Nach Kritik an Amtsführung:Siemens-Vorstand wehrt sich

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Im Schmiergeldskandal bei Siemens verhärten sich die Fronten innerhalb des Konzerns: Der zum Ende des Jahres vermutlich scheidende Personalvorstand Jürgen Radomski weist Vorwürfe zurück, er habe im Kampf gegen die Korruption versagt. Gleichzeitig nimmt er den ganzen Vorstand des Elektrokonzerns in die Haftung.

Klaus Ott

Der Personalvorstand der Siemens AG, Jürgen Radomski, weist den Vorwurf zurück, er haben den Kampf gegen die Korruption im Unternehmen vernachlässigt und sei deshalb indirekt mit schuld am Schmiergeldskandal.

In einem Brief an den Aufsichtsrat schreibt Radomski, er sei bestürzt über die öffentliche Kritik an seiner Amtsführung, die angeblich auf Indiskretionen aus dem Kontrollgremium beruhe.

Der Aufsichtsrat will den Vertrag von Radomski, der Ende des Jahres ausläuft, nicht verlängern. Dem Personalvorstand wird von Aufsichtsräten angelastet, dass die ihm bis Ende 2006 unterstellte Antikorruptionsabteilung (Compliance) versagt habe.

"Für Missstand verantwortlich"

Für diesen Missstand sei Radomski als zuständiger Vorstand verantwortlich, verlautete aus dem Kontrollgremium.

In seinem Brief an den Aufsichtsrat, der sueddeutsche.de auszugsweise vorliegt, schreibt Radomski, der Eindruck, er habe den ihm unterstellten Compliance-Manager Albrecht Schäfer nicht ausreichend unterstützt, sei falsch.

Als bemerkenswert wird im Aufsichtsrat die Begründung empfunden, mit der Radomski die Kritik an seiner Person zurückweist. Der Personalvorstand betont, Schäfer habe nicht an ein einzelnes Vorstandsmitglied berichtet, welche Hinweise auf Korruption intern vorlägen, "sondern an den Zentralvorstand als Gremium".

Radomski verweist darauf, dass Siemens im Jahr 2001 einen Antikorruptionsbeauftragten berufen habe, der von da an immer den gesamten Vorstand über seine Erkenntnisse informiert habe.

An dieser "Organisationsstruktur" habe sich nichts geändert, als er, Radomski, im Oktober 2004 Schäfer als neuen Compliance-Manager in seinen Zuständigkeitsbereich übernommen habe.

Der Versuch, den ganzen Vorstand in die Verantwortung zu ziehen

Im Aufsichtsrat wird dieser Hinweis von Radomski als Versuch betrachtet, den ganzen Vorstand mit in die Verantwortung zu ziehen.

Nach Erkenntnissen der US-Kanzlei Debevoise & Plimpton hat der Compliance-Manager Schäfer dem Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats wiederholt wichtige Hinweise auf systematische Schmiergeldzahlungen vorenthalten.

Nach Angaben aus dem Aufsichtsrat hat Debevoise daher Siemens empfohlen, schärfste arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen Schäfer zu ergreifen; sprich: ihm fristlos zu kündigen.

Debevoise untersucht im Auftrag des Aufsichtsrates den Schmiergeldskandal. Die Frage, ob und wann man sich von Schäfer trenne, wird von Siemens nicht beantwortet.

Schlüsselfigur

Einzelne Aufsichtsräte befürchten, der Vorstand habe Hemmungen, Schäfer zu feuern. Schäfer sei momentan die Schlüsselfigur, er wisse vieles. Wenn Schäfer auspacke, könne der halbe Vorstand einpacken, glauben mehrere Aufsichtsräte.

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