Policen im Check:Warum Lebensversicherer so wenig zahlen

Bittere Wahrheit: Dieses Jahr zahlen die Lebensversicherer im Schnitt erstmals weniger als vier Prozent an ihre Kunden aus. Damit ist eine magische Grenze gebrochen. Doch Verbraucher können auf mehr achten als den Zins.

Alina Fichter

Zuerst war es nur eine bittere Vermutung. Jetzt ist sie zur bitteren Wahrheit geworden: Im Jahr 2012 zahlen die deutschen Unternehmen ihren Kunden mit Kapitallebensversicherungen im Schnitt erstmals weniger als vier Prozent Überschussbeteiligung aus. Eine magische Marke ist durchbrochen.

Lebensversicherung

Die Überschussbeteiligung der Lebensversicherungen sinkt.

(Foto: SZ-Graphik)

Klicken Sie auf das Bild, um zur Infographik zu gelangen. Dort sehen Sie den Überschuss der Lebensversicherungen im Laufe der Jahre und die Tabelle zum Ranking der Ablaufleistungen.

Das belegt der führende Branchendienst Map-Report in seiner aktuellen Ausgabe. Nur noch 3,91 Prozent geben die Unternehmen demnach in diesem Jahr an ihre Kunden weiter; 2011 waren es noch 4,1 Prozent, 1995 sogar dicke 7,41 Prozent. "Es ist der schlechteste Wert, den wir bisher errechnet haben", sagt Manfred Poweleit, Gründer des Branchendienstes.

Versicherer legen die Überschussbeteiligung jedes Jahr neu für 12 Monate verbindlich fest; verzinst wird nur der Sparanteil, also die Kundenbeiträge minus der Kosten. Je besser ein Versicherer mit dem Geld wirtschaftet, desto mehr kann er gutschreiben.

Neukunden trifft es besonders hart

Für jüngere Kunden hat die sinkende Überschussbeteiligung womöglich fatale Auswirkungen: "Sie müssen ältere durch Verzicht auf Überschüsse quersubventionieren, damit die Versicherer die Garantien aus den neunziger Jahren erfüllen können", sagt Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten. Wer seinen Vertrag nämlich vor dem Jahr 2000 abschloss, hat Anspruch auf einen Garantiezins von vier Prozent. Das einmal gegebene Versprechen müssen die Gesellschaften halten. Inzwischen ist der Garantiezins für Neuverträge auf 1,75 Prozent gesunken.

Die Folge: Bei Unternehmen, deren Überschussbeteiligung unter die magische Marke sinkt, zerfällt der Kundenstamm in zwei Klassen. Ältere bekommen plötzlich mehr gut geschrieben als jüngere Kunden des gleichen Unternehmens.

Ein Beispiel macht das deutlich. Während die Zurich jenen, die ihren Vertrag vor dem Jahr 2000 abgeschlossen haben, vier Prozent gutschreibt, bekommen die Menschen mit Neuverträgen nur noch 3,35 Prozent Überschussbeteiligung; im Schnitt sind es 3,46 Prozent.

Von einer Quersubventionierung könne trotzdem keine Rede sein, heißt es dagegen beim Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Wichtiger als die Überschussbeteiligung sei die sogenannte Gesamtverzinsung, in die zusätzlich ein Schlussbonus für Kunden einfließe, die ihren Vertrag bis zum Ende durchhalten. Das schafft allerdings laut Verbraucherschützer Kleinlein nicht einmal die Hälfte.

Tatsächlich zeigt der aktuelle Map-Report, dass Verbraucher beim Abschluss eines Vertrages keinesfalls nur auf Garantiezins und Überschussbeteiligung achten sollten, sondern auch auf die Höhe der Abschluss- und Verwaltungskosten, die sich von Unternehmen zu Unternehmen stark voneinander unterscheiden kann. Denn sie schmälert die sogenannte Ablaufleistung - das ist die Summe, die am Ende der Vertragslaufzeit ausbezahlt wird - teils erheblich. So führt die Targo-Versicherung, die zur gleichnamigen Bank gehört, zwar die Rangliste der Gesellschaft mit den höchsten Überschussbeteiligungen an, schreibt sie doch 2012 immerhin noch 4,6 Prozent gut. Bei der Höhe der - für Kunden deutlich wichtigeren - Ablaufleistung eines Mustervertrages rutscht sie aber auf Platz vier.

In einer Beispielrechnung geht Poweleit für seinen Report von einem jungen Mann aus, der für eine Kapitallebensversicherung mit Todesfallschutz 30 Jahre lang einen Jahresbeitrag in Höhe von 1200 Euro entrichtet; er erhielte, würde sein Vertrag 2012 auslaufen, 72.577 Euro. Das sind 2322 Euro weniger als er noch im vergangenen Jahr von Targo bekommen hätte. Bei der Cosmos Direkt hingegen, deren Überschussbeteiligung zuletzt auf 4,05 Prozent abgerutscht ist, bekäme er 75.823 Euro.

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