Meldepflicht für Bankberater:Berater, Verkäufer, Verräter

Vom 1. November an müssen sich alle 300.000 Bankberater in Deutschland bei der Finanzaufsicht registrieren lassen. Banken und Gewerkschaften kritisieren, dass damit Berater an den Pranger gestellt würden. Verbraucherschützer sehen das Melderegister als sinnvolles Mittel gegen Falschberatung.

Harald Freiberger, Frankfurt

Zwischen den fast 2000 deutschen Banken und der Finanzaufsicht Bafin glühen derzeit die Drähte. Bis zum 1. November müssen die Geldinstitute den Aufsehern Millionen Daten übermitteln. Es geht um ein neues Melderegister, in dem alle rund 300.000 Bankberater mit Namen aufgeführt werden.

Die Banken laufen dagegen Sturm. Ein Institut strengt sogar eine Klage beim Bundesverfassungsgericht an. Verbraucherschützer sehen darin allerdings ein sinnvolles Mittel, um Bankkunden vor Falschberatung zu schützen.

Das Register geht auf ein Gesetz zurück, das die Bundesregierung im vergangenen Jahr auf den Weg brachte (Paragraf 34d des Wertpapierhandelsgesetzes). Hintergrund waren die Missstände, die in der Finanzkrise ans Tageslicht kamen. So hatten zahlreiche Institute massenhaft Zertifikate der US-Investmentbank Lehman verkauft, die wertlos wurden, als diese 2008 pleite ging.

Die Banken vertrieben sie vor allem, weil sie ihnen hohe Provisionen einbrachten, obwohl sie sich für sicherheitsbewusste Anleger überhaupt nicht eigneten. Gleichzeitig mehrten sich bei den Gewerkschaften Beschwerden von Bankmitarbeitern, die über hohen Vertriebsdruck klagten. Oft gehe es nur noch ums reine Verkaufen, nicht darum, sinnvoll zu beraten.

Mit dem Melderegister hofft die Politik, das Problem nun besser in den Griff zu bekommen. Jede Bank muss der Bafin melden, welche ihrer Mitarbeiter Kunden zu den Themen Geldanlage oder Altersvorsorge beraten. Die Beschäftigten werden mit Name, Geburtsdatum und genauer Tätigkeit registriert. Außerdem muss die Bank die Qualifikation ihrer Berater nachweisen, zum Beispiel in Form eines Studiums oder jahrelanger Praxis. Zusätzlich soll angegeben werden, wer im Vertrieb der jeweilige Vorgesetzte ist und wer für Compliance, also gute Unternehmensführung, zuständig ist.

Ferner müssen Banken ab 1. November jede mündliche oder schriftliche Kundenbeschwerde an die Bafin melden, dazu den Namen des Beraters. Auf diese Weise will die Aufsicht organisatorischen Mängeln auf die Spur kommen. Wenn sich bei mehreren Mitarbeitern eines Vorgesetzten zum Beispiel Beschwerden häufen, kann das ein Zeichen dafür sein, dass der Vertriebsdruck von oben zu groß ist. Die Bafin sieht das Melderegister als einen weiteren Mosaikstein, um organisatorische Mängel aufzudecken.

Banken und Gewerkschaften sind dagegen

Für die Banken dagegen ist das Register ein bürokratisches Monster. Der Aufwand sei "unnötig hoch", ein spürbarer Nutzen für die Kunden damit nicht verbunden, heißt es beim Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken. Die Volksbank Göppingen hat sogar Verfassungsbeschwerde gegen das Register eingelegt. Es geht ihr dabei um den Gleichheitsgrundsatz, weil das Register freie Finanzvermittler nicht erfasse. Ein anderer Punkt ist das Recht auf freie Berufsausübung: Es sei bedroht, weil die Bafin ohne Gerichtsverfahren Berufsverbote verhängen könne, argumentiert die Bank.

Die Gewerkschaften sehen es ähnlich: "Die Bafin kann bei Beschwerden Bußgelder gegen die Mitarbeiter verhängen und im schlimmsten Fall ein zweijähriges Berufsverbot aussprechen", sagt Mark Roach von Verdi. Das wäre so, als wenn ein Autofahrer schon in Flensburg Punkte bekäme, weil ihn ein anderer Fahrer beschuldige. Das sei ein Verstoß gegen den Rechtsgrundsatz auf rechtliches Gehör.

Verdi werde bei den ersten Fällen den Arbeitgebern sofort untersagen, die Daten von Mitarbeitern weiterzugeben. Die Bafin hält dagegen, dass es erst einmal nur darum gehe, Beschwerden zu sammeln. Bevor man Sanktionen ausspreche, würden Mitarbeiter und Arbeitgeber in jedem Fall angehört.

Verbraucherschützer sehen in dem neuen Register einen guten Ansatz, um schlechte Beratung von Banken zu verhindern. "Es geht nicht so sehr darum, einzelne Mitarbeiter an den Pranger zu stellen, sondern Häufungen festzustellen, die darauf hindeuten können, dass bei einer Bank der Fehler im System liegt", sagt Dorothea Mohn vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.

Es reiche nicht, die Banken nur nach ihren Vertriebsmodellen zu fragen. Die Aufsicht müsse wissen, was am Schalter passiere, denn dort wirke sich übermäßiger Vertriebsdruck am sichtbarsten aus. Insofern könne das Register helfen, Falschberatung auszumerzen. "Natürlich kann das Register das Problem von Fehl- und Falschberatungen nicht lösen, es könnte aber zumindest eine abschreckende Wirkung erzeugen, sagt Mohn.

Aus den Banken ist zu hören, dass es in den vergangenen Wochen verstärkt Schulungen von Mitarbeitern gab. Schließlich müssen die Institute in zwei Wochen Zertifikate für ihre Beschäftigten vorweisen. Commerzbank und Hypo-Vereinsbank haben außerdem schon vor Monaten ihre Vertriebsmodelle umgestellt. Sie arbeiten jetzt weniger mit Druck und hohen Verkaufsvorgaben. Bei Deutscher Bank und Postbank laufen ähnliche Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern.

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