Pflegeheime:Privatversicherer wagen Vorstoß bei Pflege-TÜV

Der privaten Krankenversicherung sind die Prüfkriterien des Pflege-TÜV zu lasch. Jetzt schickt sie eigene Prüfer und riskiert Zank mit den Kassen.

G. Bohsem

Die private Krankenversicherung (PKV) will in die Kontrolle und Bewertung von Pflegeheimen einsteigen. "Wir wollen die Prüfungsarbeit mit eigenem hochqualifizierten Fachpersonal erfüllen", sagte PKV-Vorsitzender Reinhold Schulte der Süddeutschen Zeitung.

Seit Anfang des Jahres baue der Verband unter dem Namen "Medicproof" eine entsprechende Abteilung beim medizinischen Dienst der PKV auf. "Ab dem Jahr 2011 ist Medicproof in der Lage, zehn Prozent der gesamten Prüfungslast von jährlich 23.000 Einrichtungen zu tragen." Das entspreche dem Marktanteil der PKV unter den Pflegeversicherten.

Damit steuert der Verband auf einen Konflikt mit den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) zu, die den Pflege-TÜV weitgehend alleine betreiben. Der medizinische Dienst der Privaten würde mit dem der GKV konkurrieren.

"Die GKV ziert sich", sagte Schulte. Das könne vom Eigeninteresse ihrer Institutionen her nachvollziehbar sein. "Von der Sache her ist es nicht verständlich", betonte der Vorstandsvorsitzende der Signal-Iduna-Gruppe. "Der GKV wäre es wohl lieber, wir würden Geld geben." Der Sinn einer Einbeziehung der privaten Krankenversicherung in die Qualitätssicherung könne es aber nicht sein, die Strukturen der GKV zu finanzieren.

Sie müsse im Gegenteil unmittelbar einer guten Pflege zugutekommen. "Dafür bringen wir unseren Sachverstand und unser Personal ein", sagte Schulte. Die PKV halte sich an die gesetzliche Pflicht zur Beteiligung an den Qualitätsprüfungen der Pflegeeinrichtungen. Auch auf diesem Gebiet könne mehr Vielfalt nur hilfreich sein.

PKV hofft auf Gesundheitsminister Rösler

Nach Schultes Worten sei die PKV für ihr Modell jedoch auf eine Beauftragung durch die Pflegekassenverbände angewiesen. "Nur diese könnten sie ermächtigen, Pflegeeinrichtungen gegebenenfalls unangemeldet zu betreten und dort zu prüfen."

Genau an diesem Punkt hake es jedoch zurzeit. Schulte hofft nun auf die Unterstützung von Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Die PKV verspüre große Unterstützung durch die Politik. "Wir hoffen, dass sich das sachlich überzeugendere Modell letztlich durchsetzt", sagte Schulte.

Der Pflege-TÜV steht derzeit von verschiedener Seite unter Kritik. Es häufen sich die Forderungen, die Prüfkriterien zu verschärfen. Das Gesundheitsministerium steht hingegen einer schnellen Reform skeptisch gegenüber. "Ich glaube, es ist zu wenig, den Fokus allein auf die Verschärfung der Pflegenoten zu setzen", sagte Staatssekretär Stefan Kapferer nach einem Treffen mit Vertretern des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen und der Pflegebranche.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: