Neuer Turm der EZB:Das wird kein Fort Knox

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Der Euro-Raum wankt, doch die Europäische Zentralbank beginnt unverdrossen mit den Bauarbeiten für ihren neuen Büroturm. Das Sicherheitskonzept soll "revolutionär" sein.

Markus Zydra, Frankfurt

Ein Dramaturg hätte wohl auch diesen Mittwoch ausgewählt. Dieser Termin an einem verregneten Frühabend garantiert einen guten Spannungsbogen, um den Grundstein zu legen für die neue Residenz der Europäischen Zentralbank (EZB).

Eine Studie des EZB-Neubaus (r.) und der bisherigen Skyline Frankfurts (l.). Der Umzug ist für 2014 geplant. (Foto: Simulation: dpa)

Es sind die Tage, da der Euro-Raum wankt, Griechenland gerade noch dem Konkurs entgeht und der Euro im Devisenhandel rapide an Wert verliert. Mancher in Deutschland sinniert über die Wiedereinführung der D-Mark.

Zum Höhepunkt dieser labilen Situation legt die Zentralbank ein Fundament für die Zukunft. Zwei Bürotürme mit je einer Höhe von 185 Meter sind geplant. "Mit der heutigen Feier beginnt ein neues Kapitel, aus Planung wird Realität" laut Redetext, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet zur Grundsteinlegung.

Beschwörung der Disziplin

Die Worte klingen ein wenig zweideutig. Im Oktober 2011 tritt der Franzose turnusgemäß ab, der deutsche Notenbankchef Axel Weber könnte Trichet nachfolgen und Anfang 2014 hier im Frankfurter Ostend einziehen.

Die EZB ist in Verruf geraten, spätestens seit sie vergangene Woche begonnen hat, riskante Staatsanleihen von Euro-Ländern zu kaufen. Trichet hatte lange gesagt, so etwas werde die EZB nicht machen.

Nun also doch. Kritiker befürchten eine Inflation, weil durch die Anleihenkäufe die Geldmenge erhöht werde. Trichet mahnt auf dem ehemaligen Gelände der Frankfurter Großmarkthalle tatsächlich Disziplin an: "Es muss gewährleistet werden, dass die Baukosten innerhalb des veranschlagten Budgets bleiben."

Der Umzug der rund 1400 Mitarbeiter ist für Anfang 2014 geplant. Derzeit arbeiten die EZB-Beschäftigten noch an drei verschiedenen Standorten in der Frankfurter Innenstadt. Die Kosten für den Neubau sollen 850 Millionen Euro betragen, es ist das zweitgrößte Bauprojekt der Region, nach dem Flughafenausbau.

Streit mit Denkmalschützern

In der Großmarkthalle, einem 200 Meter langen, denkmalgeschützten Klinkerbau aus dem Jahr 1928, sollen Konferenz- und Besucherzentrum, Bibliothek und Kantine untergebracht werden. Der für seine Spannbeton-Konstruktion berühmte Bau wird durch einen Querriegel mit den Doppeltürmen verbunden. Der Riegel wird der EZB künftig als Eingangsbereich und Pressezentrum dienen.

Ursprünglich wollte die EZB schon Ende des Jahres 2011 umziehen. Das 13 Hektar große Areal am Main hatten die Währungshüter 2002 von der Stadt Frankfurt gekauft.

In der Folge hatte es zunächst Streit mit Denkmalschützern wegen der geplanten Eingriffe an der Großmarkthalle gegeben. Dann fand die EZB keinen Generalunternehmer. Die Zentralbank entschloss sich daher, das Großbauprojekt in Paketen auszuschreiben. Wie teuer der Neubau wirklich wird, könne wegen der schwankenden Rohstoffpreise erst nach Bauende errechnet werden.

Das Frankfurter Bankenviertel erfährt mit dem EZB-Neubau seine Ausweitung ins Ostend. Die Kommunalpolitiker versprechen sich davon eine Aufwertung des bisher wenig schmucken, von Gewerbe und Wohnstraßen geprägten Stadtteils.

Die Zentralbanker wollen an ihrem neuen Standort einen kleinen Park im Stil einer Flussaue anlegen, der Main fließt nahe am neuen EZB-Hochhaus vorbei. Eine Sprecherin der EZB nennt das Konzept "relativ revolutionär für eine Zentralbank", weil es nicht wie Fort Knox anmute. Auch das klingt in diesen Zeiten ein wenig zweideutig.

© SZ vom 20.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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