Im nächsten Jahr könnte es vor dem Brandenburger Tor eine ungewöhnliche Protestkundgebung geben. Zehntausende Rentner kommen dann womöglich in die Hauptstadt, um gegen Nullrunden bei den Altersbezügen zu protestieren. Ein solche Rentner-Demonstration, mit der der Sozialverband VdK bereits liebäugelt, wäre verständlich. Die schwarz-gelbe Regierungskoalition sollte sich davon aber nicht beeindrucken lassen.
Es sind wirklich schwere Zeiten, die auf die 20 Millionen Ruheständler in Deutschland zukommen. Stimmen die Hochrechnungen, wird es in den nächsten sechs Jahren gar keine oder nur geringe Rentenerhöhungen geben. Das trifft einzelne Rentner, vor allem Frauen mit geringen Ansprüchen, sehr hart. Zu verhindern wäre dies aber nur, wenn die Bundesregierung mehr Steuergeld in die Rentenversicherung steckt, die Beiträge erhöht oder die Reformen zurücknimmt, die die Zahlung von Altersrenten auch an die jüngere Generation langfristig sichern sollen. Und dies kann eigentlich keiner wollen.
Trotzdem werden die Nullrunden für die neue Koalition zu einer Bewährungsprobe: Schon frühere Regierungen haben erst Reformen im Rentensystem eingeführt und sie dann teilweise wieder ausgesetzt, um der älteren Generation allzu starke Einbußen zu ersparen. Dieser Wackelkurs darf sich in Zukunft nicht wiederholen.
Es geht um ein Stück Generationengerechtigkeit: Die Jüngeren müssen höhere Beiträge zahlen als die heutigen Rentner. Gleichzeitig erwartet die Jüngeren ein niedrigeres Rentenniveau. Opfer müssen deshalb auch die Älteren bringen. Dies sollten die Politiker offen sagen, auch wenn dies die eine oder andere Wählerstimme kosten mag.