Neuregelung zur Lebensversicherung:Gesenkter Garantiezins - und jetzt?

Frühling am Bodensee

Gut versorgt? Ein Rentnerpaar am Bodenseeufer in Langenargen.

(Foto: Felix Kästle/dpa)

Weil die Versicherer die Regierung unter Druck setzen, soll der Garantiezins auf 1,25 Prozent fallen. Sollte man jetzt noch schnell einen neuen Vertrag abschließen oder doch lieber die alte Versicherung kündigen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Patrick Hagen und Friederike Krieger

- Die Bundesregierung hat die Eckpunkte für Neuregelungen zur Lebensversicherung vorgelegt. Was heißt das für Versicherte? Die SZ beantwortet die wichtigsten Fragen.

Künftig erhalten die Kunden eine geringere Beteiligung an den Bewertungsreserven. Lohnt sich eine Kündigung?

Unter bestimmten Umständen kann es sich für Kunden jetzt lohnen, die Lebensversicherung zu kündigen. Das hängt aber vom Einzelfall ab. Grundsätzlich ist eine Kündigung mit Nachteilen verbunden. Der Versicherte verzichtet dann nämlich auf die sogenannten Schlussüberschüsse, also Geld, das nur die Kunden erhalten, die den Vertrag bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit halten. Viele Versicherungen zahlen allerdings ohnehin keine Schlussüberschüsse mehr. Verbraucherschützer empfehlen, sich beim Versicherer zu informieren, wie viel Geld sie bei einer Kündigung des Vertrages erhalten. Das Gute: Kunden müssen jetzt keine übereilte Entscheidung treffen. Ursprünglich sollte die Neuregelung an dem Tag in Kraft treten, an dem sie im Kabinett verabschiedet wird - voraussichtlich vor der Sommerpause des Kabinetts, die im Juli beginnt.

Die Regelung soll allerdings erst von Januar 2015 an gelten. Was bedeutet die Garantiezinssenkung für das Angebot an Versicherungen? Eine Senkung des Garantiezinses auf 1,25 Prozent für Neuverträge könnte die Branche empfindlich treffen, glaubt Axel Kleinlein, Chef des Bundes der Versicherten. "Einige Unternehmen wären mit den 1,25 Prozent nicht glücklich, weil sie Riester-Verträge dann nur noch jungen Kunden anbieten könnten", sagt er. Bei den staatlich geförderten Riester-Renten gelten nämlich besondere Bedingungen: Die Versicherer müssen garantieren, dass der einzelne am Ende nicht weniger erhält, als er ursprünglich eingezahlt hat. Da die Gesellschaften von den Beiträgen ihrer Kunden vor der Verzinsung noch Kosten abziehen, brauchen sie bei niedrigen Zinsen also möglichst lange Laufzeiten. Bei Kunden im fortgeschrittenen Alter, die nicht mehr viel Zeit bis zur Rente haben, wäre das schwierig zu bewerkstelligen. "Schon heute fällt es 55-Jährigen schwer, noch eine Riester-Rente zu bekommen", erklärt Kleinlein. "Wird der Garantiezins gesenkt, könnte das schon bei 45-Jährigen der Fall sein."

Soll man schnell noch einen Vertrag abschließen?

Verbraucherschützer raten davon ab, die Zinssenkung zum Anlass zu nehmen, um noch in diesem Jahr eine Police abzuschließen. Auch die derzeit geltenden 1,75 Prozent seien nicht viel, sagt Rita Reichard von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Was vielen Kunden nicht bewusst ist: Nicht die gesamte Prämie wird verzinst, sondern nur der Sparanteil. Das sind die Einzahlungen abzüglich der Kosten für Vertrieb, Verwaltung und Risikoschutz. Da bleibe auch bei 1,75 Prozent Garantie nicht viel übrig, argumentiert Reichard. "Wir raten grundsätzlich vom Abschluss einer solchen Police ab." Verbraucherschützer beklagen unter anderem die hohen Kosten solcher Versicherungen und kritisieren, dass die Gesellschaften bei Rentenversicherungen eine zu hohe Lebenserwartung ansetzen. Der Versicherer Allianz glaubt nicht, dass eine mögliche Garantiezinssenkung der Attraktivität der Lebens- und Rentenversicherungen einen Abbruch tut. "Aus unserer Sicht führt die Diskussion um den Garantiezins in die Irre - die Gesamtleistung zählt", sagt Allianz-Sprecher Udo Rössler. Neben der garantierten Leistung beteiligen die Versicherer die Kunden auch noch an weiteren Komponenten, etwa den Überschüssen, die sie am Kapitalmarkt erwirtschaften oder an Kosten- und Risikogewinnen.

All diese Gewinnbeteiligungen sind allerdings nicht garantiert, sondern werden jedes Jahr neu festgelegt. Und die Gesamtverzinsung sinkt seit einigen Jahren. Laut der Rating-Agentur Assekurata betrug sie 2014 für die Branche 4,31 Prozent auf das Sparkapital, nach 4,67 Prozent im Vorjahr.

Welche Alternativen bieten Versicherer an?

Einige Versicherer - darunter Allianz, Ergo und Axa - setzen auf neue Produkte mit veränderten Garantien. Bei diesen Verträgen ist nur noch eine Garantie für eingezahlte Beiträge vorgesehen statt einer garantierten Verzinsung. "Wer hier etwas weniger Garantie akzeptiert, bekommt mehr Rendite", verspricht Allianz-Mann Rössler. Denn dann hätte der Versicherer bei der Kapitalanlage mehr Spielraum. Ein anderer Grund für die neuen Angebote: Die Versicherer müssen unter den neuen EU-Eigenkapitalregeln weniger Kapital für diese Verträge vorhalten.

Verbraucherschützer Kleinlein hält von den neuartigen Garantieprodukten nicht sonderlich viel. "Durch die Bank sind sie erheblich schwächer als klassische Policen", glaubt er. Sie seien unverständlicher und ihre Garantien geringer. "Damit schaufelt sich die Versicherungswirtschaft ihr eigenes Grab", erwartet er. Durch die Kürzung der Garantien verschwimme der Unterschied zu anderen Kapitalanlageprodukten immer mehr.

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