Preiserhöhungen:Gaskunden müssen mehr zahlen

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Die Gebühren für den Transport zum Kunden werden teuer: Für einen Dreipersonenhaushalt kann der Gaspreis um mehr als 70 Euro steigen. Verbraucherschützer sind überrascht.

Michael Bauchmüller, Berlin

Die Gaspreise steigen. (Foto: Manfred Neubauer)

Millionen Gaskunden in Deutschland müssen sich im kommenden Jahr auf höhere Preise einstellen. Grund sind steigende Entgelte für die Durchleitung von Gas. Einer ersten Erhebung des Gasanbieters Lichtblick zufolge steigen die jährlichen Kosten für einen Dreipersonenhaushalt teilweise um mehr als 70 Euro.

So kann die Netzgesellschaft des hannoverschen Gasanbieters Enercity ihre Entgelte um gut 35 Prozent anheben, im Gasnetz des baden-württembergischen Energiekonzerns EnBW dürfte der Anstieg bei 25,6 Prozent liegen. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt das Verbraucherportal Verivox. Danach dürfte der Anstieg bundesweit bei durchschnittlich zehn Prozent liegen.

Die Netzentgelte entfallen für den Transport des Erdgases zum Verbraucher. Sie sind, je nach Zustand, Alter und Größe des Gasnetzes, regional verschieden. Während Haushalte im Netz der Eon-Tochter Hanse fast 500 Euro für die Durchleitung zahlen müssen, liegen andere unter 200 Euro. So zahlten Haushalte in Hannover bisher nur 206 Euro, künftig könnten es den Erhebungen zufolge 280 Euro sein. Die Netzentgelte sind wie beim Strom nur Teil des Gesamtpreises und werden mit der Gasrechnung erhoben.

Die Bundesnetzagentur beruft sich auf Sondereffekte

Anders als beim Strom ist der Investitionsbedarf bei den Gasnetzen vergleichsweise konstant. Verbraucherschützer rätseln deshalb über die Gründe für die teils massive Erhöhung. "Auf den ersten Blick gibt es keine vernünftige Erklärung dafür", sagt Holger Krawinkel, Energieexperte beim Bundesverband der Verbraucherzentralen. Wie beim Strom müssen sich die Gasnetzbetreiber ihre Preise Jahr für Jahr von der Bonner Behörde genehmigen lassen. Dazu müssen sie unter anderem darlegen, welchen Aufwand sie für den Unterhalt ihres Gasnetzes betreiben.

Die Bundesnetzagentur selbst beruft sich auf Sondereffekte. So hätten viele Kunden in den vergangenen Jahren weniger Netzentgelte zahlen müssen, weil Mehrkosten aus der Vergangenheit ihnen gewissermaßen gutgeschrieben worden waren. So sollten Sondererlöse der Netzbetreiber an die Kunden zurückerstattet werden. Dies sei mittlerweile vielerorts abgehakt - ergo entfalle die Vergünstigung. Zudem sei der vorige Winter im Vergleich zu 2010 eher mild gewesen. Weil in die Berechnung der Netzentgelte auch die Gewinne einfließen, diese aber in einem kalten Jahr für die Versorger stets höher seien, habe dies im vorigen Jahr auch die Entgelte gedämpft. Ähnlich argumentiert auch Spitzenreiter Enercity. "Das sind lauter Größen, die wir nicht beeinflussen können", heißt es bei dem Stadtwerk von Hannover.

Doch vor allem die Konkurrenten der etablierten Stadtwerke und Versorger ärgern sich über die Anhebung. Netzentgelte müssen sie ebenso in ihre Preise einkalkulieren wie die angestammten Unternehmen, letztere aber sind meist mit dem Netzbetreiber verbandelt. "Offenbar versuchen Konzerne und Stadtwerke, die durch die Energiewende schwindenden Gewinne beim Betrieb fossiler Kraftwerke durch höhere Einnahmen aus dem Netzbetrieb auszugleichen", kritisiert Lichtblick-Chef Heiko von Tschischwitz. Die Preiserhöhungen dienten "der Gewinnmaximierung unter dem Deckmantel der Energiewende". Erst vorige Woche war bekannt geworden, dass auch die Entgelte für die Durchleitung von Strom voraussichtlich auf breiter Front steigen werden - im Schnitt um acht bis neun Prozent.

© SZ vom 24.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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