilt, sondern einen Privatzug für sich alleine hat, inklusive Speisezimmer, Schlafkammer, Bad und Büro. Prinz Charles, Britanniens Thronerbe, hat sich soeben dieses Vergnügen gegönnt. Von der Frau Mama, Königin Elisabeth, lieh er sich den Royal Train, um fünf Tage lang England, Schottland und Wales zu bereisen. Zweck der Reise: Aufmerksamkeit zu erzeugen für grüne Initiativen. Kosten der Reise für den Steuerzahler: 50.000 Pfund für 14 Leute, die in acht Waggons herumkutschiert wurden. Da spielte es keine Rolle, dass die königliche Lokomotive angeblich kaum die Umwelt belastet, weil sie mit Speisefett aus den Palastküchen befeuert wird. Seinen Aston Martin betankt Charles übrigens mit Biotreibstoff aus Wein.

Die Briten sind einiges von ihrem grünen Prinzen Charles gewöhnt, aber jetzt hagelt es doch deutliche Kritik - wegen der Finanznot. (Foto: Getty Images)

Obwohl die Briten einiges von ihrem grünen Prinzen gewöhnt sind, hagelte es diesmal doch stärker als üblich Kritik. Umweltschützer bezweifelten, dass die Eisenbahn wirklich so grün ist, wie von Clarence House, dem Amtssitz des Prinzen, behauptet wird. Sie erinnerten zudem an andere ökologische Sünden des 61-Jährigen: Im vergangenen Jahr produzierte sein für 14 Personen gecharterter Airbus mehr als 300 Tonnen Kohlendioxid für eine "grüne" Reise nach Südamerika. Britische Verfassungshüter wiederum werfen ihm vor, mit der Zugreise eine "politische Show" abzuziehen, welche die engen Grenzen sprengt, die dem Thronfolger jeden Ausflug in die Politik untersagen. Ähnliches gilt für ein zehntägiges "Festival der Nachhaltigkeit", das im Anschluss an die Bahnfahrt in Clarence House mit Unterstützung prominenter TV-Stars eröffnet wird. Einige glückliche Untertanen werden dabei die Gelegenheit erhalten, aus alten Vorhängen Charles' Einkaufstauschen zu nähen.

Vielleicht sollte der Prinz solche Taschen eher verkaufen als verschenken. Denn nach Angaben der Londoner Times hat sich die Königliche Hoheit in erhebliche Schulden verstrickt. Demnach bluten seine Stiftungen und anderen wohltätigen Einrichtungen aus, weil aus ihren Mitteln die verlustträchtigen Business-Unternehmungen des Prinzen unterstützt werden. In den Büchern klafft ein Loch von knapp sechs Millionen Pfund, und schon bald will Schatzkanzler George Osborne das Thema mit Charles erörtern. Das größte Sorgenkind ist dabei das Unternehmen Duchy Originals. Unter diesem Namen vermarktet Charles Lebensmittel, die auf seinen Ländereien im Herzogtum Cornwall organisch gezogen und hergestellt werden. Ein Kollaps konnte kürzlich abgewendet werden, als die Nobel-Supermarktkette Waitrose die Exklusivrechte an den teuren Keksen, Würsten und Marmeladen mit dem Prinzen-Wappen erwarb.

Bald wird Charles selbst ein paar Pfund dazu verdienen können. Im Oktober erscheint sein Buch "Harmonie - eine Vision für unsere Zukunft". Dem romantischen Titelbild mit einer glücklichen Biene auf einer Blume nach zu urteilen wird diese Zukunft gut.

© SZ vom 11./12.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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