Lohnsteuer: Fehlerhafte Bescheide:Die Krux mit Zeile 24

Chaos wegen dreier Zeilen: Weil Bescheinigungen der Arbeitgeber nicht korrekt waren, sind Millionen Lohnsteuerbescheinigungen falsch. Eine genaue Prüfung bringt im Schnitt 1000 Euro ein. Allerdings profitiert nur eine bestimmte Einkommensgruppe.

Oliver Bilger

Das Ausfüllen der Steuererklärung zählt für die meisten Arbeitnehmer sicher nicht zu den liebsten Aufgaben. Umso ärgerlicher also ist es, wenn dabei zusätzliche Probleme auftreten, so wie jetzt gerade: Zahlreiche Arbeitgeber haben fehlerhafte Lohnsteuerbescheinigungen für das Jahr 2010 verschickt.

Steuererklärung 2000

Viele Lohnsteuerbescheinigungen, die für die Lohnsteuererklärung benötigt werden, waren fehlerhaft.

(Foto: dpa)

Die Panne war dem Verein Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring beim Erstellen der Einkommensteuererklärung für seine Mitglieder aufgefallen. Betroffen sind Arbeitnehmer, die freiwillig gesetzlich krankenversichert sind, also mehr als 45.000 Euro im Jahr verdienen.

Ihnen droht ein zu hoher Steuerbescheid, falls sie unachtsam Angaben aus der Bescheinigung des Arbeitgebers in ihre Steuerunterlagen für das Finanzamt übertragen. Der Lohnsteuerhilfeverein rät deshalb, den Entgeltbescheid genau zu prüfen. Andernfalls wird es möglicherweise teuer: Das Finanzamt könnte fälschlicherweise im Schnitt 1000 Euro zu viel vom Steuerzahler verlangen.

Der aufgespürte Fehler bezieht sich nach Angaben des Hilfe-Rings auf knapp fünf Millionen Lohnsteuerbescheinigungen. Die "abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen sind weitaus höher als bisher ausgerechnet", teilt der Hilfe-Ring mit. Das betrifft im Detail die Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung, die ab 2010 komplett steuerlich geltend gemacht werden können - allerdings nur, wenn die vom Finanzamt erwarteten Daten übermittelt wurden.

Für Verwirrung sorgen die Zeilen 25 und 26 in der Lohnsteuerbescheinigung. Dort werden bei den fehlerhaften Bescheiden die dem Arbeitnehmer verbleibenden Anteile bescheinigt, heißt es vom Hilfe-Ring, tatsächlich müssten aber die Arbeitnehmer- und Arbeitgeber-Anteile in diesen Zeilen eingetragen werden.

Finanzministerium schiebt Schuld auf Softwareunternehmen

Für Unternehmen wie Datev, die Programme für das Ausfüllen der Entgeltbescheide entwickeln, tragen ungenaue Vorgaben aus einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums Schuld an dem Durcheinander: Für die Datev und die Mehrheit weiterer Anbieter von Lohn- und Gehaltssoftware habe es keine Hinweise gegeben, daran zu zweifeln, dass "für die freiwillig Versicherten wie bei den gesetzlich Versicherten der Arbeitnehmerbeitrag ohne den Arbeitgeberzuschuss zu bescheinigen ist".

Die Finanzverwaltung ging jedoch davon aus, dass der Gesamtbeitrag - also Arbeitnehmerbeitrag einschließlich des Arbeitgeberzuschusses - zu vermerken ist. Das Finanzministerium weist die Verantwortung von sich, die Softwareunternehmen hätten das Schreiben falsch verstanden, heißt es. Dem Steuerzahler kann die Debatte um die Schuldfrage egal sein, er muss nun seinen Bescheid prüfen.

Arbeitgeber befürchten hohen Aufwand durch Korrekturen

Das Ministerium empfiehlt Arbeitgebern, den betroffenen Beschäftigten neue Lohnsteuerbescheinigungen auszustellen, sofern das für das jeweilige Unternehmen wirtschaftlich zumutbar ist. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände befürchtet einen "erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand für die Unternehmen". Der Verband sieht die Verantwortung deshalb bei der Finanzverwaltung.

Darauf will der Hilfe-Ring nicht vertrauen. In der Regel arbeiten Finanzämter mit den vom Arbeitgeber elektronisch übermittelten Daten. Der Hilfe-Ring glaubt deshalb nicht, dass sich das Problem lösen lässt, indem der Arbeitnehmer die Zahlen in seiner Steuererklärung selbst korrigiert oder zusätzliche Schreiben des Arbeitgebers einreicht. Das wird von manchen Unternehmen und Steuerexperten empfohlen. Stattdessen sollte der Arbeitnehmer eine korrigierte Lohnsteuerbescheinigung von seinem Unternehmen verlangen.

Die Software-Hersteller arbeiten derzeit an Aktualisierungen ihrer Programme, mit denen die Arbeitgeber korrekte Abrechnungen für 2010 erstellen können für die Mitarbeiter und zur elektronischen Übermittlung ans Finanzamt.

Auf die Zeilen 24 bis 26 kommt es an

Allen, die von der Panne betroffen sein könnten, rät der Hilfe-Ring, die Zeilen 24 bis 26 ihrer Lohnsteuerbescheinigung genau zu prüfen. Ist die Zeile 24 leer, hat der Arbeitnehmer kein Problem. Enthält die Zeile einen Betrag, sollte der Arbeitgeber die Summe aus den Zeilen 25 und 26 ziehen.

"Ist dieser Gesamtbetrag ungefähr doppelt so hoch wie der Eintrag in Zeile 24, dann stimmt ihre Lohnsteuerbescheinigung", teilt der Verein in einer Erklärung mit. Ist die Gesamtsumme jedoch nur in etwa so hoch wie der Eintrag in Zeile 24, sollte der Angestellte die gesamten Beträge überprüfen lassen.

Das Bundesfinanzministerium arbeitet außerdem an einer Software-Lösung, mit der solche Fehler beim Finanzamt automatisch erkannt werden und die Beamten nicht jeden Einzelfall manuell prüfen müssen. Wer betroffen ist und seine Steuererklärung bereits abgegeben hat, sollte seinen Steuerbescheid genau prüfen, so der Rat aus dem Ministerium.

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