Öl und Bier:Oktoberfest-Wirte schlimmer als Ölkonzerne

Die SZ hat verglichen, wie sich Benzinpreis und der Preis für eine Maß Bier auf der Wiesn seit 1950 entwickelt haben. Das Ergebnis verblüfft.

Harald Freiberger

Es ist für viele das schockierendste Plakat zur Landtagswahl in Bayern. "Sprit bald teurer als Wiesn-Bier?" fragt die Bayernpartei in blauer Schrift auf weißem Grund.

Öl und Bier: Bier und Benzin im Vergleich

Bier und Benzin im Vergleich

(Foto: Grafik: SZ)

Der Betrachter hält kurz inne, überlegt, wie viel ein Liter Benzin kostet und wie viel eine Maß Bier auf dem Münchner Oktoberfest; er reagiert verstört und fragt sich: Ist es wirklich bald so weit? Oder ist die Frage in ihrer Zuspitzung eher den Übertreibungen eines Wahlkampfs geschuldet?

Der SZ hat die Frage keine Ruhe gelassen. Sie ist ihr auf den Grund gegangen, hat Bier- und Spritpreis zurückverfolgt bis ins Jahr 1950, um herauszufinden, wie wahrscheinlich es ist, dass Sprit bald so viel kostet wie Bier.

Abstand immer größer geworden

Das Ergebnis ist beruhigend, die Gefahr scheint sehr gering. Denn so schnell, wie die Wiesnwirte den Preis für die Maß erhöhen, kann der Benzinpreis gar nicht anziehen.

Der Abstand zwischen Benzin- und Bierpreis ist in den vergangenen 58 Jahren immer größer geworden, und daran hat auch der starke Anstieg des Spritpreises in den vergangenen Monaten kaum etwas geändert.

So kostete die Maß - also ein Liter - Wiesnbier im Jahr 1950 noch 1,70 Mark, umgerechnet also 0,87 Euro. Auf dem diesjährigen Oktoberfest sind es im teuersten Bierzelt 8,30 Euro.

Das entspricht einer Steigerung von 854 Prozent; der Preis hat sich also fast verzehnfacht. Der Liter Superbenzin kostete im Jahr 1950 genau 63,3 Pfennig, also 32,4 Cent. Heute sind es 144,6 Cent.

Das bedeutet, gemessen am Oktoberfest-Bier, einen vergleichsweise bescheidenen Zuwachs von 346 Prozent. Der Benzinpreis ist seit 1950 also nicht einmal halb so stark gestiegen wie der Preis für die Maß - und das, obwohl es in dem Zeitraum drei Ölkrisen mit massiven Preiserhöhungen gab: zwei in den 70er Jahren, eine seit dem vergangenen Jahr.

Der Abstand zwischen Bier- und Benzinpreis betrug im Jahr 1950 genau 0,546 Euro, heute sind es dagegen 6,854 Euro. Die Schere geht also eher auseinander als zusammen, und es ist nicht zu erwarten, dass sich das ändert, schon gar nicht bald.

Denn dann müsste der Liter Benzin in absehbarer Zeit fast zehn Euro kosten. Dann wäre es vorbei mit jener bayerischen Gemütlichkeit, die auch die Bayernpartei seit jeher zu schätzen weiß. Nur bei der Formulierung des Wahlplakats hat sie ihre Bierruhe diesmal vermissen lassen.

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