Lebensversicherungen:Verhandeln, versteigern, verkaufen

Wer seine Lebensversicherung vorzeitig zu Geld machen will, sollte nicht sofort kündigen. Es gibt andere Möglichkeiten, die oft mehr bringen.

Alexander Mühlauer

Es ist nicht leicht, sich gegen die Macht der Versicherungskonzerne zu behaupten, zumal als Otto Normalverbraucher, der ja weder die Zeit, noch die Geduld, und schon gar nicht das Geld hat, sich auf einen Rechtsstreit einzulassen. Dafür gibt es Verbraucherschützer. Sie ziehen regelmäßig vor Gericht, um kundenfreundliche Urteile zu erstreiten.

Lebensversicherungen Verhandeln, versteigern, verkaufen

Swiss Life muss den ehemaligen Kunden einen Nachschlag auf den Rückkaufswert ausbezahlen

(Foto: Foto: AFP)

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat jetzt in drei Musterfällen erwirkt, dass ein Lebensversicherer Geld an Versicherte nachzahlen muss, die ihre Police vorzeitig gekündigt hatten. Kunden von Swiss Life, besser bekannt als Schweizerische Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, bekommen einen Nachschlag auf den Rückkaufswert, also jenen Betrag, den ein Versicherer bei vorzeitiger Kündigung den Kunden ausbezahlt.

Swiss Life hatte behauptet, dass die Klauseln zum Rückkaufswert transparent seien. Das sahen die Richter am Oberlandesgericht München anders (Aktenzeichen 25 U 3975/08). Der Schweizer Versicherer knickte ein und überwies die drei geforderten Nachzahlungen: 70 Euro, 789 Euro und 1053 Euro.

"Die Devise heißt Aussitzen"

"Ein schöner Erfolg für die Betroffenen", sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Doch leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein. An sich müsste der Versicherer alle betroffenen Kunden anschreiben und freiwillig Nachzahlungen leisten. Doch die Devise heißt Aussitzen." Die Kunden müssten selbst aktiv werden und sollten sich an Verbraucherschützer wenden.

Swiss Life ist kein Einzelfall. Insgesamt schätzt die Verbraucherzentrale Hamburg die noch nicht geltend gemachten Erstattungsansprüche der Kunden gegen die Versicherungswirtschaft auf mehrere Milliarden Euro. Denn im Durchschnitt wird in Deutschland jede zweite Lebensversicherungspolice vorzeitig beendet. Bei langfristigen Verträgen sieht es noch schlechter aus: Weniger als ein Viertel der Versicherten halten Policen mit 30-jähriger Laufzeit bis zum Ende durch.

Wer seine Lebensversicherung vorzeitig zu Geld machen will, hat mehrere Möglichkeiten. Beliebteste, aber nicht unbedingt beste Variante ist die Kündigung. Dabei bekommt der Verbraucher von der Versicherung den bereits erwähnten Rückkaufswert ausgezahlt. Ob dieser korrekt ist, kann der Versicherte nicht überprüfen. "Es gibt kaum etwas Intransparenteres als den Rückkaufswert", sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Rückkaufswert fast immer falsch berechnet

Man müsse schon ein Versicherungsmathematiker sein und interne Geschäftszahlen kennen, um diesen Wert berechnen zu können. "In bisherigen Prozessen hat sich gezeigt, dass der Rückkaufswert fast immer falsch berechnet war", sagt ihre Hamburger Kollegin Castelló. Dem Versicherten bleibe nichts anderes übrig, als den Wert wie eine Kröte zu schlucken.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Möglichkeiten der Versicherte noch hat.

Verhandeln, versteigern, verkaufen

Viele Menschen können aber nicht anders - sie müssen ihre Lebensversicherung vorzeitig auflösen, weil sie das Geld brauchen. Sei es, um einen teuren Kredit zu tilgen, oder den Verlust des Jobs finanziell zu verkraften. Dabei lohnt es sich, vor der Kündigung auch andere Möglichkeiten zu prüfen. Castelló rät, eine Laufzeitverkürzung zu beantragen: Sie steht nicht im Vertrag, aber die meisten Versicherer lassen mit sich verhandeln.

Lebensversicherungen: Die Tabelle zeigt verschiedene Anbieter und ihre Konditionen.

Die Tabelle zeigt verschiedene Anbieter und ihre Konditionen.

(Foto: Graphik: SZ)

Verbraucher sollten deshalb auf jeden Fall nachfragen, wieviel bei einer Laufzeitverkürzung auf drei bis fünf Jahre am Ende herausspringt und diesen Betrag dann mit dem Rückkaufswert vergleichen. Wer sich bereits im letzten Drittel seiner Vertragslaufzeit befindet und eigentlich aussteigen will, dem empfiehlt Castelló, den Vertrag beitragsfrei zu stellen. Eine andere Möglichkeit wäre außerdem, eine eventuell vereinbarte Dynamik zu streichen, die die Beiträge regelmäßig steigen lässt. Hilft das alles nicht, kann der Versicherte die Police auch verkaufen. Nach Erfahrungen der Stiftung Warentest holt der Versicherte damit mehr heraus, als wenn er den Vertrag kündigt.

Nur Veträge mit bestimmter Restlaufzeit

Der Verbraucher sollte sich dabei möglichst viele Angebote von Aufkäufern einholen. Weidenbach rät, am besten eine Kopie des Versicherungsscheins an die Anbieter zu schicken. Viele von ihnen haben allerdings Mindestvoraussetzungen. Wer den Vertrag nur wenige Jahre nach Abschluss wieder zu Geld machen will, hat auf dem sogenannten Zweitmarkt so gut wie keine Chance.

Zweitverwerter interessieren sich erst für Verträge mit einem bestimmten Rückkaufswert und einer bestimmten Restlaufzeit. Marktführer Cash Life kauft zum Beispiel keine Policen, die noch länger als 15 Jahre laufen. "Verbraucher sollten außerdem darauf achten, dass sie das Geld des Verkaufs sofort bekommen - und nicht in Raten", sagt Weidenbach.

Bisher erwarben Zweitverwerter wie Agis oder CFI Fairpay Lebensversicherungsverträge direkt beim Inhaber der Police oder über Makler. Seit einiger Zeit gibt es auch Auktionsplattformen im Internet. Die Betreiber dieser Online-Börsen werben damit, dass Kunden mit Hilfe des Auktionsverfahrens bessere Preise erzielen könnten.

So bietet beispielsweise das Unternehmen Lifejack seit dem Jahr 2007 Online-Auktionen an. Verbraucher können dort ihre Police ähnlich wie beim Online-Auktionshaus Ebay anbieten. Der Verkäufer kann einen Mindestverkaufspreis festsetzen, einen Preis, für den er sofort verkauft, oder interessierte Käufer können ein Kaufpreisangebot abgeben.

Kommt ein Kaufvertrag zustande, zahlen sowohl Käufer als auch Verkäufer ein Prozent Gebühr an Lifejack. Seit vergangenem Herbst gibt es auch eine Internet-Handelsplattform der Börse Hamburg-Hannover, die im Prinzip wie Lifejack funktioniert. Nur die Gebühren sind niedriger: 0,8 Prozent werden dort beim Kaufabschluss fällig.

Es lohnt sich also, vor der geplanten Kündigung zu verhandeln, zu versteigern oder zu verkaufen.

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