Leitwährung Yuan:Chinesische Mondlandung

Der Dollar dominiert die Welt, doch China will das ändern. Der Yuan soll Leitwährung der Zukunft werden - aber das ist unwahrscheinlich.

Marcel Grzanna

Die Welt vereinen und ihr Anführer sein: Für dieses Ziel kämpfte der Große Vorsitzende der Chines, Mao Zedong, zu Lebzeiten. Die Geschichte verwehrte ihm die Erfüllung dieses Traums, Mao kam über Chinas Landesgrenzen kaum hinaus.

Leitwährung Yuan: Der chinesische Yuan rangiert nur unter "Sonstige". Der Dollar ist unangefochtenes Leitmittel - das will China ändern.

Der chinesische Yuan rangiert nur unter "Sonstige". Der Dollar ist unangefochtenes Leitmittel - das will China ändern.

(Foto: Foto: SZ-Graphik)

Doch mehr als 30 Jahre nach seinem Tod bekommen seine Erben jetzt vielleicht eine zweite Chance: Sie werkeln daran, die chinesische Landeswährung Renminbi, auch Yuan genannt, zur weltweiten Leitwährung der Zukunft zu machen. Für Mao wäre das posthum eine große Ehre, schließlich ziert sein Haupt jeden einzelnen Yuan-Schein.

Pünktlich vor Beginn des G-8-Gipfels am Mittwoch in Italien hat China einen markanten Schritt in diese Richtung gemacht und damit seine Ambitionen unterstrichen. Am Montag floss bei der Abrechnung eines internationalen Geschäfts erstmals der Renminbi als Zahlungsmittel.

Beim G-8-Gipfel ist China bloß Zaungast

Ein Unternehmen in Hongkong überwies eine Summe auf das Konto eines Unternehmens in Schanghai. Das wird die Diskussion auf dem G-8-Gipfel in Italien ab diesem Donnerstag anheizen; China ist dort gemeinsam mit Indien und Brasilien als Zaungast geladen, um Veränderungen des Finanzmarkts zu besprechen.

Jedoch gilt der Yuan bisher nur in fünf chinesischen Städten und nur im Handel mit ausgewählten Regionen Asiens als Alternative zum US-Dollar. Lediglich Schanghai, Zhuhai und drei Industriemetropolen im Perlflussdelta sind autorisiert, mit Partnern in Hongkong, Macau sowie in den Ländern des südostasiatischen Staatenbundes ASEAN Geschäfte in Yuan abzuwickeln.

Dennoch feierten chinesische Medien den Vorgang als Meilenstein auf dem Weg zu einer Weltwährung. "Es ist ein Feiertag und ein Schritt, das blinde Vertrauen in den US-Dollar zu verringern", verkündete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua polemisch.

Die 21st Century Business News erkannten sogar Parallelen zu wichtigen Ereignissen der Weltgeschichte. "Ein kleiner Schritt in Sachen Abrechnung, aber ein riesiger Schritt in Richtung Globalisierung des Renminbi", spielte das Blatt auf Mondspaziergänger Neil Armstrong an.

Doch vorerst muss China mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben. "Der Renminbi ist als Leitwährung absolut keine Alternative zum US-Dollar", sagt Ulrich Leuchtmann von der Commerzbank in Frankfurt. Ähnlich sieht es das Institute of International Finance (IIF), der Weltverband der Finanzbranche.

Bei einer Pressekonferenz kürzlich in Peking fragte eine chinesische Journalistin, wann der Yuan so weit sei, den Dollar abzulösen. Sie erntete schmunzelnde Gesichter vom Podium und eine Handvoll Argumente, die dagegen sprechen: der weiterhin unflexible Wechselkurs des Yuan, Chinas Leistungsbilanzüberschuss und ein schwacher Anleihemarkt.

Ein flexibler Wechselkurs des Yuan scheint zurzeit eher unwahrscheinlich zu sein. "Dollar und Renminbi stecken in einer Patt-Situation", sagt Analyst Leuchtmann. An einer Aufwertung ihrer Währung sind die Chinesen überhaupt nicht interessiert, weil es ihren Exportsektor weiter lähmen würde.

Den Yuan abzuwerten könnte einen Handelskrieg auslösen

Eine Abwertung können sie kaum rechtfertigen, denn schon lange müssen sie mit dem Vorwurf leben, sie würden eine Aufwertung des Renminbi künstlich verhindern. Die Amerikaner würden die Chinesen dann möglicherweise offiziell als "Währungsmanipulateure" einstufen.

Die US-Gesetzgebung verlangt dann sofortige Verhandlungen mit China. Sollten diese ohne Einigung bleiben, droht schlimmstenfalls ein Handelskrieg. Daran sind beide Seiten nicht interessiert.

Und doch sei der Aufwärtstrend des Yuan unaufhaltsam, glaubt Wirtschafts-Nobelpreisträger Robert Mundell. Vergangene Woche sprach der 77-Jährige auf Einladung der Bank of China in Peking.

Mundell schlug dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vor, den Renminbi bis 2011 in die Liste jener Währungen aufzunehmen, aus denen die künstliche Währungseinheit namens Sonderziehungsrechte (SZR) geschaffen worden ist, um die Liquidität des internationalen Finanzmarkts zu gewährleisten.

Bislang bilden US-Dollar, Euro, japanischer Yen und britisches Pfund die SZR. Geht es nach Mundell, soll es dem Pfund an den Kragen gehen. Es solle ganz oder teilweise durch den Renminbi ersetzt werden.

Eine Aufnahme in die SZR-Liste käme einer echten Beförderung gleich. Zumal im Juni eine Umfrage der Schweizer Großbank UBS ergab, dass der Glaube an SZR als neue Reservewährung seit Ausbruch der Finanzkrise stärker geworden ist: Vorher hielt das kaum jemand für möglich, jetzt sind es 15 Prozent der befragten Experten.

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