G-20-Gipfel:Wenig Hoffnung auf Finanzmarktsteuer

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Industrie-Staaten streiten bei G-8-Gipfel in Kanada auch über die Einführung einer weltweiten Bankenabgabe. Der US-Kongress hat derweil ein Gesetz zur Regulierung der Finanzmärkte beschlossen.

Claus Hulverscheidt und Nikolaus Piper

Ohne große Hoffnung auf konkrete Ergebnisse haben am Freitagabend in Kanada die Gipfelberatungen der führenden Industrie- und Schwellenländer begonnen. Wie aus Verhandlungskreisen verlautete, gab es weder in der Diskussion über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Finanzpolitik noch in der Debatte über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder einer Bankenabgabe Fortschritte. In einigen Fragen verhärteten sich die Fronten sogar.

Am Abend kamen in Huntsville nördlich von Toronto zunächst die Staats- und Regierungschefs der acht großen Industrienationen (G-8) zusammen. Auf der Tagesordnung stand die allgemeine wirtschaftliche und politische Lage, im weiteren Verlauf sollte es um den Zusammenhang zwischen Kriminalität und Terrorismus, den Kampf gegen die Armut sowie die großen Konfliktherde der Welt von Afghanistan bis Nordkorea gehen.

Parallel dazu liefen auf Arbeitsebene bereits die Verhandlungen über eine gemeinsame Gipfelerklärung der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20), über die die Regierungschefs an diesem Samstag und Sonntag abschließend beraten wollen. Zur G-20 zählen außer den G-8 (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Russland, Kanada und die USA) die wichtigsten aufstrebende Volkswirtschaften wie China, Brasilien und Südafrika.

Auch Schwellenländer gegen Finanztransaktionssteuer

Wie aus dem Entwurf des G-20-Kommuniqués hervorgeht, sind sich die beteiligten Regierungen weder in der Frage der Transaktionssteuer noch im Streit über die künftige wirtschaftspolitische Strategie einig. Der Streit darüber, ob die G-8-Staaten den Abbau der hohen Haushaltsdefizite oder die Stärkung des Wirtschaftswachstums in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen sollen, spitzte sich sogar zu. US-Finanzminister Timothy Geithner verlangte vor Beginn des Treffens, Europa müsse sich nicht nur um den Schuldenabbau, sondern auch um eine Stärkung der Konjunktur kümmern. Dagegen betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel, es sei "jetzt an der Zeit, Defizite zu reduzieren".

Gegen die Einführung einer Finanztransaktionssteuer wehrten sich nicht nur die Industriestaaten mit einem großen Finanzsektor wie die USA und Großbritannien, sondern auch mehrere Schwellenländer. Sie wollen ihren heimischen Bankensektor weiter ausbauen und verhindern, dass den Kreditinstituten ihr Wachstum durch eine strengere Regulierung erschwert wird. Kaum besser standen die Chancen für die Einführung einer Bankenabgabe. Zwar ziehen hier die Europäer und die USA an einem Strang, vor allem Kanada und Australien drohen jedoch mit einer Blockade.

In den USA hatte sich unmittelbar vor Beginn des G-8-Gipfels der Vermittlungsausschuss von Senat und Repräsentantenhaus auf strengere Regeln für die Institute geeinigt. Das Gesetz, um das mehr als ein Jahr gerungen wurde, wird zur umfassendsten Reform des US-Bankwesens seit der Weltwirtschaftskrise vor 80 Jahren führen. Der Ausschuss beschloss, das Geschäft der Geldhäuser mit komplexen und riskanten Finanzprodukten deutlich einzuschränken. Die Banken müssen zudem auf einen Teil ihres lukrativen Eigenhandels mit Wertpapieren verzichten. Im Falle einer bevorstehenden Pleite können Institute geordnet abgewickelt werden.

© SZ vom 26.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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