Wenn es um staatliche Hilfen geht, ist Martin Blessing Experte. In der Finanzkrise musste die Bundesregierung seiner Commerzbank mit 18 Milliarden Euro aushelfen, um sie zu rekapitalisieren. Sie hatte kurz vor der Lehman-Pleite die Dresdner Bank übernommen - das ging schief. Bis heute gehören 25 Prozent des Instituts dem deutschen Staat.
Das überschuldete Griechenland will Blessing mit der entgegengesetzten Methode retten: Die Helfer-Staaten sollten Athen gefälligst den Geldhahn zudrehen.
Im Interview mit der Bild-Zeitung hat sich Blessing als erster deutscher Top-Banker für einen offiziellen Staatsbankrott Griechenlands ausgesprochen. Den könnten Euro-Staaten und IWF ganz leicht erzwingen: Man müsse dem Staat die Auszahlung der nächsten Hilfs-Tranche verweigern. "Griechenland braucht einen Schuldenschnitt. Es reicht nicht, nur Abschreibungen in den Bankbilanzen vorzunehmen", sagte er.
Es ist nicht das erste Mal, dass der Vorstandsvorsitzende vorprescht. Gerne äußert er sich auch konträr zu Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann, dem bekanntesten Gesicht der deutschen Finanzindustrie. So wie im vergangenen Juli, als die meisten Gläubiger Griechenlands das böse Wort vom Schuldenerlass nicht in den Mund nehmen wollten.
Blessing schrieb einen Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine, in dem er einen Schuldenerlass für Griechenland anregte - und zwar von 30 Prozent. Das war mehr als seine Kollegen wollten, am Ende handelten sie mit den Staatenlenkern aus, nur 21 Prozent auf griechische Anleihen abzuschreiben.
Die Parallele zu heute: Auch damals stand ein entscheidender europäischer Gipfel bevor, auch damals lehnte sich Blessing weiter aus dem Fenster als seine Bankerkollegen. Dieselbe Zeitung bezeichnete ihn am nächsten Tag als "Der Tabubrecher".
Jetzt sagt Blessing: "Ohne echte Restrukturierung der griechischen Staatsschulden und Wiederaufbau-Programm ist Griechenland nicht geholfen und wird sich der Markt nicht beruhigen." Griechenland müsse selbst seine Zahlungsunfähigkeit erklären. Wenn die EU-Troika dafür sorge, dass "die nächste Tranche nicht mehr ausgezahlt" würde, werde ein solcher Schritt möglich.
"Der freiwillige Verzicht ohne Bankrotterklärung ist Gift für die Glaubwürdigkeit von Staatsanleihen auch anderer Länder. Es muss klar werden, dass Staaten nur zwei Möglichkeiten haben: Entweder sie bedienen ihre Schulden wie vereinbart oder sie erklären sich für insolvent mit allen harten Konsequenzen", wird Blessing zitiert.
Blessing redet nur von dem, was er für die beste Lösung hält, mit Fragen nach der Schuld an der Krise will er sich nicht aufhalten - also auch nicht mit der eigenen: Ob es nun die Banken waren, die zu viel Geld verliehen hätten oder die Staaten, die zu viele Schulden gemacht hätten? Diese Frage, sagt Blessing, "bringt uns nicht weiter".