Nachbarn:Streit-Saison

Kunstfigur auf Balkon

Ein Balkon, den niemand betreten darf, ist mehr als ein Ärgernis.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Jetzt wird auf Balkon oder Terrasse wieder gegrillt und gefeiert. Bei anderen Hausbewohnern liegen dann schnell die Nerven blank. Doch das Mietrecht ist tolerant, wenn es um Rauch, Lärm und ums Garteln geht.

Von Berrit Gräber

Endlich schönes Wetter. Die Sonne genießen, auch zu Hause. Doch wenn die Wurst auf dem Grill brutzelt, Rauch zum Nachbarn herüberzieht und es am Abend laut wird, kommt es oft zum Streit. Meist über Lärm und Gerüche, wie Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbunds in Berlin, berichtet. Oft liegen die Nerven schon blank, weil nebenan täglich Wäsche draußen hängt oder Gießwasser danebengeht. Doch das Mietrecht erlaubt mehr, als so mancher denkt. Auf Balkon, Terrasse und im Garten haben Mieter viele Freiheiten - solange sie niemanden massiv stören. Aber wann haben Nachbarn und Vermieter ein Wörtchen mitzureden?

Was alles erlaubt ist

Wer eine Wohnung oder ein Haus mit Balkon hat, darf diesen grundsätzlich nutzen, wie er will. Er gehört zur vermieteten Bleibe dazu. Das gilt auch für die Terrasse oder den mitgemieteten Garten. Der Mieter oder Eigentümer kann dort Gartenstühle, Bänke, Tische, einen Sandkasten oder Sonnenschirme aufstellen. Er darf sein kleines Reich begrünen und bepflanzen, Rankgitter montieren, Sichtschutz und Blumenkästen am Balkongeländer anbringen, auch außen, solange sie richtig befestigt sind. Außerdem im grünen Bereich: Am Balkon und im Garten die Wäsche trocknen, Gäste empfangen, mit Freunden zusammensitzen, Kaffee trinken, reden, lachen. Auch Kinder können dort spielen und Freunde mitbringen. Sogar gegen nackt sonnen und im aufblasbaren Mini-Pool planschen ist nichts einzuwenden.

Hier wird es kritisch

Die Grenze der freien Verfügung sei immer dann erreicht, wenn Nachbarn massiv gestört oder die Rechte des Hauseigentümers beeinträchtigt werden, erklärt Ropertz. Wer den Balkon als Disco nutzt, die Terrasse in einen Schrottplatz verwandelt oder den gemieteten Garten verwildern lässt, muss sich Beschwerden gefallen lassen. Eine vertragsgemäße Nutzung der Mietsache ist dann nicht mehr gegeben. Rücksicht ist wichtig: Schimpft der unterhalb wohnende Nachbar über wuchernde Pflanzen, die Schatten machen, und Dreck, muss der Blumenfreund die grüne Pracht stutzen. Aber: Fallen von oben ein paar Blätter auf den Balkon oder wurde Gießwasser verschüttet, muss der Nachbar das hinnehmen, auch wenn es nervt.

Weitere Grenzen

Draußen rauchen ist in Mehrfamilienhäusern seit Neuestem nicht mehr grenzenlos erlaubt. Fühlt sich ein Nachbar durch aufziehenden Tabakqualm vom Balkon unter ihm stark gestört, kann er einen zeitweisen Rauchstopp respektive "rauchfreie Zeiten" einfordern, wie der Bundesgerichtshof entschied (BGH V ZR 110/14). Dürfen die Hausbewohner in den Garten, können sie ihn auch nutzen und bepflanzen. Aber: Wer auf eigene Kosten Bäume oder Sträucher setzen oder Vorhandenes entfernen will, sollte das immer mit dem Vermieter absprechen. In der Regel ist der Hausbesitzer für Gartenarbeiten wie Vertikutieren, Düngen oder Rasenmähen zuständig. Beauftragt er eine Gartenbaufirma, darf er die Kosten auf die Mieter umlegen. Hat nur ein Bewohner den Garten eines Mehrfamilienhauses gemietet, ist dieser auch zur Gartenarbeit verpflichtet. Stellt ihm der Vermieter keine Geräte wie einen Rasenmäher, muss er einen aus der eigenen Tasche kaufen und instand halten.

Was fürs Grillen gilt

Auf Balkon, Terrasse und im Garten darf gegrillt werden - solange es nicht ausdrücklich im Mietvertrag verboten ist. Und solange der Rauch vom Holzkohlegrill nicht in Nachbarwohnungen zieht und stört. Hauseigentümer dürfen Mietern ein totales Grillverbot verhängen, wenn sie es von vornherein im Mietvertrag festschreiben. Halten sich Bewohner nicht daran, können sie abgemahnt und im Wiederholungsfall fristlos gekündigt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob auf Holzkohle oder Elektrogrill gebrutzelt wurde. Der Bannspruch darf aber nicht im Nachhinein, etwa als Anhang zu einem langjährigen Mietvertrag, präsentiert werden. Rechtlich strittig ist, ob der Vermieter ein Grillverbot als Vorschrift in der Hausordnung durchsetzen darf. Der Mieterbund meint: Nein. Haus & Grund hält es jedoch für rechtens, wenn der Eigentümer auf diesem Weg Einschränkungen verordnet. Notfalls muss das Gericht entscheiden. Bisher entschieden die Gerichte in der nationalen Streitfrage "Grillen, ja oder nein und wie oft?" eher großzügig. Mal gaben Richter ganz praktische Tipps, wie sich mit Aluschalen und Folie die Qualmentwicklung in den Griff kriegen lässt. Mal erwarteten sie von verärgerten Nachbarn schlicht mehr Toleranz. Zeitliche Vorgaben, dass man beispielsweise nur ein Grillvergnügen pro Monat haben darf, seien reine Einzelfallentscheidungen und nicht die Regel, sagt Ropertz. Alexander Wiech, Sprecher des Eigentümerverbands Haus & Grund, empfiehlt, auf Balkonen aus Rücksicht nur Elektrogrills zu verwenden.

So viel Lärm darf sein

Hartnäckig halten sich Gerüchte wie: Jeder Bürger habe ein Recht auf Lärm und dürfe einmal im Monat oder dreimal im Jahr so richtig auf die Pauke hauen. "Das gehört ins Reich der Märchen", winkt Ropertz ab. Was zählt, und zwar ohne Ausnahme, sind die Landesimmissionsschutzgesetze. Und die schreiben klipp und klar vor: Ab 22.00 Uhr muss Schluss sein mit Lärm. Dann beginnt die Nachtruhe. Auch im Sommer. Fenster und Türen gehören zugemacht. Dann darf aber auch drinnen nicht mehr lautstark weitergefeiert werden. Da endet das freie Nutzungsrecht.

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