Kreditauskunft Schufa:Geheime Schuldenformel vor Gericht

Lesezeit: 2 min

Seit April 2010 können Verbraucher bei der Schufa einmal im Jahr kostenlos ihre Daten abfragen. (Foto: dpa)

Für Verbraucher ist er die Hürde zum neuen Auto oder zur neuen Wohnung, für die Schufa das wichtigste Betriebsgeheimnis: der Score, mit dem sie die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern beurteilt. Nun verhandelt der Bundesgerichtshof, ob die Firma ihre Berechnungsmethoden offenlegen muss.

Von Oliver Hollenstein

Auch wenn man in der Vergangenheit nichts falsch gemacht hat, heißt das nicht, dass man in der Zukunft nicht etwas falsch machen könnte. Oder konkreter: Auch wer in der Vergangenheit immer alle Rechnungen bezahlt hat, könnte in Zukunft zum Schuldner und Zechpreller werden. Rein statistisch.

Klingt etwas wirr? So funktioniert das Geschäftsmodell der Kreditauskunft Schufa. Wer eine neue Wohnung mieten, einen Handyvertrag abschließen oder einen Kredit aufnehmen will, hängt als Verbraucher am Urteil der Wiesbadener Firma. Oder besser gesagt: an einer Prozentzahl, die diese an ihre Kunden verkauft. Der sogenannte Score ist die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Kunde seinen Kredit wohl zurückzahlen wird. Um diese Zahl gibt es nun Ärger.

Der Bundesgerichtshof verhandelt heute, ob die Schufa erklären muss, wie sie zu dieser Bewertung kommt. Eine Frau aus Mittelhessen hat sich bis zur höchsten Instanz hochgeklagt, nachdem die Schufa ihre Kreditwürdigkeit gegenüber Banken mit 92,9 Prozent und gegenüber Telekommunikationsunternehmen mit 81,1 Prozent eingestuft hatte. Im System der Schufa heißt das: Erhöhtes Risiko und hohes Risiko für den Kreditgeber, dass sie nicht zahlt. Dabei hatte die Frau einen festen Arbeitsplatz und ein Haus.

Für ihr Urteil bewerten die Kreditprüfer, ob der Verbraucher schon einmal Rechnungen nicht bezahlt oder Kredite nicht bedient hat, so viel ist klar. Aber: "Auch wenn in der Vergangenheit immer ein vertragsgemäßes Verhalten vorlag, kann es statistisch sein, dass es in der Zukunft zu Zahlungsstörungen kommt", erklärt die Schufa. Es gebe im Leben Situationen, in denen das Risiko steige, einen Kredit nicht zurückzahlen zu können, selbst wenn der Verbraucher das gar nicht wolle.

Welche Situationen das sind, verrät die Schufa allerdings nicht. Und schon gar nicht, aus welchen Zahlen und Berechnungen sie dieses Urteil speist. Auf ihren Internetseiten schreibt die Firma, was alles in die Score-Berechnung eingeht: Geburtsdatum, Geschlecht, wie oft ein Verbraucher seine Anschrift und sein Girokonto wechselt oder wie häufig er überhaupt Kredite in Anspruch nimmt.

Auch was nicht einbezogen wird, steht dort: Die Staatsangehörigkeit, die ethnische Herkunft, politische und religiöse Ansichten, beispielsweise. Auch der Beruf, das Einkommen, der Familienstand oder die Wohngegend würden nicht einberechnet, heißt es.

Doch woraus schließt die Schufa dann, dass sich ein Verbraucher in einer Lebensphase befindet, in der das Ausfallrisiko hoch ist? Die Schufa verweist auf ihre statistischen Methoden, die sich bewährt hätten und auch immer wieder von Wissenschaftlern bestätigt wurden.

Die Frau aus Mittelhessen gab sich damit nicht zufrieden. Die Angestellte aus dem Landkreis Gießen wollte im Oktober 2011 einen Mini Cooper leasen. Doch der Leasingvertrag wurde verweigert. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass es nur eine Namensverwechslung gab, bekam die Frau den Vertrag - wunderte sich aber über ihre Score-Bewertung und klagte.

Das Amtsgericht Gießen wies die Klage im Oktober 2012 ab. Die Schufa informiere ausreichend über ihre Berechnung. Es bestehe kein Anspruch darauf, "mit der Auskunft die Berechnung selbst überprüfen zu können". Das Landgericht Gießen bestätigte im vergangenen März das Urteil, ließ aber die Revision zum Bundesgerichtshof zu.

Dort müssen die Richter nun abwägen: Die Berechnungsmethode sei Geschäftsgeheimnis, argumentiert die Schufa und verweist auf "zahllose Entscheidungen" unterer Instanzen, die ihr recht gegeben hätten. Die Gefahr bestehe, dass Nachahmer das Geschäftsmodell imitierten.

Kritiker der Schufa zitieren dagegen das Bundesdatenschutzgesetz. Dort heißt es, dass Auskunftsdateien den Betroffenen "das Zustandekommen und die Bedeutung der Wahrscheinlichkeitswerte einzelfallbezogen und nachvollziehbar in allgemein verständlicher Form" erläutern müssen. Ob heute schon eine Entscheidung fällt, ist bisher noch nicht klar.

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: