Pflegereform:Kaum finanzielle Verbesserungen

Auch nach der Pflegereform gilt: Angemessene Pflege kostet in der Regel mehr, als die Pflegeversicherung zahlt. Finanztest erklärt, was sich durch die Reform verbessert.

Etwas mehr Leistung, viel mehr Beitrag

Pflegereform: Zum 01. Juli ist die Pflegereform in Kraft getreten. Die Erhöhung der Leistungen fällt bescheiden aus.

Zum 01. Juli ist die Pflegereform in Kraft getreten. Die Erhöhung der Leistungen fällt bescheiden aus.

(Foto: Foto: ddp)

Die gute Nachricht: Die Leistungen der Pflegeversicherung steigen - erstmals seit der Einführung vor 13 Jahren. Die schlechte Nachricht: Die Erhöhung fällt bescheiden aus. Einzelne Leistungen erhöhen sich um bis zu 9,4 Prozent. Der Mittelwert der Erhöhungen jedoch liegt bei nur 3,1 Prozent. Sehr viel stärker steigt der Beitrag. Kinderlose zahlen 12,8 und Eltern sogar 14,7 Prozent mehr Pflegeversicherungsbeitrag an die Krankenkasse.

Verbesserung für Demenzkranke

Immerhin: Eine deutliche Verbesserung gibt es für Demenzkranke. Je nach Betreuungsbedarf können sie künftig professionelle Hilfe im Wert von bis zu 200 Euro pro Monat bekommen. Profitieren können sogar Menschen mit der so genannten "Pflegestufe 0". Sie haben zwar Bedarf nach Pflege, aber nicht genug für Pflegestufe I. Das ist bei Demenzkranken nicht selten.

Schneller Bescheid

Weitere Neuerung: Die Pflegekassen müssen schneller entscheiden und besser informieren. Für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen wird es künftig Pflegestützpunkte geben. Sie sollen umfassend über alle Optionen informieren und beraten. Bei einem Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung müssen die Kassen künftig innerhalb von fünf Wochen entscheiden. Wenn Angehörige zugunsten der Pflege eine Auszeit vom Beruf beantragen, hat die Krankenkasse ihnen sogar innerhalb von zwei Wochen Bescheid zu geben. Solche Angehörigen sind dann weiter kranken-, arbeitslosen und rentenversichert. Lohn oder Ersatzleistungen erhalten sie allerdings nicht.

Pflege mit Bußgeldrisiko

Vorsicht ist geboten, wenn Angehörige die Betreuung von schwer Pflegebedürftigen und/oder demenzkranken Menschen selbst organisieren und dazu Helfer aus Osteuropa anheuern. Bei Beachtung aller Formalitäten ist die Beschäftigung von ausländischen Haushaltshilfen zulässig. Sobald sie allerdings auch pflegerische Tätigkeiten ausüben, ist die Beschäftigung in der Regel illegal und den Familien drohen empfindliche Bußgelder.

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Kaum finanzielle Verbesserungen

Tipps: Was Sie bei der Pflegeversicherung beachten sollten

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Antrag: Den Antrag auf Geld oder Sachleistungen von der Pflegekasse erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse. Dort ist die Pflegeversicherung angesiedelt. Ein ärztliches Attest oder eine Begründung ist nicht nötig. Wird der Antrag bewilligt, zahlt die Kasse rückwirkend bis zu dem Datum, an dem Sie den Antrag gestellt haben. Heben Sie deshalb eine Kopie auf.

Gutachten: Bereiten Sie sich auf den Besuch des Gutachters vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) vor. Er will wissen, wie viele Stunden am Tag der Pflegebedürftige Hilfe braucht. Vom Gutachten hängen die Einstufung des Pflegebedürftigen und die Leistungen ab.

Tagebuch: Führen Sie zur Vorbereitung am besten ein Pflegetagebuch. Vordrucke dafür gibt es bei vielen Kassen. Sie informieren auch darüber, welcher Hilfebedarf für welche Pflegestufe nötig ist. Schreiben Sie auf, wobei Ihr pflegebedürftiger Angehöriger Hilfe braucht und wie viel Zeit für die Pflege notwendig ist. So bekommen Sie ein Gespür dafür, welche Leistungen Ihnen zustehen.

Widerspruch: Legen Sie binnen eines Monats Widerspruch ein, wenn Sie die Einstufung nicht nachvollziehen können und sie Ihnen zu gering erscheint. Zunächst genügt ein einfaches Schreiben mit der kurzen Mitteilung, dass Sie Widerspruch einlegen. Der Pflegebedürftige oder sein gesetzlicher Betreuer muss den Widerspruch unterschreiben, genau wie den Antrag und andere Schriftwechsel mit der Kasse. Bitten Sie um eine Eingangsbestätigung, wenn bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist noch genug Zeit ist. Schicken Sie das Widerspruchsschreiben per Einschreiben mit Rückschein, wenn die Monatsfrist in weniger als einer Woche ausläuft oder sie nicht rechtzeitig eine Eingangsbestätigung erhalten.

Begründen: Reichen Sie möglichst bald die Begründung für Ihren Widerspruch nach. Fordern Sie von der Kasse eine Kopie des MDK-Gutachtens an. Gehen Sie es Punkt für Punkt durch und prüfen Sie, ob alle notwendigen Leistungen berücksichtigt sind. Lassen Sie sich von Ihrem Hausarzt oder einer Pflegekraft beraten, wenn Sie sich unsicher sind. Die Pflegekasse muss Ihnen Beratungskosten ersetzen, wenn Ihr Widerspruch Erfolg hat.

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