Nach der US-Zinssenkung:Kommen die Aktienmärkte wieder in Schwung?

Die Vergangenheit zeigt: Meist greifen die Anleger nach Zinssenkungen wieder beherzt zu. Diesmal sollten sie allerdings genau hinschauen.

Von Hans von der Hagen

Erstmals seit vier Jahren senkt die US-Notenbank wieder die Leitzinsen - und dann gleich auch noch um einen halben Prozentpunkt.

Anleger dürfen nun rätseln, ob das der Anfang vom Ende der Immobilienkrise ist. Oder ob der unerwartet große Zinsschritt signalisiert, dass die Lage weit schlimmer ist als befürchtet.

Die Antwort entscheidet auch über "Kauf" oder "Verkauf" an der Börse: Sollte die Notenbank eine ausreichende Basis zur Beilegung der Kreditkrise gelegt haben, wäre das ein günstiger Zeitpunkt, um wieder am Aktienmarkt einzusteigen.

In der Vergangenheit, so belegt es eine Untersuchung der Basler Privatbank Sarasin, gab es nach Zinsschritten der US-Notenbank eine "deutlich positive" Entwicklung der weltweiten Börsen - ganz gleich, ob nur der erste oder die ersten drei und sechs Monate zur Beurteilung herangezogen wurden.

Das Geldhaus hatte dabei jeweils die Entwicklung des Morgan Stanley Capital International (MSCI) Weltindex nach der ersten Zinssenkung zu Beginn eines der sieben Zinszyklen seit 1981 analysiert.

Keine sichere Bank

Lediglich in zwei Fällen, 1981 und 2001, seien die Börsen ein halbes Jahr nach dem Zinsschritt weiter abgerutscht. Bezogen auf US-Aktien stellt sich das Bild freilich ungünstiger dar: Nur in zwei von sieben Fällen lagen die im MSCI-Index enthaltenen US-Titel ein halbes Jahr später im Plus.

Auch nach der jüngsten Zinssenkung sind die Marktexperten nicht euphorisch, sondern nur verhalten optimistisch . "Es ist ein gutes Signal, dass die Fed reagiert hat", sagt Heinz-Gerd Sonnenschein, Aktienstratege bei der Postbank. Es dauere aber zwei bis drei Quartale, bis die Zinssenkung in der Realwirtschaft ankomme. Die Kreditnehmer dürften allerdings schon etwas schneller davon profitierten.

Auf längere Sicht "rechnen wir mit steigenden Kursen, allerdings kann es in den nächsten Tagen und Monaten noch kräftige Kursschwankungen geben". Sonnenschein empfiehlt Anlegern daher einen "langfristigen Positionsaufbau": Wenn jemand einen Geldbetrag zur Verfügung habe, sollte er diesen nach und nach und nicht auf einen Schlag investieren.

Üblicherweise profitieren vor allem Bankenwerte von Zinssenkungen - hier allerdings rät der Postbank-Experte noch zur Vorsicht. In den vergangen Monaten hätten vor allem die Titel der Geldhäuser deutlich nachgegeben. "Möglicherweise ist es für den Finanzsektor noch zu früh", sagt Sonnenschein. Selbst gesunde Institute könnten von schwachen anderen Banken schnell in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Nervosität wurde auch am Dienstag deutlich: Gerüchte um mögliche hohe Verluste der Commerzbank in den USA brachten die Aktie zeitweise ins Trudeln - gleichzeitig honorierten Anleger, dass die US-Investmentbank Lehman Brothers die Krise vorerst besser gemeistert hat als befürchtet.

"Günstig bewertet"

Sonnenschein favorisiert alle Branchen abseits des Finanzsektors, denn "die Auftragsbücher seien angesichts der nach wie vor günstigen Konjunkturentwicklung voll". Zwar stelle der hohe Eurokurs ein Risiko für Exportitel dar, bislang aber wirke sich die starke Gemeinschaftswährung weniger nachteilig aus als früher. Anleger sollten sich bei der Auswahl der Aktien eher auf Deutschland und Euroland konzentrieren und weniger in den USA investieren.

Sarasin vertritt eine gegensätzliche Position. Zwar seien die US-Wirtschaftsdaten zuletzt "eher enttäuschend" ausgefallen, doch der Aufschwung im Industriesektor dürfe anhalten und sich positiv auf die Unternehmensgewinne auswirken.

In Europa hingegen seien die Wachstumszahlen des zweiten Quartals ernüchternd und das Gewinnmomentum habe "stark abgenommen".

Sarasin rät daher zum Kauf von japanischen und amerikanischen Aktien, europäische Werte sollten indes nicht weiter aufgestockt werden.

Grundsätzlich seien aber im historischen Vergleich "alle Märkte" günstig bewertet.

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