Kritik des Rechnungshofs:Prassen auf unsere Kosten

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Millionenverschwendung: Der Rechnungshof moniert den laxen Umgang mit Steuergeldern. Als Beispiele nennen die Prüfer unnötige Bauprojekte, überzogene Abfindungen - und Sozialleistungen.

Der Umgang der öffentlichen Hand mit Steuer- und Beitragsgeldern ärgert den Bundesrechnungshof (BRH). In einem erstmals vorgelegten Zusatz-Prüfbericht kritisieren die Prüfer die Verschleuderung von Mitteln in 15 Fällen. BRH-Präsident Dieter Engels betonte, eine konsequente Korrektur von Fehlentwicklungen sei dringend geboten. "Angesichts der historischen Neuverschuldung gewinnt jede Einsparung und jede Effizienzsteigerung beim Bund an Bedeutung für die Handlungsfähigkeit des Staates." Im Mittelpunkt der Kritik stehen fehlendes Kostenbewusstsein in der Verwaltung und auch mangelhafte Kontrolle. Insgesamt summieren sich die aufgelisteten Mängel zu Ausfällen in hoher zweistelliger Millionen-Zahl.

Besonders deutlich rügen die Prüfer die unangemessen hohen Abfindungen für Krankenkassen-Vorstände. So seien in drei Fällen zweifelhafte Abfindungsverträge abgeschlossen worden, die zur unnötigen Ausgabe von 1,6 Millionen Euro aus Versichertengeldern geführt hätten.

Schon im letzten Jahresbericht vom Dezember 2009 sei festgestellt worden, dass die Vergütungen der Vorstandschefs großer Krankenkassen in 90 Prozent der Fälle überhöht seien, sagte ein Sprecher. Die nun neu aufgedeckten Missstände müssten endlich dazu führen, dass alle Verträge für Kassen-Vorstände künftig behördlich geprüft werden.

Fehlendes Kostenbewusstsein

"Das prangern wir an, ein solches Vorgehen gerade in Zeiten finanzieller Probleme bei den Kassen ist nicht legitimierbar", sagte der Behördensprecher weiter.

Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Fälle von Geldverschwendung, die der Bundesrechnungshof anprangert:

Eine Rüge muss sich auch das Bundesinnenministerium gefallen lassen, weil es den unangemessen teuren Erweiterungsbau einer parteinahen Stiftung in Berlin mit 18,9 Millionen Euro gefördert habe.

Die Kosten für den Bau hätten 35 Prozent über den Aufwendungen der Gebäude des Auswärtigen Amtes und des Bundesgerichtshofes gelegen. Dabei wiesen diese zwei Bauten einen hohen bis sehr hohen Standard auf, so die Prüfer. Ein vergleichbares Gebäude einer anderen parteinahen Stiftung sei sogar 58 Prozent billiger gewesen, das Ministerium hätte das unwirtschaftliche Bauvorhaben daher nicht genehmigen dürfen.

Eine Schelte kassiert auch das Bundessozialministerium. Der Bundesrechnungshof moniert, dass die Rentenversicherungsträger die Renten häufig falsch berechnen und daher knapp eine Million Fälle überprüft werden müssten. Der Aufwand hierfür betrage 18 Millionen Euro.

Schon vor mehr als einem Jahr habe der Bundesrechnungshof deswegen ein Verfahren vorgeschlagen, wie die Fehler vermieden werden könnten. Das Ministerium solle endlich dafür sorgen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen würden.

Außerdem stockten die Träger der Rentenversicherung ihr Personal in den Beratungsstellen - oft in teuerster Innenstadtlage - auf, obwohl die Besucherzahlen rückläufig waren.

Dem Bundesverkehrsministerium halten die Prüfer gleich mehrere Verfehlungen vor. So genüge die Behörde nicht ihrer Aufsichtspflicht beim Bau neuer Eisenbahnstrecken. Konkret gehe es um einen neuen Schienenweg mit einer Länge von 18 Kilometer, bei der 17 Brücken gebaut worden seien. Davon waren drei Brücken nach Auffassung des Bundesrechnungshofes völlig unnötig, da sie nur unbefestigte Feldwege kreuzen. Für die zusätzlichen Kosten in Höhe von sieben Millionen Euro steht gleichwohl das Ministerium gerade.

Zudem fühlt sich der Bundesrechnungshof durch das Verkehrsministerium behindert. So würden Prüfungsmitteilungen manchmal länger als ein Jahr nicht beantwortet. Die Folge aus Sicht der Prüfer: Baumaßnahmen würden begonnen oder fortgeführt, die unwirtschaftlich seien oder die der Bund gar nicht finanzieren müsste.

Ausdrücklich kritisierten die obersten Rechnungsprüfer das Land Berlin, das dem Bund jährlich einen Millionenschaden zufüge. Berlin zahle für Arbeitssuchende gesetzeswidrig überhöhte Unterkunftskosten und wälze dies anteilsmäßig auf den Bund ab. Obwohl Berlin deswegen bereits vom Bundessozialgericht zu hohem Schadenersatz verurteilt worden sei, gehe diese Praxis weiter.

Die Bundeswehr handelte sich ebenfalls einen Rüffel ein: Sie habe 42 Millionen Euro für ein IT- System für Heer, Luftwaffe und Marine in den Sand gesetzt. Die Summe müsse nun vom beauftragten Unternehmen wegen nicht erbrachter Leistung zurückgefordert werden.

© sueddeutsche.de/dpa/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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