Klein-Ausgaben:Teure Sünden des Alltags-Konsums

Wir tun es jeden Tag: Ein paar Cent hier, ein paar Euro da. Der Bequemlichkeit wegen oder aus Gewohnheit. Doch aus den paar Münzen wird übers Jahr eine stattliche Summe. Erstaunlich, was sich damit finanzieren ließe.

Für spontane Einkäufe gibt es viele Gründe. Zum einen Erfahrung. Man weiß: Gleich auf dem Nachhauseweg, wenn einem zum vierten Mal das Toastbrot aus der Hand rutscht, wird man bereuen, dass man die Tüte nicht mitgenommen hat. Also: kaufen. Zum anderen Gewohnheit. Der Cappuccino am Bahnhof gehört auf dem Arbeitsweg einfach dazu. Kaufen. Außerdem ist da noch, was Werber Intuition nennen - Konsum, der von Emotionen, von Haben-Wollen geleitet ist: Die Pizza vom Bringdienst, weil der Arbeitstag so hart war. Der Lotto-Schein. Ein Eis!

Der Trick bei all dem ist, wieder und wieder: Kostet ja nicht viel. Hier ein paar Cent, dort 1,99 Euro. Oder zehn Euro, die aber wirklich nur, weil Wochenende ist. Natürlich, das läppert sich. Spontanität kostet.

Wer sparen will, muss also etwas leisten: Im Internet nachlesen, Brote schmieren, Baumwolltasche einstecken. Vor allem muss er planen. Denn eigentlich bezahlt man andere vor allem dafür, dass sie mitdenken, überlegen, was man benötigen könnte auf dem Weg zum Zug. Und dann, wenn es ganz eilig ist, stehen sie da und sagen: "Bitteschön, zur Toilette geht's hier lang." Kostet dann halt auch Geld. Gar nicht so wenig, wenn man's mal zusammenrechnet. Natürlich, das könnte man auch sinnvoller ausgeben. Sechs Beispiele.

Ohne Tüte zum Einkaufen

Klar, es gibt Leute, die gut vorbereitet auf dem Supermarktparkplatz vorfahren. Mit Körben und Taschen im Kofferraum, um den Einkauf gut sortiert nach Hause zu bringen. Bei den meisten Menschen läuft es aber so: Sie huschen nach der Arbeit noch schnell durch den Laden, legen viel mehr aufs Band als sie ursprünglich wollten und greifen dann automatisch zu den Plastiktüten.

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Zehn Cent kostet die kleine Plastiktüte im Schnitt, zwanzig die große.

(Foto: dpa)

Irgendwie müssen sie das Zeug ja nach Hause bringen. Und in die Tasche mit den wichtigen Arbeitsunterlagen passt der vom Kühlfach noch feuchte Joghurtbecher nicht so gut. Zehn Cent kostet die kleine Plastiktüte im Schnitt, zwanzig die große.

Bei drei Supermarktbesuchen pro Woche und dem großen Wochenendeinkauf macht das 50 Cent pro Woche, 26 Euro im Jahr, mehr als 1500 Euro in einem 60-jährigen Einkäuferleben. Für Plastiktüten! Ein kleiner Rucksack hätte sich schon nach einem Tüten-freien Jahr refinanziert. Und die Umwelt geschont.

(Silke Bigalke)

Kaffee zum mitnehmen

A customer sips her coffee in Starbucks' Mayfair Vigo Street branch in central London

Selbst wenn es bei 12,50 Euro pro Woche bleibt, kommen 650 Euro im Jahr zusammen.

(Foto: Andrew Winning/Reuters)

To go. Am liebsten täglich. Auf dem Weg zur Arbeit oder nach dem Mittagessen. Oder beides. Latte, Cappu, Espresso, gerne auch Macchiato. Seit die italienischen Heißgetränke in Mode sind, machen sie uns arm.

Wenn man, ganz konservativ, von nur einem Cappuccino täglich für 2,50 Euro ausgeht, und das nur an Werktagen, kostet der wöchentliche Kaffeegenuss 12,50 Euro. Wahrscheinlich ist er sogar teurer, trifft man am Wochenende noch Freunde im Café oder nimmt auch beim Einkaufsbummel zwischendurch den Pappbecher mit.

Je nach Laden zahlt man dann gerne vier Euro und mehr, lässt sich dafür den Milchschaum mit Sirup, Sahne oder Schokopulver veredeln. Doch selbst wenn es bei 12,50 Euro pro Woche bleibt, kommen 650 Euro im Jahr zusammen.

Es gibt Reiseportale, die dafür eine zweiwöchige Pauschalreise nach Italien anbieten. Cappuccino, dann echt italienisch, nicht inbegriffen.

(Silke Bigalke)

Liefer-Service

Elektrofahrzeuge für Lieferservice

Der Liefer-Service kann schnell hunderte Euro pro Jahr kosten.

(Foto: dpa)

Ja, es ist mal wieder ziemlich spät geworden. Jetzt noch kochen? Nach dem langen Arbeitstag? Oder: Diesem schönen Samstag im Park? Eigentlich könnte man ja auch...

Die Idee ist kaum ausgesprochen, da ist die Nummer vom Pizza-Service schon gewählt. Die Adresse muss man gar nicht mehr sagen, die kennen sie am anderen Ende der Leitung schon. Etwa einmal die Woche ruft man hier an, etwas seltener vielleicht seit es den neuen Thai-Lieferservice gibt. Billiger ist der auch nicht.

Eine halbe Stunde später stehen Karton und Bote vor der Tür, 8,90 Euro, naja, man gibt zehn. Im Jahr macht das glatte 500 Euro. Geld, das man hervorragend in alle 16 Bände der Ratgeberserie "Günther, der innere Schweinehund" investieren könnte. Dann wäre sogar noch genug übrig für das Abo im Fitness-Studio.

(Charlotte Theile)

Toiletten-Besuch auf Reisen

Vor dieser Glasschiebetür sind alle gleich. Wer hier durch will, zahlt einen Euro. Dafür darf er sich fühlen wie in der Wellness-Oase: gelb glänzende Kacheln, in zartem blau gehaltene Wellen mit Schaumkrönchen an den Wänden, aus unsichtbaren Lautsprechern plätschert Flötenmusik.

Nein, das ist kein Wohlfühlbad. Es ist - nun ja - ein Klo: Hauptbahnhof München, Tiefgeschoss: "Rail & Fresh" heißt dieser blitzblanke Palast. Anderswo steht "Mc Clean" drauf oder "Sanifair".

Immer aber sind es Orte, die sich der Pendler sparen könnte, würde er nur beherzigen, was er selbst seinen Kindern vor jedem noch so kleinen Ausflug mit auf den Weg gibt: "Waren alle auf der Toilette?" Nein, war er wieder einmal nicht.

Und was muss, das muss eben - für einen Euro. Dafür spuckt der Automat einen 50-Cent-Gutschein aus. Mit dem kann man am Bahnhof einkaufen - einen Cappuccino etwa, siehe oben. Der Euro jedenfalls ist weg. Macht fünf Euro pro Woche, knappe 240 Euro im Jahr. Davon lässt sich leicht ein Zeitschriftenabo finanzieren. Lesestoff fürs stille Örtchen - zu Hause, versteht sich.

(Andreas Jalsovec)

Sonntags-Einkauf bei der Tankstelle

Aral Petit Bistro Rheinfelden

Die horrenden Preis machen sonntags endgültig wach

(Foto: obs)

Immer wieder Sonntags geht der Blick in den Kühlschrank: Senf, Sambal Oelek. Ein Ei, das, wenn es ausgebrütet worden wäre, wohl schon selbst wieder Küken hätte. Tür zu. Die Rädchen im Gehirn rattern, langsam formt sich ein Bild: Tankstelle. Also: Pappige Aufbackbrötchen für den Preis eines Mittelklasse-Döners. Nudeln mit Fertigsoße, 3,49 Euro. Schinken, Käse und, na klar, eine große Tüte Chips. Orangensaft, der Vitamine wegen.

Der Verkäufer sorgt dann dafür, dass man endgültig wach ist: "23 Euro und 19 Cent." Gestern hätte man das alles noch für weniger als zehn Euro im Supermarkt bekommen.

Aber es hilft ja nichts. Würde man die 15 Euro, die hier Sonntag für Sonntag draufgehen, sparen, man käme auf 780 Euro im Jahr. Selbst eine gute Gefriertruhe, 400 Liter Fassungsvermögen, Energiestufe A++, kostet weniger. Und für den Single-Haushalt täte es schon der 80-Liter-Gefrierschrank zu 229 Euro.

Dann hätte man immer alles auf Vorrat, wie Mutti früher. Und 500 Euro mehr in der Haushaltskasse. Einziger Haken: Auch die schicke neue Truhe müsste wochentags gefüllt werden.

(Charlotte Theile)

Telefon-Hotlines

Das Leben ist hart, schon klar, und dann noch die Sache mit der Liebe. Ach, die Liebe! Da kann man schon mal ein wenig Zuspruch brauchen. Und die Gewissheit, dass alles besser wird, schon ganz bald. Wenn die Uranus-Neptun-Konstellation endlich nicht mehr im siebten Haus zum Sonnen-Venus-Quadranten steht. Oder so ähnlich. Fühlt man sich da nicht gleich besser?

Telefon-Hotlines sind eine tolle Sache - vor allem für den, der am anderen Ende den Seelentröster, Wahrsager oder Sternendeuter gibt. 1,99 Euro die Minute! Wer da ein halbes Jahr lang an jedem einsamen Samstagabend anruft und sich fünf Minuten lang ein besseres Leben versprechen lässt, investiert insgesamt stolze 258,70 Euro, hat am Ende aber immer noch keinen Kuschelbär oder kein Mauseschnäuzelchen an seiner Seite - oder sonst jemanden, den er mit entwürdigenden Kosenamen quälen kann.

Dabei kann man für das gleiche Geld auch ein halbes Jahr lang Mitglied werden bei einer Online-Partnerbörse wie Parship, Elitepartner oder E-Darling. Klingt doch schon besser.

(Angelika Slavik)

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