Jürgen Schneider kontra Banken:"Mein Fall war doch nur Peanuts"

Der große Kladderadatsch: In Bunte lästert der einstige Baulöwe Schneider über gierige Finanzmanager, die nichts aus seinem Pleitefall gelernt haben.

Melanie Ahlemeier

Dr. Utz Jürgen Schneider war einmal einer der größten Immobilienbesitzer Deutschlands. In den neunziger Jahren legte der stets braungebrannte Kaufmann, der damals ein Toupet spazieren trug, die größte Immobilienpleite der deutschen Nachkriegsgeschichte hin. Er narrte die kreditgebenden Banken. Dafür ging er mehrere Jahre in den Knast.

Jürgen Schneider kontra Banken: Einst narrte er Dutzende Banken, heute gibt er der Hochfinanz gute Tipps: Jürgen Schneider.

Einst narrte er Dutzende Banken, heute gibt er der Hochfinanz gute Tipps: Jürgen Schneider.

(Foto: Foto: AP)

Geld-Experte im Exklusiv-Interview

In diesen wilden Tagen der globalen Geldvernichtung ist dieser Jürgen Schneider, 74, ein Experte, der im Exklusiv-Interview mit dem People-Magazin Bunte alles erzählen kann zur gegenwärtigen Finanzkrise. "Hätte man den Jungs mal genauer auf die Finger geschaut und umfassendere Regeln für die Banken aufgestellt, wären sie garantiert vorsichtiger beim Spekulieren gewesen", sagt er: "Jetzt haben wir den Kladderadatsch."

Seit seinem Fall hätten die Banken nichts dazugelernt, so der Kronzeuge, und die Staatsanwaltschaft habe in der Causa Schneider leider nicht energisch genug gegen die Finanzhäuser ermittelt, findet der Senior.

Der Mann hat schließlich seine Erfahrungen gemacht - und streut seine Weisheiten über gierige Banker und große Löcher nun auf zweieinhalb Magazinseiten. Es gibt schöne Fotos mit Schneider und seiner elf Jahre jüngeren Ehefrau inklusive, die ihn "Männchen" nennt.

Das Männchen und der große Kladderadatsch: Schneider mokiert sich ein wenig, dass er einst als größter Wirtschaftspleitier der Nachkriegszeit galt: "Heute, muss ich sagen, ist mein Fall doch Peanuts gegen das, was sich die Banken erlauben."

Blick zurück auf die Geschichte

"Peanuts", das war bekanntlich der Spruch des damaligen Bank-Allgewaltigen Hilmar Kopper über die Schäden, die Handwerkern aus der Pleite entstanden waren. In seinem Bunte-Interview erinnert der straffällig gewordene Schlingel Schneider mit dem Erdnuss-Spruch an den Lauf der Geschichte.

Rache sei ihm fremd, sagt der Mann, dem sie in Leipzig heute noch dankbar sind, weil er die alten Gebäude in der Innenstadt so schön saniert hat. Und in Wiesbaden darf sich Ministerpräsident Roland Koch (CDU) täglich freuen, dass seine Staatskanzlei im alten "Hotel Rose" sitzt, das Schneider auch so kurstadtmäßig herausgeputzt hat.

Schneider hat also viel für die Kultur getan - und nun lässt er kein gutes Wort an der Bankergilde. "Was die Bankenvorstände jetzt gemacht haben, ist Veruntreuung. Darunter leidet die gesamte Wirtschaft, ein Land, ein Volk und am Ende die Idee der Globalisierung. Ein solches Handeln gehört durch den Staatsanwalt verfolgt. Für Banker müssen endlich auch Strafgesetze geschaffen werden."

Irgendwie gemein, dass harte Gesetze nur für einen wie Utz Jürgen Schneider gelten, nicht aber für die Chefs von IKB und BayernLB und wo sie sonst noch sitzen.

Lesen Sie weiter, was ein längerer Knast-Aufenthalt bewirken kann.

Die Bunte, eher bekannt für die Berichterstattung über die Schönen und die Reichen, gewährt dem einstigen Straftäter viel Platz. Mit völlig übertriebenen Raum- und Mietkalkulationen hatte Scheider einst mehr als 50 Banken über den Tisch gezogen und Millionen eingestrichen. Bei der Frankfurter Zeilgalerie flunkerte er der Deutschen Bank eine Fläche von 20.000 Quadratmetern vor. Tatsächlich waren es nur 9000.

Demut im Knast

In der aktuellen Finanzkrise wurde auch geflunkert, viel geflunkert. Das war Schneider hoch zehn. Das Risiko mit faulen US-Immobilienkrediten wurde weltweit verteilt. Jetzt müssen andere Demut lernen, so wie einst der nette Herr Schneider mit seinem sympathischen hessischen Dialekt. "Im Nachhinein bin ich sogar froh, dass ich im Gefängnis die Gelegenheit hatte, über meine Fehler nachzudenken. Es ist verdammt unangenehm, drei Jahre eingesperrt zu sein und über sich selbst nachdenken zu müssen."

Der gereifte Ex-Tycoon teilt der Bunte-Reporterin noch mit, dass er selbst "in beratender Weise" am Wirtschaftsleben teilnehme. Er gehe gerne in die urige Apfelweinkneipe "Rudolph" in Hofheim, esse dort ein "anständiges Rumpsteak oder Forelle", und die Toupets, ja die gebe es nicht mehr.

"Ich glaube", sagt Dr. Utz Jürgen Schneider, der größte lebende Experte der Finanzkrise, "die lagen in Kartons beim Konkursverwalter und er hat sie weggeworfen."

Man muss sich ja auch mal von etwas trennen können.

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