Krankenkasse AOK:"Das können wir selbst und zwar besser"

Die AOK erwägt den Einstieg in das Geschäft mit Zusatzversicherungen. Künftig will sie dann etwa auch Zahnersatz versichern. Damit bekommen die privaten Kassen Konkurrenz.

Guido Bohsem

Die AOK erwägt offenbar einen bundesweiten Einstieg in das Geschäft mit Zusatzversicherungen. Künftig könnten dann AOK-Versicherte Auslandsreise-Versicherungen, Zahnersatz oder Ein-Bett-Tarife im Krankenhaus direkt bei ihrer Kasse abschließen. Derzeit ist das zumeist nur in Zusammenarbeit mit einem privaten Versicherungsunternehmen möglich.

Die AOK will nun auch Zusatzversicherungen anbieten.

Die AOK will nun auch Zusatzversicherungen anbieten.

(Foto: ddp)

In einem ersten Schritt beendete die AOK nach Informationen der Süddeutschen Zeitung die seit 2004 bestehende bundesweite Zusammenarbeit mit dem privaten Versicherungsanbieter DKV. Die etwa 500.000 geschlossenen Verträge bleiben weiterhin gültig, ein weitere Kooperation wird es aber nicht mehr geben.

Sollten die Ortskrankenkassen geschlossen in das Geschäft mit den Zusatzversicherungen drängen, könnte das den Markt umwälzen. Schon die Masse der AOK-Versicherten beschreibt das Potential, das hinter der Idee steckt. 23 Millionen Menschen sind Kunden bei den dreizehn AOK, rund ein Drittel der Bevölkerung. Bisher ist der Markt der Zusatzversicherungen fest in der Hand der privaten Anbieter. Diese Position dürfte dann ins Wanken geraten.

Erfolgreiches Modell

Modell für das Vorhaben dürfte die AOK Rheinland/Hamburg sein. Die Kasse war vor drei Jahren in das Geschäft eingestiegen und hat inzwischen rund 200.000 Policen verkauft. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Reise-Krankenversicherungen. Aber auch Zwei- und Ein-Bett-Tarife sowie Zahnersatz ist im Angebot - alles ohne vorherige Gesundheitsprüfung und zumeist günstiger als die private Konkurrenz. Eine Chefarzt-Behandlung bietet die Kasse hingegen nicht an, obwohl das möglich wäre.

AOK-Chef Wilfried Jacobs hatte eine Klausel in der Gesundheitsreform der großen Koalition genutzt, um in das Geschäft einzusteigen. Vor allem der Union war das ein Dorn im Auge, weil die Parlamentarier ursprünglich gar nicht die Absicht hatten, den gesetzlichen Krankenkassen den Verkauf von Zusatzversicherungen zu erlauben. Union und FDP verzichteten jedoch in der jüngsten Reform darauf, das Geschäftsmodell zu verbieten. Stattdessen wurde es abgesichert, wenn auch mit schärferen Auflagen bei der Aufsicht. Der Verband der Privaten Krankenversicherer hat dagegen ebenso heftig wie vergeblich protestiert.

Durch die gestiegene Rechtssicherheit sehen sich nun auch die anderen Ortskrankenkassen in der Lage, auf die Zusammenarbeit mit der DKV oder anderen privaten Anbietern zu verzichten. "Das können wir selbst und zwar besser", urteilt ein hochrangiger AOK-Funktionär durchaus selbstbewusst.

Tatsächlich könnte die Entscheidung der AOK die Debatte des kommenden Jahres prägen, wenn auch nicht im Gesundheits-, sondern im Pflegebereich. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will die Finanzierung reformieren und hat bereits angekündigt, die Pflegeversicherung dazu mit einer Zusatzversicherung zu ergänzen. Nach bisherigen Überlegungen soll das Vorhaben so ähnlich ausgestaltet werden wie der Renten-Riester. Das heißt, die Versicherten schließen mit einem privaten Anbieter eine Zusatzversicherung ab - ein florierendes Geschäft für die Assekuranzen, auf das man auch im Pflegebereich hoffte.

Wenn die AOK nun bundesweit die Möglichkeit eigener Zusatzversicherungen testet, dürfte sie auch dieses Geschäft mit im Auge haben. Das gilt vor allem, sollte die Zusatzversicherung bei der Pflege zur Pflicht werden.

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