Jahresbudget von 90 Millionen Euro:Größenwahn im Elysée-Palast

Frankreichs Präsident hat ein doppelt so hohes Budget wie die Queen - und keiner kontrolliert es. Allein für Staatsbankette werden jährlich schätzungsweise eine Million Euro verpulvert.

Michael Kläsgen

Wer den Elysée betritt, gerät leicht ins Staunen: weißer Carrara-Marmor auf dem Boden, an den Decken Kronleuchter aus vergoldeter Bronze. Goldverzierte Säulen, Pilaster, böhmisches Kristall, Louis-XV-Kommoden und Lampas-Damast wohin man schaut.

Frankreichs Staatsoberhaupt: Größenwahn im Elysée-Palast

Dem Amtssitz des französischen Präsidenten in Paris ist anzusehen, dass er Luxus liebt.

(Foto: Foto: AP)

Dem Amtssitz des französischen Präsidenten in Paris ist anzusehen, dass kein Staatsoberhaupt in Europa so viel Macht in seinen Händen vereint wie er. Doch der Luxus aus vorrevolutionärer Zeit reichte dem nun scheidenden Amtsinhaber Jacques Chirac nicht - er schraubte auch noch das Jahresbudget des Elysées auf 90 Millionen Euro hoch. Diese Zahl hat ein Abgeordneter der Opposition recherchiert.

Das versteckte Geld des Elysées

Seine Vorgänger lebten ebenfalls nicht auf kleinem Fuß, aber Chirac hat die Ausgaben seit den Zeiten von François Mitterrand glatt verdoppelt, heißt es in dem Buch "L'Argent caché de l'Elysée", also: Das versteckte Geld des Elysées.

Ségolène Royal, die sozialistische Kandidatin für die Präsidentenwahl am Sonntag, spricht sogar von einer Steigerung von fast 800 Prozent. Allerdings bekundeten nur sie und der Zentrumskandidat François Bayrou, das Budget des Elysées halbieren zu wollen.

Ein Sprecher des Rechnungshofes hält zumindest die Angabe 90 Millionen Euro für glaubwürdig. Genaues weiß er allerdings nicht. Denn - Frankreich ist da eine Ausnahme in Europa - der Rechnungshof kontrolliert die Ausgaben des Elysées nicht.

Geld ohne Ende

Sie werden lediglich vom Parlament abgesegnet. So konnte sich das Budget des Präsidenten zu einer stolzen Summe aufschaukeln. Selbst die Königin von England gibt mit 54 Millionen Euro nur gut die Hälfte aus. Das deutsche Bundeskanzleramt kommt auf 36 Millionen Euro, Tendenz steigend. Belgiens Staatsoberhaupt schafft es dagegen nicht einmal auf ein Zehntel seines französischen Kollegen.

Allein die Staatsbankette des französischen Präsidenten, zu denen bisweilen 250 Gäste geladen sind und die fast monatlich stattfinden, verschlingen im Jahr schätzungsweise eine Million Euro. Ein Viertel davon nimmt angeblich der Wein für die Gäste in Anspruch.

Dabei trinkt Chirac nach eigenem Bekunden am liebsten Corona-Bier. Dies könnte erklären, warum aus seiner Zeit als Pariser Bürgermeister 5000 Flaschen Wein im Keller des Rathauses verstaut blieben, darunter etliche Château Pétrus, die die Stadt im vergangenen Herbst für knapp eine Million Euro versteigerte.

Für die Gala-Diners ebenso wie für die Verpflegung der Präsidentenfamilie steht ein Team aus 21 ausschließlich männlichen Küchenhilfen parat. Angeleitet werden sie von Chefkoch Bernard Vaussion, der schon die Präsidenten François Mitterrand und Valéry Giscard d'Estaing verköstigte.

Schlösser und Dienstwagen

Chirac hatte eigentlich bei seinem Amtsantritt versprochen, sparen zu wollen. Doch dann kam alles ganz anders. So arbeiteten im vergangenen Jahr 963 Beschäftigte für ihn, darunter Berater, Militärs und Garderobieren.

Für ihre Diskretion werden viele von ihnen zusätzlich zum normalen Gehalt mit durchschnittlich 7.000 Euro im Jahr honoriert. Bemerkenswert ist, dass jeder Zehnte von ihnen sich allein um die Instandhaltung der fünf Schlösser kümmert, die zum Präsidentensitz gehören, aber kaum genutzt werden.

Weitere 146 Vollzeit-Beschäftigte entfallen auf die Republikanische Garde, die bei Staatsempfängen mit Tuba und Trompete aufspielt. Nicht zu vergessen ist der Unterhalt für die 510 Pferde, auf denen das Kavallerie-Regiment bei solchen Anlässen reitet.

Auch Präsidentengattin Bernadette Chirac beansprucht allein 21 Personen, so viele, wie in der Küche arbeiten. Ihr Stab, der im Ostflügel des Palasts untergebracht ist, erledigt vornehmlich die wohltätigen Verpflichtungen der First Lady.

Diese wohnt auf den 260 Quadratmetern im Stockwerk über den Diensträumen, mit fünf Domestiken, aber ohne ihren Mann. Der bevorzugt es, getrennt zu schlafen. Hinzu kommen noch die Kosten für 61 Dienstwagen und 44 Chauffeure, zwei Airbus-Maschinen A319 und sechs Falcon-Jets, die das Ehepaar auch mal privat nutzt. Wie gesagt, so genau kontrolliert das niemand.

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