Preise in Deutschland:Ohne Praxisgebühr weniger Inflation

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Die Inflationsrate in Deutschland ist auf dem niedrigsten Wert seit 2010. (Foto: SZ-Infografik)

Wegfall der Praxisgebühr und niedrige Ölpreise: Die Inflationsrate in Deutschland ist auf den niedrigsten Stand seit Ende 2010 gefallen. Die Preisentwicklung in Deutschland profitiert von der Krise in den anderen Euro-Staaten - und das dürfte sich in den kommenden Monaten auch nicht ändern.

Von Andreas Jalsovec

Ein wenig muss man sich den Griff zur Brieftasche schon noch verkneifen. Fast zehn Jahre lang zahlten Patienten beim Gang zum Arzt brav ihre zehn Euro Praxisgebühr. Seit Jahresanfang ist die Abgabe weg. Für manchen ist das zwar noch immer etwas ungewohnt. Insgesamt jedoch hat es Arztbesuche in Deutschland billiger gemacht. Das zeigt sich nun auch bei den Verbraucherpreisen.

Der Wegfall der Gebühr hat die Ausgaben der Verbraucher für Gesundheitspflege im Februar deutlich sinken lassen. Das hat dazu beigetragen, dass der Preisanstieg insgesamt vergleichsweise gering ausfiel. Die Inflation lag im vergangenen Monat bei 1,5 Prozent. Das ist der niedrigste Stand seit mehr als zwei Jahren. Geringer war die Teuerungsrate zuletzt im Dezember 2010: Da waren es 1,3 Prozent.

Dass die Preissteigerung nun ähnlich gemäßigt ausfiel, habe vor allem mit einigen Sondereffekten zu tun, meint Roland Döhrn, Konjunkturchef beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Neben der Praxisgebühr gehöre dazu vor allem die Tatsache, dass bei den Preissteigerungen im Energiebereich "im Moment nicht mehr die ganz große Musik drin ist", erklärt der Volkswirt. So mussten die Verbraucher für Strom zwar noch deutlich mehr bezahlen als vor einem Jahr. Grund dafür war vor allem die Erhöhung der Umlage für erneuerbare Energien. Hingegen fiel die Preissteigerung bei Gas mit 1,2 Prozent gering aus. Heizöl war sogar deutlich günstiger. Und auch für Dieselkraftstoff zahlten Verbraucher weniger als im Vorjahr.

Der vergleichsweise niedrige Ölpreis ist für Döhrn denn auch ein Grund, warum sich die äußerst lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nach wie vor nicht in einer stärkeren Preissteigerung niederschlägt. Mit Mini-Zinsen und Wertpapierkäufen pumpt die Notenbank seit Monaten Geld in den Wirtschaftskreislauf. Nach der ökonomischen Theorie sollte das langfristig zu Preissteigerungen auch bei Waren und Dienstleistungen führen. Die moderate Entwicklung beim Öl hat dem jedoch zuletzt offenbar entgegen gewirkt. Hinzu kommt, dass wegen der Euro-Schuldenkrise die Teuerung in etlichen europäischen Staaten derzeit ebenfalls gering ausfällt. Das bremst die Preissteigerungen bei Gütern, die Deutschland aus diesen Ländern importiert und dämpft damit auch hier zu Lande die Inflation.

Ein Ende der Entwicklung ist vorerst nicht in Sicht. Experte Döhrn rechnet damit, dass sich die niedrigen Raten "durch das ganze Jahr hinziehen werden". Die Inflation insgesamt werde 2013 "in der Tendenz unter zwei Prozent liegen", meint der Ökonom - 2012 waren es 2,0 Prozent. Der Rückgang ist dabei nicht nur für Konsumenten von Vorteil. Auch Sparer können sich freuen. Denn wegen der historisch niedrigen Verzinsung ihrer Sparkonten zehrt die Teuerung einen Teil ihrer Guthaben auf. Dieser Effekt wird durch die geringere Inflation abgemildert. Wie lange er anhält, ist offen. Roland Döhrn glaubt, dass die Politik der EZB langfristig stärker steigende Preise mit sich bringen könnte: "Die Gefahr, dass noch etwas nachkommt, ist durchaus gegeben."

© SZ vom 13.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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