Medien-Anlegern droht Steuernachzahlung:Wie in einem schlechten Film

Investitionen in Filmfonds galten bislang als Steuertipp unter Investoren. Doch jetzt drohen 12.000 Anlegern der Fonds VIP 3 und 4 saftige Steuernachzahlungen.

Klaus Ott

Für zahlreiche Kunden der Medienfonds VIP3 und 4 beginnt das neue Jahr mit einer schlechten Nachricht.

Medien-Anlegern droht Steuernachzahlung: Bildausschnitt aus dem von Sat1 ausgestrahlten Zweiteiler "Die Nibelungen". Der Film wurde aus dem VIP Medienfonds finanziert.

Bildausschnitt aus dem von Sat1 ausgestrahlten Zweiteiler "Die Nibelungen". Der Film wurde aus dem VIP Medienfonds finanziert.

(Foto: Foto: Cinetext/Sat1)

Die Fondsgesellschaft will nach eigenen Angaben die Steuerberater der Anleger kommende Woche über den drohenden Verlust von hohen Steuervorteilen bei Produktionen wie dem Fernseh-Zweiteiler ,,Die Nibelungen'' unterrichten.

Das für die Fonds zuständige Finanzamt München II hat für die Jahre 2002 bis 2004 neue Grundlagenbescheide erlassen, in denen die Einstufung von VIP3 und 4 zu Lasten der Anleger geändert wird. Das geht aus einem Schreiben der Fondsgesellschaft an deren Vertriebspartner hervor, die viele Anleger betreuen.

Darin heißt es, die VIP-Kunden selbst erhielten von ihren jeweiligen Finanzämtern einstweilen noch keine neuen Steuerbescheide. Sie könnten die womöglich fälligen Beträge aber vorsorglich bei ihren Finanzämtern einzahlen, um später Verzugszinsen zu vermeiden.

Verdacht der systematischen Steuerhinterziehung

Nachdem die Münchner Staatsanwaltschaft im Dezember Anklage gegen den langjährigen VIP-Chef Andreas Schmid wegen des Verdachts systematischer Steuerhinterziehung zugunsten der Anleger erhoben hat, geht nunmehr auch der Fiskus mit den neuen Grundlagenbescheiden gegen die Fondsgesellschaft vor.

Diesen Bescheiden ging ein Prüfbericht der Münchner Steuerfahndung voraus, der massive Vorwürfe gegen VIP3 und 4 enthält. Nur der kleinere Teil der bei vermögenden Anlegern eingesammelten knapp 665 Millionen Euro sei tatsächlich, wie offiziell angegeben, als Risikokapital für Kino- und TV-Produktionen ausgegeben worden.

Die meisten Mittel, nämlich 441,4 Millionen Euro, seien stattdessen zur Absicherung der Anleger heimlich wie Festgeld bei Banken deponiert worden.

Rund 12.000 Anleger betroffen

Auf diese Weise seien der Fiskus getäuscht und zu Unrecht hohe Betriebsausgaben für die Produktionen von der Steuer abgesetzt worden. Die fälligen Steuernachzahlungen werden mit 275,6 Millionen Euro beziffert. Laut diesem Prüfbericht haben 12.408 Kapitalanleger in VIP3 und 4 investiert.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass 9682 Anleger zu wenig Einkommensteuer gezahlt hätten. Schmid sitzt seit September 2005 in Untersuchungshaft. Das Verfahren gegen ihn könnte, sofern die Anklage vom Landgericht zugelassen wird, in den kommenden Monaten beginnen.

Der Bremer Anwalt Jens-Peter Gieschen aus der Kanzlei KTAG, die nach eigenen Angaben 280 VIP-Anleger vertritt, spricht vom derzeit ,,größten Steuerstrafverfahren in Deutschland''.

Anleger fordern Schadenersatz

Die KTAG hat für die von ihr betreuten Anleger Schadensersatzklagen in Höhe von 28 Millionen Euro gegen Schmid und die beteiligten Banken erhoben. Gieschen verweist darauf, dass auch gegen drei andere Filmfonds ermittelt werde. Zahlreiche weitere Kapitalanleger müssten ,,mit unliebsamen Überraschungen rechnen''.

Die VIP-Fondsgesellschaft bestreitet, ebenso wie Schmid, die Vorwürfe und will ,,mit allen Rechtsmitteln'' gegen Steuernachforderungen vorgehen. Das schreibt die Gesellschaft in einem Rundbrief an ihre Vertriebspartner, in dem sie Klagen bei den Finanzgerichten ankündigt.

Auf Basis der neuen Grundlagenbescheide sei nun ,,erstmals die Möglichkeit gegeben'', die eigene Rechtsauffassung vorzutragen. Der Fiskus will offenbar abwarten, was aus diesen Klagen und aus der Anklage gegen Schmid wird, bevor neue Steuerbescheide für die einzelnen Anleger erlassen werden.

Aktuell keine Nachzahlungen

Die Fondsgesellschaft schreibt dazu an die Vertriebspartner, von den Anlegern ,,werden aktuell keine Steuernachzahlungen eingefordert''. Die Anleger könnten die strittigen Beträge aber vorsorglich beim Finanzamt einzahlen. ,,Sollte sich die Auffassung der Finanzverwaltung durchsetzen, fallen ab dem Zeitpunkt der Einzahlung keine Verzugszinsen mehr an.''

Sollte sich dagegen letztlich herausstellen, dass die bisherigen Bescheide richtig gewesen seien, werde das Guthaben der Anleger vom Fiskus jährlich mit sechs Prozent verzinst.

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