Krisenbank KfW:Programm ohne Löschtaste

Hohn, Spott und jede Menge Ärger für die KfW: Nach der Lehman-Panne stellt sich die Frage, warum keiner die Zahlung gestoppt hat. Dazu kommt: Lehman Brothers nahm das Geld zuerst gar nicht an.

Helga Einecke

Mitarbeiter der Staatsbank KfW sind geschockt. Wildfremde Leute rufen sie an, schimpfen drauf los und steigern sich bis zu Morddrohungen. Das passiert, weil ihre Telefonnummern auf der KfW-Seite im Internet zu finden sind.

Krisenbank KfW: Hohn, Spott und jede Menge Ärger für die KfW. Nach der Lehman-Panne gibt es jetzt erste Konsequenzen.

Hohn, Spott und jede Menge Ärger für die KfW. Nach der Lehman-Panne gibt es jetzt erste Konsequenzen.

(Foto: Foto: AP)

Was die Bürger so auf die Palme bringt, haben sie in der Zeitung gelesen. KfW-Mitarbeiter versenkten 350 Millionen Euro, weil sie noch Geld an die US-Investmentbank Lehman Brothers überwiesen, obwohl die schon pleite war. Das Geld gehört eigentlich dem Steuerzahler, denn die KfW arbeitet im öffentlichen Auftrag und gehört dem Bund und den Ländern. Die Lehman-Panne ist noch klein im Vergleich zu den acht bis zehn Milliarden Euro, die für die Rettung der Mittelstandsbank IKB ausgegeben werden musste, fünf Milliarden Euro allein aus der Kasse der KfW.

Es fällt den KfW-Mitarbeitern offensichtlich schwer zu begreifen, dass sie für die Verschwendung öffentlicher Gelder mitverantwortlich gemacht werden. Erklären musste ihnen das bei einer Mitarbeiterversammlung am Freitagnachmittag ihr neuer Chef Ulrich Schröder. Er bemühte sich, Tadel und Lob gleichmäßig zu verteilen und seine Leute, die er für die künftigen Aufräumarbeiten dringend braucht, hinter sich zu bringen. Nach einer halben Stunde bekam er sogar Applaus.

Vorstände müssen gehen

Das muss ihm gut getan haben, denn am Abend zuvor hatte er von seinem Verwaltungsrat für die Lehman-Panne selbst den Kopf gewaschen bekommen. Peinlich, peinlich, schließlich ist Schröder erst seit Anfang September im Amt und als Sanierer geholt. Er behielt die Nerven und suspendierte Manager.

Rainer Hartje, Bereichsleiter Risikomanagement- und Controlling, musste gehen wie die beiden Vorstandsmitglieder Peter Fleischer und Detlef Leinberger. Fleischer, 53, hat wie sein neuer Chef bei der WestLB gelernt, kam 2003 zur KfW und war bis Ende August für die Steuerung der Risiken verantwortlich. Leinberger, 59, hat 33 Jahre lang nur für die KfW gearbeitet, sich nach oben gedient und im Vorstand erst Anfang September den Risikobereich übernommen. Er hatte vorher noch ein anderes schwieriges Amt, war Mitglied des Aufsichtsrats der IKB Bank. Offiziell sind die drei suspendiert, dass heißt nicht entlassen, sondern bis zur Klärung der Vorgänge ihrer Aufgaben enthoben.

Teil der Insolvenzmasse

Die werden nun von Außenstehenden gesichtet. Schröder beauftragte eine Anwaltskanzlei mit der juristischen Prüfung. Wirtschaftsprüfer sollen darüber hinaus alle Geschäftsabläufe, insbesondere das Risikomanagement, untersuchen. Die "Vorgänge" berühren alltägliche Geschäfte der KfW. Bereits vor einiger Zeit hatte die Bank mit Lehman Brothers einen Währungstausch vereinbart, Swap heißt das in der Fachsprache. Man sichert sich mit solchen Geschäften gegen Kursschwankungen und schließt damit letztlich eine Wette auf die Entwicklung von Dollar oder Euro ab.

Geschäfte in dreistelliger Millionenhöhe müssen durch mehrere Kontrollinstanzen, die bei der KfW Transaktionsmanagement, Risikocontrolling und Rechtsabteilung heißen. Auch das Lehman-Geschäft war offenbar früher geprüft, abgesegnet und "ins System eingestellt" worden.

Offenbar kümmerte sich dann niemand mehr um den Fall und den sich verschlechternden Ruf von Lehman. Am Montagmorgen, als die Pleite von Lehmann bereits öffentlich war, lief jedenfalls angeblich nur noch das Computerprogramm ab, das die 317 Millionen Euro überwies, ohne dass ein Mensch in der großen Bank stopp gerufen oder auf eine Löschtaste gedrückt hätte. Lehman tauschte den Betrag aber zuerst gar nicht ein. Als er dann zwei Tage später tatsächlich fällig wurde, hatte sich der Wechselkurs für die KfW verschlechtert, sie musste sogar 350 Millionen Euro anstelle der vereinbarten 317 Millionen Euro zahlen.

Neue Zeiten brechen an

Das ist noch nicht alles. Die KfW hat mit Lehman noch andere Geschäfte gemacht. Sie handelte Wertpapiere im Wert von 200 Millionen Euro. Wie hoch die Verluste dabei sein werden, bleibt offen. Schröder versprach, bei der nächsten Sitzung des Verwaltungsrats erste Ergebnisse abzuliefern. Nicht nur Schröder muss Tempo machen, auch sein Verwaltungsrat steht unter politischem Druck. Alle Parteien sind darin vertreten, viele Bundesminister, Ministerpräsidenten und Länderfinanzminister.

Die Mitarbeiter in der KfW-Zentrale waren bisher stolz auf ihre Bank. "Viele von uns glaubten, Gutes zu tun", sagte einer. Die 350 Millionen Euro aber sind schlecht angelegt, sie gehören zur Konkursmasse der Lehman-Gläubiger. Die vermeintlichen Wohltäter müssen umdenken. Die KfW erlebt tiefgreifende Veränderungen, ihre gute alte Staatsbank gehört der Vergangenheit an.

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