Milliardenhilfen für AIG:US-Geld für deutsche Banken

Die US-Regierung hat den Versicherungskonzern AIG gleich mehrfach mit Milliarden vor dem Kollaps geschützt - von dem Geld profitieren auch deutsche Institute.

Martin Hesse

Edward Liddy machte keinen Hehl daraus, wohin das Geld der amerikanischen Steuerzahler geflossen ist. Mit Notkrediten von 150 Milliarden Dollar und weiteren 30 Milliarden Dollar Eigenkapital hat die amerikanische Regierung den Versicherungskonzern AIG seit September vergangenen Jahres gestützt. Vergangene Woche nun stellte sich AIG-Chef Liddy hin und räumte frank und frei ein, ein großer Teil des Geldes sei "über AIG an andere Finanzdienstleister geflossen". Das Wall Street Journal bezifferte den Betrag auf 50 Milliarden Dollar. Ein Aufschrei der Empörung ging durch die amerikanische Politik, als bekannt wurde, dass häufig ausländische Institute in den Genuss des Geldes kamen.

AIG

Mehrfach vom Staat gestützt: AIG.

(Foto: Foto: Reuters)

Doch die Beträge, die an Kunden der AIG geflossen sein sollen, machen vor allem deutlich, warum der einst weltweit größte Versicherungskonzern überhaupt gerettet wurde. Allein die Deutsche Bank soll in den Genuss von sechs Milliarden Dollar gekommen sein, genauso die Investmentbank Goldman Sachs. Die Deutsche Bank wollte das Thema nicht kommentieren, dementierte die Zahl jedoch auch nicht. Milliardenbeträge nennt die internationale Presse auch für die französischen Banken Société Générale und Calyon. Auch die DZ Bank, das Spitzeninstitut der deutschen Genossenschaftsbanken, sowie andere deutsche Kreditinstitute sollen indirekt von Staatshilfen für AIG profitiert haben.

Geld über Umwege

Die Deutsche Bank und andere Kreditinstitute kassierten das amerikanische Steuergeld freilich nicht direkt. Sie hatten in den vergangenen Jahren in komplizierte Finanzprodukte wie CDOs (Collateralized Debt Obligations) investiert. Bei diesen Produkten handelt es sich letztlich stets um Wertpapiere, hinter denen eine große Zahl von Krediten, meist an amerikanische Häuslebauer, aber auch an Unternehmen und Kreditkartenkunden stehen. Um sich gegen einen Ausfall der Papiere beziehunsgweise der dahinterliegenden Kredite abzusichern, schlossen die Banken eine Art Versicherung bei AIG ab, sie kauften bei dem Konzern Credit Default Swaps.

Nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers trat für eine wachsende Zahl von Wertpapieren der Versicherungsfall ein. Das heißt, AIG musste für Ausfälle bei Kunden wie der Deutschen Bank zahlen. Der Konzern konnte dies aber nur dank umfangreicher staatlicher Hilfen. Nicht nur dort, wo tatsächlich Geld geflossen ist, profitierten deutsche und andere Banken vom Geld der amerikanischen Steuerzahler. Allein durch die Tatsache, dass die Versicherung durch die AIG Bestand hat, vermeiden die Kunden Abschreibungen. Ein ausfallgefährdetes Wertpapier ohne Versicherung müssten sie in der Bilanz niedriger bewerten als ein versichertes Produkt.

Fachleute erwarten, dass der Betrag, der an AIG-Kunden fließt, weiter steigen dürfte. Ende 2008 standen bei dem Konzern 308 Milliarden Dollar an Versicherungszusagen aus. Selbst wenn nicht alle versicherten Papiere ausfallen sollten, was unwahrscheinlich ist, dürften weitere Mittel an Kunden fließen. Politiker wie der demokratische Abgeordnete im Repräsentantenhaus Christopher Dodd fordern deshalb, es müsse zumindest offengelegt werden, an wen die Steuergelder letztlich fließen, auch wenn Politiker die grundsätzliche Logik der Hilfen akzeptieren. "Genau deshalb konnten wir AIG nicht fallen lassen, wie wir Lehman Brothers haben fallen lassen", sagte der Abgeordnete Paul Kanjorski am Wochenende. "Weil das den Zusammenbruch des europäischen Bankensystems ausgelöst hätte." Allerdings zählen auch die US-Banken Goldman Sachs, Morgan Stanley, Wells Fargo und Bank of America zu den Profiteuren.

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