Miet-Flatrate:Alles inklusive

Manche Vermieter bieten Pauschalmieten an, in denen Strom- und Wärmekosten inbegriffen sind. In Deutschland ist das Modell noch eine Ausnahme. Dabei hat es für die Bewohner durchaus einige Vorteile.

Von Anna Ringle/dpa

Die Waschmaschine läuft, die Wohnung ist geheizt, warmes Wasser kommt aus der Dusche, das Essen steht auf dem Herd - und in der monatlichen Mietzahlung sind diese Kosten alle schon mit drin. Dieses Modell schwebt der Cottbuser Wohnungsgenossenschaft eG Wohnen 1902 in Brandenburg vor. Zwei Mehrfamilienhäuser entstehen gerade; auf die Dächer sollen Solaranlagen für Wärme und Strom kommen. Pauschalmieten bieten auch andernorts Vermieter an, hierzulande sind sie aber noch sehr selten.

Mit den künftigen Mietern in Cottbus soll für mehrere Jahre eine feste Miete vereinbart werden, die eine Flatrate für Wärme und Strom beinhaltet. 60 bis 70 Prozent des Verbrauchs soll die solare Eigenproduktion decken, wie der Vorstandsvorsitzende der Genossenschaft, Uwe Emmerling, erläutert. Für den Rest will die Genossenschaft selbst mit der Energiewirtschaft Verträge schließen. Die Mieter zahlen dann nur die Pauschalmiete und unterschreiben keinen eigenen Liefervertrag für Wärme und Strom. Das Cottbuser Konzept stammt vom Solartechnik-Experten Timo Leukefeld, der unter anderem als Honorarprofessor für die Lehre der Solarthermie an der Staatlichen Studienakademie Glauchau tätig ist.

In Deutschland sind Mietverträge mit Flatrates bisher die "absolute Ausnahme", wie der Deutsche Mieterbund mitteilt. Das liege auch an den bestehenden Regelungen der Heizkostenverordnung, die eine verbrauchsabhängige Abrechnung vorschreibe. Es gebe aber Ausnahmen für Häuser, die durch Bauweise und Dämmung sehr wenig Wärme verbrauchten. Unter den Mietshäusern sind das zwar nicht viele, der Mieterbund geht aber davon aus, dass es in Zukunft mehr werden.

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hält speziell die in Cottbus angedachte Koppelung von Mietverträgen mit einer Stromflatrate für eine Ausnahme auf dem hiesigen Markt. Prinzipiell müsse in Deutschland jeder Stromkunde einen eigenen Stromliefervertrag und einen eigenen Zähler haben und könne sich seinen Lieferanten selbst auswählen. Gerade bei Bestandsgebäuden seien solche neuen Mietmodelle deshalb kaum zu realisieren.

Mit Flatrates wissen Mieter genauer, wie hoch ihre Kosten sind

Einige Wohnungsbauunternehmen halten Flatrate-Modelle oder Pauschalmieten trotzdem für eine interessante Option, wie die Energie-Referentin Ingrid Vogler vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) erläutert. "Es gibt erste Fälle, ein großer Trend ist es aber nicht." Die Eigenproduktion von Wärme oder Strom hänge auch stark vom Standort ab. Ein Mehrfamilienhaus, das sich zu hundert Prozent selbst versorge, gebe es bisher nicht, sagt Vogler. Die Baukosten wären zu hoch - deshalb setze man auf einen Mix mit gelieferter Energie.

In Schleswig-Holstein wendet die Gewoba Nord Baugenossenschaft bereits ein Flatrate-Mietmodell an. Anders als bei den Cottbuser Plänen ist Strom aber nicht inbegriffen, sondern die Netto-Kalt-Miete und alle Betriebskosten inklusive Heizung. In der Gemeinde Harrislee, in Husum und in Schleswig wurden drei Wohnquartiere mit solarthermischen Anlagen für Wärme errichtet. Die Produktion deckt etwa zu 75 Prozent den Verbrauch, sodass die Genossenschaft am Energiemarkt zusätzlich Wärme beziehe, wie Vorstandsmitglied Dietmar Jonscher erläutert. Die Kosten sind in der Miete inbegriffen. Dadurch, dass keine Zähler in den Wohnungen eingebaut sind und es keine Abrechnungen gibt, seien die Kosten für Warmwasser und Heizung niedriger als üblich.

Iris Behr vom Institut Wohnen und Umwelt GmbH, eine gemeinnützige Forschungseinrichtung des Landes Hessen und Darmstadt, geht davon aus, dass das Interesse der Wohnungswirtschaft am energieautarken Wohnen steigen wird. Auch für die Bewohner ergäben sich Vorteile. "Haushalte wollen vor allem wissen, was sie insgesamt für eine warme und helle Wohnung bezahlen müssen", sagt Behr. Für Mieter seien Warmmieten interessant, weil sie zur Planungssicherheit beim Energieverbrauch beitragen könnten. Sowohl im Bereich Wärme als auch beim Strom gebe es aber noch viele juristische Unklarheiten. Gesetze seien nicht aufeinander abgestimmt, Regeln widersprächen sich oder fehlten, betont Behr.

Dass Sonnenenergie bei Mietshäusern im Blickpunkt ist, spiegelt sich auch in einem Bundestagsbeschluss vom Sommer wieder - zum sogenannten Mieterstrom. Dabei gibt es einen staatlichen Zuschuss für den Vermieter, wenn er den Strom der Solaranlage auf dem Dach an die Mieter verkauft.

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