IWF fordert Reform der Finanzmarktregulierung:Risiko von 1.000.000.000.000 Dollar

Dem Weltmarkt drohen laut dem Internationalen Währungsfonds durch die Finanzkrise Verluste von fast einer Billion Dollar - mehr als 600 Milliarden Euro.

Nikolaus Piper

Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet als Folge der globalen Finanzkrise mit Verlusten für die globale Wirtschaft von fast einer Billion Dollar. Allein der Verfall der Immobilienpreise in den Vereinigten Staaten und der Ausfall von Hypothekenkrediten könnten zu Einbußen von 565 Milliarden Dollar führen, heißt es in einem neuen Bericht.

IWF fordert Reform der Finanzmarktregulierung: Globale Krise: Den weltweiten Märkten drohen immense Verluste.

Globale Krise: Den weltweiten Märkten drohen immense Verluste.

(Foto: Foto: dpa)

Rechne man Ausfälle bei Kreditkarten und anderen Krediten und Wertpapieren aus Amerika hinzu, könnten sich den Berechnungen zufolge Verluste von 945 Milliarden Dollar ergeben. Die Ökonomen des IWF weisen darauf hin, dass diese Schätzungen auf ungenauen Informationen beruhen, sie gäben aber einen Hinweis "auf weitere Belastungen des Bankenkapitals und weitere Wertberichtigungen".

Außerdem bestehe die Gefahr, dass Verluste aus anderen Sektoren der Wirtschaft auf den Finanzsektor rückwirken. Diese Dynamik könne ernster werden als in früheren Kreditzyklen, schreibt der IWF. "Es steht jetzt fest, dass die gegenwärtigen Turbulenzen mehr sind als nur ein Liquiditätsproblem. Angesichts der tiefsitzenden Bilanzschwäche und der schwachen Kapitalbasis (der Banken) dürften sie breiter, tiefer und langwieriger sein."

"Auf breiter Front handeln"

Die vergangenen sechs Monate hätten gezeigt, wie anfällig das globale Finanzsystem sei und hätten "fundamentale Fragen" aufgeworfen hinsichtlich der Effizienz öffentlicher und privater Institutionen. Es habe ein "kollektives Versagen" bei der Bewertung von Kreditrisiken in Banken, Kreditversicherern, staatlichen Institutionen und Hedgefonds gegeben.

Der Währungsfonds hatte schon vor Wochen ungewöhnlich deutlich vor den Folgen der Finanzkrise gewarnt und die Regierungen aufgefordert, notfalls mit großen Ausgabenprogrammen eine Rezession zu verhindern. In dem neuen Stabilitätsbericht klingen die Ökonomen noch alarmierter: Es komme nicht nur darauf an, die Risiken für die Konjunktur zu begrenzen, die Politiker müssten "auf einer breiteren Front" handeln.

Vor allem bräuchten die Banken schnell zusätzliches Kapital: "Eine entscheidende Aufgabe ist es, sicherzustellen, dass große, systemisch wichtige Finanzinstitutionen schnell ihre Bilanzen in Ordnung bringen und neue Mittel einsammeln, selbst wenn dies derzeit teuer sein sollte." Es komme darauf an, Vertrauen zu stärken und eine weitere Gefährdung der Kreditversorgung zu verhindern.

Ohne die amerikanische Notenbank zu nennen, stellt sich der Fonds hinter den aggressiven Kurs der Federal Reserve während der vergangenen Wochen. Risiken für die Stabilität des Finanzsystems müssten eingegrenzt werden und zwar so, "dass Fehlanreize und Kosten für die Haushalte begrenzt werden". Der Satz dürfte als eine bedingte Zustimmung zur Entscheidung der Fed gedacht sein, die Investmentbank Bear Stearns durch einen Milliarden-Kredit zu retten.

Als Konsequenz aus der Krise fordert der IWF eine umfassende Neuregulierung der Finanzmärkte und weitreichende Konsequenzen bei den Banken. Unter anderem müsse das System der Bezahlung in den Banken so geändert werden, dass die Manager bei ihren Entscheidungen mehr an die Zukunft denken.

Strengere Finanzaufsicht gefordert

Idealerweise, so heißt es in dem Bericht, sollte die Bezahlung so geregelt sein, dass sie den Beschäftigten Anreize gibt, "Fehler im Risikomanagement schnell zu korrigieren, für eine angemessene Kapital- und Liquiditätsausstattung zu sorgen und ganz allgemein so zu entscheiden, dass die langfristige Lebensfähigkeit des Unternehmens gesichert ist und systemische Risiken verringert werden".

Darüber hinaus fordert der IWF eine strengere Finanzaufsicht durch die Regierungen, präzisere Berichte der Banken für die Öffentlichkeit, Reformen im Risikomanagement der Geldinstitute und bei den Ratingagenturen. Die Regierungen müssten eine aktive Rolle spielen, um zu verhindern, dass massive Wertberichtigungen bei den Banken den Rest der Wirtschaft belasteten.

Der Verwaltungsrat des IWF billigte außerdem eine grundlegende Einnahmen-Reform für den Fonds. Danach sollen 400 Tonnen Gold aus den Beständen des IWF verkauft werden. Aus den Erlösen wird ein Kapitalstock gebildet, aus dessen Erträgen die wichtigsten Aufgaben des IWF finanziert werden. Hintergrund dieser seit Jahren vorbereiteten Reform ist die sinkende Nachfrage nach IWF-Krediten aus der Dritten Welt.

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