Nebenwerte an der Börse:Auf die Kleinen

Monteure arbeiten an Windkraftanlagen

Monteure arbeiten an Windkraftanlagen: Auch Beteiligungen an hoch spezialisierten Unternehmen können sich lohnen

(Foto: dpa)

Alle schauen auf den Dax-Rekord - doch Aktien kleinerer deutschen Unternehmen sind im Schatten des Leitindexes deutlich stärker gestiegen. Ist für Anleger trotzdem noch was drin?

Von Jan Willmroth

Die Geschichte der Börse ist immer eine der verpassten Gelegenheiten - das zeigt sich eindeutig am Beispiel der vergangenen Jahre. Vor kurzem ließen Börsianer in Frankfurt die Korken knallen: Der deutsche Leitindex Dax hatte zum ersten Mal in seiner Geschichte die Marke von 10 000 Punkten geknackt. Das war der vorläufige Höhepunkt einer fünfjährigen Hausse. Wer im März 2009, dem absoluten Tiefpunkt während der Finanzkrise, auf den Dax gesetzt hat, kann sich bis heute über mehr als 170 Prozent Gewinn freuen.

Doch selbst das erscheint noch mickrig mit Blick auf kleinere deutschen Unternehmen, die von der Konjunkturerholung seit der Krise besonders profitiert haben. Im Schatten der Liste der dreißig größten deutschen börsennotierten Unternehmen haben sich die Indizes der Kleinen, genannt MDax und SDax, noch deutlich stärker entwickelt. Letzterer ist in fünf Jahren um knapp 250 Prozent gestiegen, der MDax hat sich im gleichen Zeitraum sogar verdreifacht.

Viel mehr noch als beim Dax-Höchststand drängt sich da die Frage auf, wann dies ein Ende hat. Denn die je 50 Unternehmen in den kleineren Indizes sind teilweise schon deutlich höher bewertet, wie der Blick auf das Verhältnis von Marktwert und Unternehmensgewinnen zeigt.

Kostet ein Unternehmen an der Börse mehr als das 20-fache seines erwarteten Jahresgewinns, gilt eine Aktie als teuer. Das muss nicht ungerechtfertigt sein - meistens ist es aber ein guter Hinweis: Da ist nicht mehr viel zu holen. Doch stimmt das?

"Wer jetzt noch unterbewertete Titel finden will, muss sehr gut suchen"

"Das Feld ist schon stark abgegrast. Wer jetzt noch unterbewertete Titel finden will, muss sehr gut suchen", sagt Holger Steffen, Geschäftsführer bei dem auf Nebenwerte spezialisierten Analysehaus SMC Research. "Das ist mühselig, aber bei den kleineren Werten gibt es aktuell noch deutlich höhere Renditechancen", sagt er. Viel von dem billigen Geld der Notenbanken ist schon in die Aktienmärkte geflossen - doch vor allem bei den kleineren Titeln, die in keinem bekannten Index auftauchen, ist davon noch kaum etwas angekommen. Steffen zufolge wird das aber nicht mehr lange dauern.

Es dürfte sich also auch jetzt noch lohnen, die Welt der großen Börsengeschichten zu verlassen und in den Tiefen des Aktienmarktes nach Anteilsscheinen zu suchen, die im aktuellen Boom übersehen wurden. Gerade in Deutschland stößt man bei dieser Suche auf echte Perlen: Schwäbische Maschinenbauer, die Weltmarktführer in Nischen sind, spezialisierte Hersteller von bei jeder Kojunkturlage nachgefragten Produkten, Firmen, die sich für ihre Investitionen kaum etwas mit Banken zu tun haben. "Wir haben viele Hidden Champions, die sich extrem gut entwickeln", sagt Christian von Engelbrechten, auf Deutschland spezialisierter Fondsmanager bei Fidelity Worldwide Investment.

Wer sich traut, zu den aktuellen Kursen und Bewertungen noch einzusteigen, sollte aber einige Grundregeln beachten. Denn je stärker ein Unternehmen auf bestimmte Produkte oder Segmente konzentriert und damit von ihnen abhängig ist, desto riskanter kann ein Investment sein. "Bei kleinen Unternehmen ist es also besonders wichtig, sein Geld breit zu streuen", sagt Markus Ratz, Fondsmanager bei Lupus Alpha.

Zudem ist bei kleinen Unternehmen die Gefahr größer, dass man vieles nicht oder zu spät erfährt. Vor dem Kauf einer Aktie sollten sich Anleger deshalb genau anschauen, wie transparent ein Unternehmen arbeitet, also wie aussagekräftig die Geschäftsberichte sind und wie viele relevante Nachrichten die Firma verbreitet. Auch die Liquidität einer Aktie ist wichtig - denn je weniger Umsatz sie an der Börse erzielt, desto größer können die Kursschwankungen ausfallen. "Je weniger ein Titel gehandelt wird, desto weniger sollte man in ihn investieren", sagt Steffen.

Am wichtigsten ist die Kombination aus Zeit und Geld, ohne die jeder lieber auf Anlagen in Aktien verzichten sollte: Es braucht Geld, auf das man voraussichtlich lange nicht angewiesen sein wird, und Zeit, sich einzelne Unternehmen gut auszusuchen. Danach ist wichtig, sich von kurzfristigen Kursschwankungen nicht beunruhigen zu lassen. "Es geht darum, langfristig von der Entwicklung eines Unternehmens zu profitieren", sagt von Engelbrechten, der einen eher konservativen Investment-Ansatz verfolgt. Gerade bei kleinen Unternehmen sind die Wachstumsaussichten zumeist besser als bei Weltkonzernen. Wer genau hinschaut, findet auch jetzt noch gute Gelegenheiten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: