Kursverluste bei Bankaktien:Quel désastre - welch ein Desaster

Es war ein dramatischer Tag an der Börse: Die Aktien deutscher und französischer Banken brechen zunächst ein, jagen dann aber ins Plus. Dennoch: Der Kurs der BNP Paribas liegt mittlerweile wieder auf dem Niveau der frühen neunziger Jahre. Bei deutschen Instituten sieht es noch verheerender aus.

Der eine ist ein junger Karrierebanker, der andere ein alter Hase. Doch Frédéric Oudéa und Michel Pébereau haben eines gemeinsam: Sie müssen den schwersten Job machen, den die Bankenwelt derzeit wohl zu bieten hat. Die Chefs der französischen Großbanken Société Générale und BNP Paribas kämpfen um das Vertrauen der Sparer und der Börsen.

DAX

Die Bronzeskulptur des Bären vor der Börse in Frankfurt, Symbol für die Abwärtsbewegung an den Börsen. Vor allem das Vertrauen in Bankaktien schwindet.

(Foto: dpa)

"Ich versichere den Sparern, ich versichere unseren Kunden, dass alles funktioniert", sagte SocGen-Chef Oudéa noch am Montagabend. Zuvor hatte seine Bank einen Sparplan vorgestellt, mit dem vor allem die panischen Märkte beruhigt werden sollen. Das nutzte erstmal nichts: Der Aktienkurs der Bank rauschte an Dienstagmorgen um mehr als zehn Prozent in die Tiefe, erholte sich dann und drehte im späten Geschäft sogar deutlich ins Plus. Auch die Aktie der BNP Paribas erholte sich nach einem frühen Einbruch in zweistelliger Höhe.

Die brutalen Kursschwankungen treffen nicht nur Frankreichs Finanzhäuser: Auch die Deutsche Bank verlor am Dienstagvormittag deutlich, um dann fast acht Prozent ins Plus zu springen. Die Commerzbank gewann nach einer Schwächephase am Mittag mehr als zwei Prozent im Vergleich zum Vortag hinzu.

Der Dax war zuerst um bis zu zwei Prozent abgerutscht, notierte am Nachmittag aber wieder mehr als zwei Prozent fester als am Vortag zu Börsenschluss.

Doch die Erholung kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie schlecht es um die Banken steht. Der Blick zurück zeigt die Dimension des Vertrauensverlustes in die Kreditwirtschaft. Der Börsenwert von Société Générale, BNP Paribas und Deutscher Bank ist seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 auf Werte gefallen, die sogar unter denen der frühen neunziger Jahre liegen. Bei der Commerbank ist die Lage noch dramatischer. Über Jahrzehnte war der Kurs nicht so tief wie heute.

Allein seit Anfang Juli hat die SocGen-Aktie rund 60 Prozent an Wert verloren. Die Kurse von Deutscher Bank und Commerzbank haben sich seit Anfang Juli etwa halbiert.

Grund für die dramatischen Kursverluste ist das Engagement der Institute in Griechenland.

"Das Vertrauen ist völlig zerstört"

Doch in den vergangenen Monaten trennten sich Frankreichs Geldhäuser nach und nach von den gefährlichen Papieren. Die vier größten Banken besaßen nach eigenen Angaben im Juni zusammen nur noch etwa sieben Milliarden Euro an griechischen Bonds. Damit wurden die Institute ihre Probleme allerdings nicht los, denn in letzter Zeit richtete sich das Augenmerk der Märkte vermehrt auf die italienischen Anleihen, die ebenfalls deutlich an Wert eingebüßt haben. Davon besaßen die französischen Banken im Juni nach eigenen Angaben Papiere im Wert von mehr als 35 Milliarden Euro.

Allein die BNP als größte französische Bank besaß italienische Bonds für 21 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Die deutsche Commerzbank hielt ausweislich der Angaben im Bankenstresstest Ende Juni italienische Papiere für 8,7 Milliarden Euro.

Noch am Montag hatte Frankreichs Regierung die Stabilität des französischen Bankensektors betont. "Was auch immer das griechische Szenario sein mag, die französischen Banken haben die Mittel, darauf zu reagieren", sagte Finanzminister François Baroin. Die Äußerungen waren auch eine Reaktion auf Gerüchte, wonach die Ratingagentur Moody's die Banken des Landes noch diese Woche im Rating herabstufen wird.

"Das Vertrauen ist völlig zerstört, der Markt stürzt sich auf die Banken", sagte Xavier de Villepion, Aktienhändler bei Global Equities. Grund sind nicht nur die Staatsanleihen, sondern auch Liquiditätsprobleme. So sollen die französischen Kreditinstitute, die den Banken-Stresstest im Sommer alle bestanden, nicht genügend Dollar zur Verfügung haben. BNP musste einen Bericht des Wall Street Journal dementieren, in dem die Zeitung einen Bankenoberen mit den Worten zitierte: "Wir können uns nicht mehr mit Dollar finanzieren".

Hinter den Spekulationen steckt die Angst, dass sich die Banken wie in der Krise 2008 kein Geld mehr gegenseitig leihen, so dass der Staat eingreifen muss. Selbst über eine Verstaatlichung der Institute wird in Frankreich diskutiert, Industrieminister Eric Besson winkte allerdings sofort ab: Die Idee gehe "an der Sache vorbei".

Den französischen Instituten bleibt jetzt nur, weiter um ihren Ruf zu kämpfen. Frédéric Oudéa und andere Bankenchefs wollen noch am Dienstag gemeinsam ein Zeichen setzen: Sie wollen in die USA fliegen, um dort die Anleger zu beruhigen.

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