Klimaschutz:Barometer für Klimafreunde

Spezielle Indizes können beim Sortieren von Ökoaktien helfen - doch mit der Zahl der Angebote wächst die Unübersichtlichkeit in der Branche.

Elke Dolle-Helms

Im Juni startete der ÖkoDax der Deutschen Börse AG, und seitdem hat er an manchen Tagen ähnlich viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen wie sein großer Bruder, der Dax. Beispielsweise Mitte November: Da rauschte der Nachhaltigkeitsindex binnen weniger Handelstage um mehr als 20 Prozent nach unten. Verantwortlich für den Absturz waren vor allem Finanzprobleme des Photovoltaik-Unternehmens Conergy.

Klimaschutz: Welche Firmen tragen zur globalen Erwärmung bei, welche tun etwas dagegen? Bei manchen Nachhaltigkeits-Indizes sind solche Fragen für die Auswahl der Mitgliedstitel entscheidend. Allerdings gibt es auch spezielle Börsenbarometer, die auf andere Kriterien achten - beispielsweise das soziale Engagement von Unternehmen.

Welche Firmen tragen zur globalen Erwärmung bei, welche tun etwas dagegen? Bei manchen Nachhaltigkeits-Indizes sind solche Fragen für die Auswahl der Mitgliedstitel entscheidend. Allerdings gibt es auch spezielle Börsenbarometer, die auf andere Kriterien achten - beispielsweise das soziale Engagement von Unternehmen.

(Foto: Foto: AP)

"Zehn davon braucht die Welt nicht"

Inzwischen hat sich der ÖkoDax wieder erholt, doch die Skepsis bleibt. Schließlich war die heftige Korrektur des Index ein Beispiel für die zum Teil extreme Schwankungsanfälligkeit enger Märkte. Das Börsenbarometer enthält nur zehn Werte aus dem Sektor Erneuerbare Energien, mehr als die Hälfte davon aus der Solarbranche. Entsprechend groß ist das Verlustrisiko für Anleger, die sich bei der Geldanlage am ÖkoDax orientieren oder beispielsweise in das ÖkoDax-Zertifikat der Deutschen Bank investiert haben.

Ähnliche Korrekturen gab es auch bei anderen Offerten, die sich an einem der inzwischen mehr als 15 grünen Indizes orientieren. Viele der nachhaltigen Börsenbarometer wurden erst 2007 aufgelegt. Ihre Anbieter wollen noch schnell am Boom nachhaltiger Aktien verdienen. Für kritische Anleger sollte der Index-Boom ein Zeichen sein, besonders genau hinzusehen. Denn so wichtig Indizes als Maßstab für den eigenen Investmenterfolg oder den eines Fonds sind: Fraglich ist, ob alle grünen Indizes wirklich nötig sind. "Mindestens zehn davon braucht die Welt nicht", sagt ein Insider, der nicht genannt werden möchte.

Nicht nur grüne Fonds und Zertifikate unterscheiden sich ganz erheblich, auch die Indizes, die den Offerten als Messlatte dienen. Große Unterschiede gibt es nicht nur in Bezug auf die Grundsätze, nach denen der jeweilige Index gebildet und die Werte ausgewählt werden, sondern auch bei der generellen Ausrichtung des Index. Mal werden nur Aktien von großen Konzernen berücksichtigt, mal nur Werte von kleinen Firmen und Mittelständlern. Mal sehen sich die Index-Anbieter nur in Deutschland und Europa um, mal weltweit. Vielfach werden gleich ganze Index-Familien entwickelt.

Paradebeispiel eines grünen Index

Erst im Oktober hat die Deutsche Börse gemeinsam mit der Baseler Bank Sarasin zwei neue Nachhaltigkeitsindizes aufgelegt, die deutlich breiter gestreut sind als etwa der ÖkoDax. Der "DaxGlobal Sarasin Sustainability Germany"-Index bildet die Kursentwicklung von derzeit 34 nachhaltig wirtschaftenden Unternehmen ab, die ihren Sitz in Deutschland haben, zum Beispiel die Konzerne Beiersdorf und Henkel sowie die Münchener Rück. Der Index für die Schweiz enthält derzeit 27 Unternehmen. Verantwortlich für die Auswahl der Unternehmen ist das erfahrene und als streng geltende Nachhaltigkeitsrating der Bank Sarasin.

Paradebeispiel eines grünen Index ist der inzwischen schon zehn Jahre alte Natur-Aktien-Index. Er wird nimmt weltweit grüne, überwiegend kleinere Unternehmen auf, die nicht nur sehr strengen Nachhaltigkeitskriterien genügen müssen, sondern gleichzeitig einen aktiven Beitrag zur ökologisch und sozial nachhaltigen Lösung von zentralen Problemen der Menschheit leisten. Verantwortlich für die Auswahl ist das Institut für Markt, Umwelt und Gesellschaft aus Hannover.

Ein ähnliches Konzept verfolgt der Global-Challenges-Index, den die Börse Hannover mit der Ratingagentur Oekom Research im September dieses Jahres aufgelegt hat. Der Index bildet die Kursentwicklung von weltweit 50 Titeln ab und hat sich sieben globale Herausforderungen auf die Fahne geschrieben, darunter die Bekämpfung von Armut und Klimawandel, die Versorgung der Menschheit mit sauberem Trinkwasser und den Erhalt der Artenvielfalt. Akzeptiert werden ausschließlich Unternehmen, die sich dieser Verantwortung aktiv stellen. Nach Ansicht von Oekom Research tun dies etwa die britischen Versicherer Aviva und Friends Provident, der französische Automobilhersteller Renault, die japanische Eisenbahn East Japan Railway oder die deutsche SAP.

Wenig risikoanfällig, wenig nachhaltig

Nahezu reinrassige Technologie- und Energie-Indizes bieten die Umweltbank mit ihrem Ubai-Umweltbank-Aktien-Index, der 18 deutsche Ökoaktien enthält, und die österreichische Greentec Invest AG mit dem weltweit ausgerichteten Index Greentec Climate 30, der Unternehmen nach klimarelevanten Kriterien auswählt. Ein Großteil des Gesamtumsatzes der Werte muss aus Unternehmensbereichen stammen, die der globalen Erwärmung entgegenwirken, indem sie zur Reduzierung von CO2-Emissionen beitragen.

Klassische Beispiele für sehr breit streuende und damit wenig risikoanfällige, aber auch weniger nachhaltige Indizes sind die im Oktober 2001 aufgelegte "Dow Jones Stoxx Sustainability World"- Index-Familie und der im gleichen Jahr von der Londoner Börse und der Wirtschaftszeitung Financial Times ins Leben gerufene Index FTSE4Good. Diese Indizes verfolgen den Ansatz, Unternehmen aufzunehmen, die sich besonders für Nachhaltigkeit engagieren. Die Aufnahmekriterien sind jedoch nicht sehr streng. So finden sich in der Dow-Jones-Index-Familie je nach Einzelindex sogar Tabakproduzenten.

Ob dunkelgrün oder weniger nachhaltig, breit streuend oder nur auf eine Branche fixiert - Börsenbarometer sind für ihre Anbieter fast immer ein gutes Geschäft. Je bekannter ein Börsenbarometer, umso lieber nutzen es die Anbieter von Fonds und Zertifikaten als Maßstab. Dafür kassieren die Indexanbieter Lizenzgebühren. Allein Dow Jones vergibt heute Lizenzen für rund 3500 Börsenbarometer. Darunter fallen auch Barometer für ökologisch und sozialverträglich ausgerichtete Unternehmen oder islamische Indizes, die für Länder der arabischen Welt entwickelt wurden.

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