Marburg für Solar-Pflicht:Stadt der Sonnenenergie

Das Stadtparlament der mittelhessischen Stadt Marburg hat Kollektoren auf fast allen Gebäuden vorgeschrieben. Wer sich nicht daran hält, dem droht ein Bußgeld. Die Opposition spricht von "Öko-Diktatur".

Marburg ist eine idyllische Universitätsstadt in Mittelhessen mit etwa 80.000 Einwohnern, die nicht gerade für spektakuläre Projekte bekannt ist. Spektakulär ist allerdings ein Vorhaben, über das im Stadtparlament am Freitagabend abgestimmt wurde.

Photovoltaik-Anlage Marburg

Die Photovoltaik-Anlage des Technologie- und Tagungszentrums in Marburg. Als erste deutsche Stadt hat Marburg eine Solaranlagenpflicht beschlossen

(Foto: Foto: AP)

Als erste Stadt in Deutschland schreibt Marburg Bauherren verbindlich und flächendeckend die Nutzung von Sonnenenergie vor. Eine entsprechende, bundesweit einzigartige Solarsatzung hat die Stadtverordnetenversammlung mit den Stimmen der rot-grünen Koalition sowie der Linken verabschiedet. Laut Beschluss will die Stadt damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten und die Bürger vor der erwarteten Energiepreis-Explosion schützen.

Die Satzung schreibt Bauherren die Nutzung der Sonnenenergie für Warmwasser und Heizung vor. Andernfalls droht ein Bußgeld von 1000 Euro. Als Ersatz zu der sogenannten Solarthermie sind teilweise auch Photovoltaik-Anlagen zur Stromgewinnung oder andere Klima schützende Maßnahmen zulässig.

Die sogenannte "solare Baupflicht" greift nicht nur für neue Häuser, sondern auch bei größeren Anbauten, beim Austausch der Heizanlage oder einer größeren Dachsanierung. Dadurch soll über die Jahre auch der Altbaubestand mit Solaranlagen ausgerüstet werden. Über die Förderprogramme des Bundes hinaus stellt die Stadt vor allem für denkmalgeschützte Gebäude zusätzliche Mittel zur Verfügung.

Während der heftigen Debatte der Marburger Stadtverordneten lehnten CDU, FDP und die Marburger Bürgerliste die Satzung wegen ihres Zwangscharakters ab. Der Abgeordnete der Bürgerliste, Hermann Uchtmann, sprach erneut von einer "Ökodiktatur". Auch Handwerkskammer und Industrie hatten sich gegen die Solarsatzung ausgesprochen, obwohl sie insbesondere dem Handwerk zusätzliche Aufträge bringen soll.

Laut Stadtverordnetenbeschluss soll die Solarsatzung zum 1. Oktober in Kraft treten. Einwände des Regierungspräsidiums in Gießen könnten allerdings zu einer Verzögerung führen. Die Landesbehörde hatte im Mai zu einer früheren Fassung der Satzung rechtliche Bedenken angemeldet, sich aber zu der jetzt beschlossenen Form und einem neuen Rechtsgutachten noch nicht geäußert. Halte das Regierungspräsidium an den Einwänden fest, werde er die Solarsatzung erst nach einer gerichtlichen Klärung unterzeichnen, kündigte Oberbürgermeister Egon Vaupel (SPD) an.

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