Italienischen Luxusbranche:Börsengang als neueste Mode

Ob Prada, Versace oder Ferragamo: Italiens Modemacher wechseln vom Laufsteg auf das Börsenparkett. Nur bei Armani ziert man sich.

Ulrike Sauer

In der umsatzstärksten Luxusgüterbranche der Welt kommt die Börse in Mode. Bis 2008 dürfte sich die Präsenz großer italienischer Markenkonzerne aus der Glamourbranche auf dem Finanzplatz spürbar verstärken.

Italienischen Luxusbranche: Damit an die Börse? Zumindest mit den Aktien von Versace werden Anleger kein Problem haben.

Damit an die Börse? Zumindest mit den Aktien von Versace werden Anleger kein Problem haben.

(Foto: Foto: Reuters)

Mehrere bekannte Familienunternehmen planen, über die Abgabe von Firmenanteilen ihre Expansion auf dem rasch wachsenden Weltmarkt zu forcieren und zugleich die Weichen für den internen Generationenwechsel zu stellen.

Bei der Öffnung gegenüber dem Aktienmarkt haben die kreativen Italiener Nachholbedarf. Nur elf Unternehmen aus Italiens Vorzeigebranche sind derzeit notiert.

Bislang schwach vertreten

Ihr Börsenwert erreicht nach Berechnung der italienischen Großbank Intesa nur 2,7 Prozent der gesamten Marktkapitalisierung an der Mailänder Börse. Und ohne das Schwergewicht Luxottica, dem weltgrößter Hersteller teurer Brillengestelle, sänke der Wert auf 1,2 Prozent. Hinter Luxottica schafft es nur der römische Edeljuwelier Bulgari unter die zehn größten Börsenkonzerne der Luxusbranche.

Die Zeit für eine Wende scheint reif. Am längsten wartet man in Mailand auf das Kultlabel Prada. Der Emissionsplan von Unternehmenschef Patrizio Bertelli, Ehemann der erfolgreichen Designerin Miuccia Prada, stand schon im Sommer 2001 fest.

Doch dann zerstörten die Terrorangriffe in New York, deren wirtschaftliche Folgen dem Luxusgeschäft einen empfindlichen Schlag versetzten, über Nacht das Börsenprojekt. Als die Konjunktur wieder anzog, zwangen Verluste und hohe Schulden den Mailänder Modekonzern zur Zurückhaltung.

Nun macht sich Bertelli an einen dritten Anlauf. "Wir nehmen die Vorbereitungen zum Börsengang jetzt wieder auf, um dem Konzern bessere Wachstumschancen in den kommenden Jahre zu garantieren", kündigte er kürzlich an.

Modekonzerne putzen sich für Börse heraus

Die frischen Mittel werden wohl in den Schuldenabbau und in die Eroberung der asiatischen Märkte - Motto: "Auch der Chinese trägt Prada" - fließen.

Im vergangenen Frühjahr hatte Bertelli mit dem Verkauf der Verlustbringer Jil Sander und Helmut Lang schwierige Aufräumarbeiten abgeschlossen. Die Mehrmarken-Strategie, die mit einer Akquisitionstour um die Jahrtausendwende gestartet wurde, war fehlgeschlagen.

Nun konzentriert sich der Konzern, dessen Umsatz auf 1,3 Milliarden Euro Umsatz geschrumpft ist, auf die hochprofitablen Eigenlabel Prada und Miu Miu. Analysten schätzen den potentiellen Börsenwert des wieder rentablen Unternehmens auf mindestens zwei Milliarden Euro.

Schrille Töne am Börsenparkett

Konkurrenz könnte Prada von Versace bekommen. Neun Jahre nach der Ermordung des genialen Modeschöpfers Gianni Versace hat sich Italiens schrillster Luxushersteller endlich erholt.

Die Wiederbelebung des bereits abgeschriebenen Familienimperiums begann mit dem 18. Geburtstag der Gründer-Nichte Allegra, die vor anderthalb Jahren das Erbe ihres Onkels antrat. Die Schauspielschülerin legte die Führung des Modehauses in die Hände des branchenerfahrenen Managers Giancarlo Di Risio und beendete so die unselige Abschottung nach außen.

Mutter Donatella Versace, die das Werk ihres Bruders Gianni als Kreativchefin fortführt, und Onkel Santo Versace wurden entmachtet.

Börsengang als neueste Mode

Di Risio brachte Ordnung in die chaotische Unternehmensführung, schloss unrentable Firmen und fokussierte das Label auf puren Luxus.

Bereits 2006 holte er Versace aus tiefroten Zahlen. "Wir sind bereit für die Börse", sagte der Manager unlängst. Überstürzen will Di Risio indes nichts. Nach dem Abschluss der Restrukturierung hat er 2007 zum Wachstumsjahr erklärt. "Vor 2008 denken wir nicht an die Börse."

Auch im Florentiner Luxuskonzern Ferragamo stellte man in diesem Jahr die Weichen für die Erstemission. Im Auftrag der Gründerfamilie bringt der ehemalige Valentino-Chef Michele Norsa den legendären Lederwarenhersteller in Form für die Börse.

63 Nachfahren hoffen auf das große Geld

Der im Oktober angetretene Manager will sich ein Jahr Zeit nehmen, um die beliebte Marke auf Ertragsstärke zu trimmen und für Anleger attraktiv zu machen.

Norsa soll das weltberühmte Familienunternehmen für den zweiten Generationenwechsel in der 80-jährigen Firmengeschichte wappnen. Den 63 Nachfahren des Dynastie-Begründers Salvatore Ferragamo bietet der Börsengang die Möglichkeit zum Ausstieg. Der Marktwert von Ferragamo wird auf 700 bis 800 Millionen Euro geschätzt.

Selbst dem Mailänder Modezaren Giorgio Armani, 72, wird inzwischen zugetraut, seine Abneigung gegenüber der Börse zu überwinden. Der Alleinaktionär hält sowohl die kreative als auch die strategische Führung seines Konzerns mit 1,4 Milliarden Euro Umsatz fest in der Hand, ohne dass potentielle Nachfolger in Sicht wären. "Das Thema steht nicht auf der Tagesordnung", entgegnet allerdings Generaldirektor Gianni Gerbotto auf die lebhaften Gerüchte.

Vorzeichen stehen gut

Mehrere Faktoren verstärken den Trend zur Börse. "Erstmals seit 2001 können wir von einer generellen Erholung in der Modebranche sprechen", sagt Mario Boselli, Präsident der italienischen Modekammer. Ein Handelsbilanz-Überschuss des Landes von voraussichtlich 17 Milliarden Euro im laufenden Jahr zeige an, dass die Krise überwunden sei.

Merrill Lynch erwartet für 2006 im Schnitt eine Umsatzsteigerung der Branche um 18 Prozent und eine Verbesserung der Bruttoergebnisse um 23 Prozent.

"Börsennotierte Luxusunternehmen treten besser in Erscheinung, und den Anlegern gefällt die Branche sehr gut", bilanziert Investmentbankerin Paola Durante von Merrill Lynch ihren Eindruck von den vergangenen Monaten.

Überdurchschnittliche Performance

Bereits 2005 waren die Kurse von Luxusaktien mit 35,8 Prozent etwa drei Mal so stark gestiegen wie der Mailänder Standardwerte-Index Mib 30. Zudem haben die Vorbilder der heutigen Börsenaspiranten glänzende Erfahrungen am Aktienmarkt gemacht.

Der Kurs des Modekonzerns Mariella Burani stieg seit dem Börsengang 2000 um über 180 Prozent, Schuhfabrikant Geox steigerte seinen Aktienwert in nur zwei Jahren um mehr als 140 Prozent. Der Marzotto-Ableger Valentino Fashion Group brachte es seit 2005 auf ein Plus von knapp 60 Prozent.

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