Lebensversicherung: Geringe Rendite:... und im Alter fehlt das Geld

Lange Zeit galten Lebensversicherungen als renditestarke Vorsorge. Doch das hat sich geändert. Kunden müssen mit drastischen Einbußen rechnen.

Alexander Mühlauer

Statistisch gesehen hat jeder Deutsche eine Lebensversicherung. Kein Wunder, galt sie doch lange Zeit als ertragreiche Altersvorsorge. Seit Ausbruch der Finanzkrise haben es die Versicherer jedoch zunehmend schwer, die garantierten Renditen auf dem Kapitalmarkt zu verdienen.

"Die aktuelle Verzinsung ist der schlechteste Wert seit Beginn unserer Aufzeichnungen im Jahr 1995", sagt Manfred Poweleit, der mit seinem Versicherungsanalysehaus Map-Report die Branche beobachtet. Mitte der neunziger Jahre lag die durchschnittliche Guthabenverzinsung von 45 untersuchten Firmen bei 7,4 Prozent. Nun ist sie auf 4,22 Prozent abgestürzt (siehe Grafik unten). "Diese Entwicklung ist für die Kunden besorgniserregend", sagt Poweleit.

Eine Beispielrechnung von Map-Report verdeutlicht das Ausmaß des Verlustes, der auf die Versicherten zukommt. Ein Mann, 30, Journalist, Nichtraucher, zahlt 30 Jahre lang jährlich 1200 Euro in eine Kapitallebensversicherung ein. Schließt er diese 2010 ab und hält den Vertrag bis zum Ende der Laufzeit durch, kann er im Durchschnitt mit einer Auszahlung von 63.843 Euro rechnen.

Zum Vergleich: Im Jahr 2001 zahlten Lebensversicherer ihren Kunden bei gleicher Vertragskonstellation durchschnittlich 104.600 Euro aus. Zieht man den eingezahlten Beitrag von 36.000 Euro ab, steht unter dem Strich ein Zinsgewinn von 68.600 Euro. Legt man dieser Rechnung die Verzinsung von 2010 zugrunde, bleibt nach Abzug der Einzahlung nur ein Zinsgewinn von 27.843 Euro übrig - also 40.757 Euro weniger. "Dieses Geld fehlt im Alter", sagt Poweleit.

Ungewisse Zukunft für Lebensversicherer

Auch Tim Ockenga, Leiter des Versicherungsteams bei der Ratingagentur Fitch, sieht die Lebensversicherer vor einer ungewissen Zukunft. Bei den anhaltend niedrigen Kapitalmarktzinsen falle es den Gesellschaften immer schwerer, die garantierten 2,25 Prozent Garantiezins zu erwirtschaften.

Im Grunde ergeht es den Unternehmen auch nicht anders als dem Privatanleger: Sie wissen nicht so recht, wo sie das Geld anlegen sollen. Der langfristige Kapitalmarktzins seit 1955 liegt bei 6,57 Prozent. Zum letzten Mal wurde dieser Wert Mitte der neunziger Jahre erreicht. Zurzeit notiert die Umlaufrendite festverzinslicher Wertpapiere nicht einmal bei drei Prozent.

Neue Geschäftsmodelle boomen

Neben der Niedrigzinspolitik der Notenbanken stehen die Versicherer noch vor anderen Problemen. Hatten die Gesellschaften 1970 noch fast 13 Prozent ihrer Kapitalanlagen am Immobilienmarkt investiert, sind es heute nur noch etwa zwei Prozent. Und an den Finanzmärkten ist nach wie vor ein nahezu unberechenbares Auf und Ab zu beobachten. Poweleit geht sogar so weit, dass er vor Gesellschaften warnt, die mit zu hohen Renditen um das Geld der Kunden buhlen: "Sie könnten zu hohe Risiken am Aktienmarkt eingegangen sein."

Neue Geschäftsmodelle boomen

Die Bundesanstalt für Finanzdiestleistungsaufsicht (Bafin) beobachtet die Lage der Lebensversicherer deshalb genau. Bafin-Präsident Jochen Sanio geht davon aus, dass einige Gesellschaften ihre Renditen in diesem Jahr senken werden. Aus diesem Grund suchen Unternehmen wie Kunden nach Auswegen.

So boomt derzeit im Gegensatz zum traditionellen Geschäft mit laufenden monatlichen Beiträgen eine andere Form der Zahlungsweise: das Einmalgeschäft, bei dem die Kunden große Beträge auf einmal anlegen. Während die Einmalbeiträge im Jahr 2009 um rund 60 Prozent wuchsen, schrumpfte das traditionelle Geschäft mit Lebens- und Rentenversicherungen um etwa 3,3 Prozent.

Die Policen mit Einmalbeiträgen wurden in der Finanzkrise als sichere, meist kurzfristige Geldanlage, etwa für auslaufende Lebensversicherungen, genutzt, erklärte der Chef des Branchenverbandes GDV, Rolf-Peter Hoenen, am Donnerstag in Berlin. Doch trotz der Probleme erwartet er mittlerweile im Jahr 2010 "stabile, wenn nicht sogar leicht wachsende Beitragseinnahmen". Im Herbst hatte Hoenen für 2010 noch den ersten Einnahmerückgang seit Jahrzehnten vorausgesagt.

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