Nachbarstreit:Finnen ärgern sich über reiche Russen

Russische Oligarchen verbingen ihren Urlaub gern im Nachbarland Finnland und kaufen eifrig Ferienhäuser. Die Gastgeber fühlen sich jedoch ausgenutzt.

Knapp 69 Jahre nach der ersten russischen Invasion rollen derzeit erneut Blechlawinen mit Lkws über die finnische Grenze. Das Ziel der reisenden Nachbarn hat sich nicht geändert: Sie wollen finnisches Land.

Nachbarstreit: Die Russen haben finnische Ferienhäuser für sich entdeckt - zum Argwohn der Einheimischen.

Die Russen haben finnische Ferienhäuser für sich entdeckt - zum Argwohn der Einheimischen.

(Foto: Foto: iStock)

Doch diesmal nutzen die Russen ihren neuen Wohlstand, um Ferienhäuser und Eigenheime in Skandinavien zu kaufen. Allein im vergangenen Jahr haben russische Käufer Immobilien im Wert von 76 Millionen Euro erworben. Damit stammen drei Viertel aller Immobilienkäufer aus dem ehemaligen Zarenreich, während sie vor vier Jahren gerade einmal ein Viertel ausmachten.

"Sie sind gefährlich"

Für Finnland ist die Beziehung mit seinem großen Nachbarn allerdings ein zweischneidiges Schwert. Russland versuche sich bei europäischen Entscheidungen einzumischen, so Kritiker des Systems Putin, Finnland halte sich dagegen politisch lieber zurück. Je mehr Russland seine Machtpolitik ausbaue, egal ob durch ökonomische, politische oder militärische Mittel, desto vorsichtiger agiere Finnland, sagt Risto Penttilae, Direktor des finnischen Business and Policy Forums EVA.

Wirtschaftlich ist Russland für die Finnen enorm wichtig: Zwei Drittel der importierten Energie stammt aus Russland - Finnland bezieht die gesamte Verbrauchsmenge an Erdgas von dort. Damit ist Russland zum ersten Mal seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion Finnlands größter Handelspartner.

Nicht zuletzt deswegen ist Finnland der Nato ferngeblieben und damit einer von gerade mal sechs Staaten aus der Europäischen Union, die sich so entschieden haben. Außerdem unterstütze der Nordstaat den Bau der Ostsee-Pipeline vor der finnischen Küste, damit russisches Erdgas nach Deutschland strömen kann, sowie Russlands Beitritt zur Welthandelsorganisation (WTO), betont der finnische Ministerpräsident Matti Taneli Vanhanen.

Finnen ärgern sich

Doch die neue Invasion reicher Russen stößt bei der Bevölkerung Finnlands auf wenig Akzeptanz. Die Grenzbewohner stören sich zum Beispiel an den Lkw-Schlangen, zwischen denen sich die Einheimischen wie eingequetscht vorkommen. "Sie sind gefährlich. Jetzt haben wir endlich neue Straßen, und die Russen verwandeln sie in Parkplätze für ihre Laster. Das ist nicht richtig", empört sich Reijo Litmanen aus Lappeenranta.

Allein in Savonlinna, 335 Kilometer nordöstlich von Helsinki, haben Russen 15 Prozent aller im vergangenen Jahr zum Verkauf stehenden Immobilien erworben, so eine Studie des finnischen Katasteramts, das alle Grundstücke des Landes erfasst.

Finnen ärgern sich über reiche Russen

Hinzu kommt: Oft handelt es sich bei den Immobilien um Ferienwohnungen, die nur im Sommer genutzt werden - und im Winter kalt bleiben. Zum Ärger der Finnen: "So bleibt das Haus dunkel, der Schnee liegen, und die Stadt hat keinen ökonomischen Vorteil davon", sagt Bürgermeister Jari Willman.

"So sauber und sicher"

Probleme gibt es auch bei der Holzproduktion. Russland führte Abgaben auf den Export von Holz ein, um so die landeseigene Zellstoff- und Papierindustrie zu sanieren. Das verursache bei der von Russland abhängigen finnischen Forstwirtschaft jährlich Kosten von 150 Millionen Euro, so der finnische Außenminister.

Bisher habe Finnland versucht, sich bei Russland einzuschmeicheln und sich um gute Beziehungen bemüht, so Penttilae vom EVA Forum. "Ich glaube, es ist eindeutig, dass diese Strategie nicht zum Erfolg führt", fügt er hinzu. "Von der russischen Perspektive aus ist Finnland klein und unbedeutend."

Das sehen die wohlhabenden Russen allerdings ein wenig anders, denn für sie ist Finnland ein Ort fernab von Umweltverschmutzung und Verbrechen. "Finnland ist so sauber und sicher", schwärmt Valeri Kutakov, frischgebackener Hausbesitzer aus Sankt Petersburg. "Die Finnen sind gesetzestreu, und hier gibt es sehr wenig Verbrechen."

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