Neubau:Vermieten statt verkaufen

Im Nordwesten Münchens baut das Familienunternehmen Meiller etwa 650 Mietwohnungen.

Von Andreas Remien

Das Familienunternehmen Meiller hätte auf einen Schlag viel Geld verdienen können. Ihm gehört, was sich in München derzeit zu Rekordpreisen an Bauträger und Investoren verkaufen lässt: ein großes Grundstück. Doch das Unternehmen, das unter anderem kippbare Wagenkästen für Lkws herstellt, trennt sich weder von den Flächen noch errichtet es dort Eigentumswohnungen. Es schlägt einen für private Investoren ungewöhnlichen Weg ein und baut in großem Stil Mietshäuser. In knapp drei Jahren sollen die ersten Wohnungen der "Meiller Gärten" im Nordwesten Münchens bezugsfertig sein.

Private Investoren haben sich im Mietwohnungsbau rar gemacht - in dem Segment sind fast nur noch die kommunalen Wohnungsunternehmen und Genossenschaften aktiv. Das Neubauprojekt von Meiller ist daher eine bemerkenswerte Ausnahme. "Als Familienunternehmen denken wir in Generationen, und aktuell planen wir für die nächste", sagt Franz Meiller, der in der fünften Generation das Unternehmen repräsentiert und operativ für das Marketing verantwortlich ist. Trotz der Rekordpreise, die derzeit für Grundstücke in München geboten werden, habe man nicht an einen Verkauf der Flächen gedacht. "Eine kurzfristige Rendite hat für uns keine Priorität. Wir wollen eine langfristig orientierte Investition", sagt Meiller.

Das Gelände direkt am S-Bahnhof Moosach hat eine lange Industriegeschichte. Mitte des 20. Jahrhunderts produzierte hier die Waggonfabrik "Jos. Rathgeber" erst Busse und Schienenfahrzeuge wie zum Beispiel Münchner Trambahnen, später auch Rolltreppen, U-Bahnen und Aufzugstüren. Aus dieser Zeit stammt auch die alte Fabrikantenvilla am nordöstlichen Rand des Geländes. Das Gebäude soll in den kommenden Jahren renoviert werden; wie es in Zukunft genutzt wird, steht noch nicht fest. 1987 ging Rathgeber im Unternehmen F. X. Meiller Fahrzeug- und Maschinenfabrik auf, das mit der Herstellung hydraulischer Kipper groß geworden war und schon in den Fünfzigerjahren die Aktienmehrheit bei Rathgeber übernommen hatte. Am Standort Moosach will Meiller auch in Zukunft festhalten. Das Unternehmen baut daher derzeit dort seine neue Zentrale, die noch in diesem Jahr bezogen werden soll. Für die Produktion von Kippern oder Aufzugstüren braucht man aber weniger Platz. Auf den frei gewordenen Flächen entsteht nun vor allem das Mietwohnungsprojekt.

Rathgeber

Das Areal in Moosach ist frisch planiert, schon im nächsten Jahr sollen die Bagger anrollen. Gebaut werden keine Eigentumswohnungen, sondern Mietshäuser.

(Foto: Rathgeber AG)

Die Häuser sollen auf insgesamt sieben Baufeldern entstehen. Selbst für Münchner Verhältnisse sind die Dimensionen außergewöhnlich: Geplant sind gut 650 Mietwohnungen in elf Gebäuden, Tiefgaragen inklusive. Zu dem Projekt gehört auch ein Hochhaus mit zehn Stockwerken. Die vermietbare Wohnfläche der "Meiller Gärten" summiert sich auf circa 45 000 Quadratmeter. "Wir werden hier etwas Besonderes bauen", betont Andreas Ferstl. Er ist Vorstand der Rathgeber AG, die als Unternehmen der Meiller-Gruppe das Bauvorhaben plant. Damit das Großprojekt tatsächlich etwas Besonderes wird, arbeitet Rathgeber mit gleich fünf Architektenbüros zusammen. "Wir wollen die Chance nutzen, die uns das Areal bietet", sagt Ferstl. Innerhalb der Anlage soll es viele Grünflächen geben. Der Autoverkehr wird auf die Außenränder beschränkt.

Meiller hat noch weitere Gründe, die Flächen nicht aus der Hand zu geben: Ein Kontingent der Mietwohnungen soll nämlich speziell den Mitarbeitern angeboten werden. Wie viele Objekte und zu welchen Konditionen, steht noch nicht fest. "Heute muss man sich um Fachkräfte bemühen", sagt Meiller. Dazu gehöre auch, Mitarbeitern dabei zu helfen, eine bezahlbare Bleibe zu finden. Vor allem in München haben es gerade mittelständische Firmen immer schwerer, angesichts der hohen Lebenshaltungskosten Personal zu finden. An anderen Standorten wie etwa Berlin können sich Fachkräfte bei gleichem Gehalt wesentlich schönere oder größere Wohnungen leisten - oder das Geld eben an anderer Stelle ausgeben. Dennoch gibt es in München kaum Firmen, die sich im Wohnungsbau engagieren. Für Mitarbeiter ebenso wie für Moosacher will Meiller auf dem Gelände außerdem kulturelle Angebote schaffen. "Wir wollen uns damit der sozialen und kulturellen Verantwortung stellen", sagt Meiller.

Baubeginn für das erste Mietshaus ist bereits Anfang des kommenden Jahres. Peu à peu sollen dann die weiteren Baufelder angegangen werden, das Hochhaus kommt zuletzt dran. Das erste Gebäude der "Meiller Gärten" soll 2018 bezugsfertig sein. Wie in München üblich, sind 30 Prozent der Objekte gemäß der "Sozialen Bodennutzung" (SoBon) geförderte Wohnungen. Wie hoch die Miete für die freien Wohnungen später sein wird, können die Investoren noch nicht sagen. "Wir werden die Miete aber sicher nicht auf das Maximum ausreizen", sagt Ferstl. Marktüblich für Neubauwohnungen in vergleichbarer Lage wären derzeit circa 14 bis 16 Euro pro Quadratmeter.

Neubau

Tausende Wohnungen und Häuser werden jedes Jahr in München und Umgebung gebaut. Das Angebot ist vielfältig. Unter der Rubrik Neubau stellen wir vor, was wo entsteht.

Neben den Wohnungen wollen die Investoren außerdem noch ein gewerblich genutztes Gebäude bauen. Geplant ist ein Hotel. Derzeit laufen die Gespräche mit möglichen Betreibern. "Ein großes Plus des Standortes ist die gute Erreichbarkeit", sagt Ferstl, "mit S-Bahn, U-Bahn, Bus und Tram haben wir alle vier öffentlichen Nahverkehrsmittel." Davon profitierten nicht nur die Mieter der Wohnungen, sondern auch die gewerblichen Nutzer.

Das gesamte Investitionsvolumen beträgt circa 250 Millionen Euro

Rechnet man den Wert des Grundstückes mit ein, summiert sich das Investitionsvolumen auf circa 250 Millionen Euro. Die Summe beinhaltet laut Rathgeber sämtliche Vorhaben, also auch den Bau des neuen Verwaltungsgebäudes und des Hotels. Der mit Abstand größte Teil fällt aber auf den Bau der Wohngebäude.

Schon jetzt, also drei Jahre vor der Fertigstellung, gebe es Interessenten für die Wohnungen, berichtet Ferstl. Der Investor ist zuversichtlich, dass sich angesichts des angespannten Immobilienmarktes schnell Mieter finden werden. Auf Interesse dürften die "Meiller Gärten" auch bei potenziellen Anlegern stoßen. Institutionelle Investoren wie Versicherungen sind seit Jahren dabei, ihre Immobilienquoten zu erhöhen und große Mietwohnungsbestände aufzukaufen. Gerade in Städten mit stabilen Wirtschaftsdaten wie München werden hohe Preise bezahlt. Mögliche Käufer können sich laut Ferstl ihr Werben aber sparen. "Es bleibt alles in einer Hand", sagt Ferstl, "wir behalten alles."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: