Bad-Bank-Experte:"Auch für 500.000 Euro gibt es gute Banker"

Jan Eric Kvarnström ist Bad-Bank-Experte. Ein Gespräch über angemessene Vergütungen, das Versagen von Aufsichtsräten und die Frage, warum er nicht HSH-Chef werden will.

M. Hesse und K. Läsker

Wenn es um Bad Banks geht, fällt schnell der Name Jan Eric Kvarnström, 62. Der Schwede führte in den neunziger Jahren in seiner Heimat eine der ersten Abwicklungsbanken, später räumte er bei der Dresdner Bank auf. Nun sind Bad Banks wieder in Mode, und Kvarnströms Rat besonders gefragt. Bei der HSH Nordbank war er als Chef im Gespräch. Doch er will nicht, sagt er im Gespräch mit der SZ.

SZ: Kann die Eurokrise die deutschen Banken erneut ins Wanken bringen?

Kvarnström: Die deutsche Wirtschaft läuft sehr gut, deshalb bin ich nicht so pessimistisch. Allerdings sind die Landesbanken noch immer sehr wackelig.

SZ: Aber alle Landesbanken haben doch im Sommer den Stresstest der Europäischen Union bestanden.

Kvarnström: Die Stresstests waren nicht professionell genug. Die Kriterien waren viel zu lasch.

SZ: Woran lag das?

Kvarnström: Diese Tests waren politisch motiviert, sie sollten die Finanzwelt beruhigen. Aber das hat nicht lange funktioniert.

SZ: Stehen die Geldhäuser in Deutschland schlechter da als die im europäischen Ausland?

Kvarnström: Verglichen mit dem Ausland sind die Schwierigkeiten in deutschen Instituten insgesamt eher ein Luxusproblem. Dieses ist relativ klein. Die deutsche Wirtschaft ist - anders als zum Beispiel die irische - stark genug, um sich ein paar schwache Banken zu leisten. Aber um die Landesbanken muss man sich schon Sorgen machen.

SZ: Was ist denn das größte Problem?

Kvarnström: Die meisten Landesbanken haben beim Umbau in den vergangenen zwei Jahren kaum Fortschritte gezeigt. Das heißt, es weiß eigentlich niemand, wie es weitergehen soll. Man muss erst das Kerngeschäft klar definieren und sich dann überlegen, was man abstößt, mit wem man fusioniert oder woher neues Kapital kommt.

SZ: Das ist nicht geschehen?

Kvarnström: Dafür braucht man Manager mit Mut. Aber bei den Landesbanken sind die Vorstände nicht radikal genug vorgegangen. In so einem Fall wäre es an den Aktionären, härter durchzugreifen. Auch da haben die Eigner deutscher Landesbanken überwiegend versagt.

SZ: Wie sehen Sie das zum Beispiel bei der HSH Nordbank?

Kvarnström: Bei der HSH Nordbank hätten die Banker sachlich, räumlich und personell viel klarer trennen müssen, was künftig zum Kerngeschäft gehört und welche Bereiche abgewickelt werden sollen. Das ist anscheinend nicht geschehen, es ist jedenfalls nicht transparent gemacht worden.

SZ: Die HSH hat viele Altlasten in eine interne Abbau-Bank, eine so genannte Bad Bank, verschoben. Wäre eine externe Lösung der bessere Weg gewesen?

Kvarnström: Nicht intern oder extern ist entscheidend. Es ist vielmehr wichtig, die Bad Bank und die Good Bank, also das Geschäft, das weitergeführt werden soll, organisatorisch klar zu trennen. Eine Abbau-Bank zu führen, ist eine komplett andere Aufgabe. Sie brauchen dort Manager, die mutig schnelle Schnitte setzen und die nicht - zum Beispiel aufgrund ihrer Vergangenheit oder ihrer aktuellen Aufgabe in der Kernbank - Teil des Problems sein könnten. Schon aus diesem Grunde müssten etwa zehn Prozent der Mitarbeiter ausgewechselt werden.

SZ: Das ist bei der HSH nicht geschehen?

Kvarnström: Weder bei der HSH noch bei der WestLB oder der Hypo Real Estate hat es eine kulturelle Trennung der beiden Bereiche gegeben. Da sitzen Mitarbeiter, die auf der einen Schreibtischhälfte die Good Bank haben und auf der anderen die Bad Bank.

SZ: Das zu organisieren, wäre auch Sache der Aufsichtsräte. Können Politiker die Landesbanken überhaupt angemessen kontrollieren?

Kvarnström: Nein, viele haben ja in der Vergangenheit Probleme mit verursacht. Bei der HSH, wo sich die Politiker weitgehend aus dem Aufsichtsrat zurückgezogen haben, scheint zudem die Kommunikation zwischen Eigentümern und Kontrolleuren nicht zu funktionieren. In einer Krise ist so etwas fatal.

"Ich würde nie mehr in einen Vorstand gehen"

SZ: Was müsste jetzt bei den Landesbanken geschehen?

Kvarnström: Generell gilt: Hat man keine Good Bank, braucht man auch keine Bad Bank. Bei Problembanken wie der Hypo Real Estate, der WestLB und der BayernLB ist genauestens zu prüfen, ob sie ein tragfähiges Geschäftsmodell auf die Beine stellen können. Das ist entscheidend für die Lebensfähigkeit. Eine Abbau-Bank ist nur ein Werkzeug auf dem Weg dorthin.

SZ: Wer soll eigentlich die ganzen Altlasten kaufen, die von den Bad Banks abgestoßen werden?

Kvarnström: Bei Nordea in Schweden haben wir uns damals auch gefragt, wer all die Immobilien kaufen wird, die hinter den schlechten Krediten standen. Wir haben damals Immobilienfirmen gegründet und an die Börse gebracht. Auch heute geht es darum, Kredite neu zu gruppieren, Geschäfte zusammenzufassen, um sie an Investoren zu verkaufen. Wenn man das gut macht, finden sich auch Käufer.

SZ: Kann man Bad Bankern denn in Deutschland trotz Gehälterdeckelung genug bezahlen?

Kvarnström: Ich kann die Wut der Steuerzahler verstehen, wenn sie Banken erst retten und deren Managern dann auch noch hohe Gehälter finanzieren sollen. Das Vertrauen, dass Bankmanager mit Geld verantwortungsvoll umgehen, ist weg, deshalb ist die Deckelung verständlich. Aber ich glaube, dass man auch für 500.000 Euro Jahresgehalt gute Banker bekommen kann.

SZ: Sie haben als Bad Banker viele Kredite abgewickelt und damit Kunden abgestoßen. Wurden Sie angefeindet?

Kvarnström: Ich bin zwar gelegentlich bedroht worden, aber alles in allem war es okay. Wenn man eine Bad Bank leitet, sind Moral und Anständigkeit sehr wichtig, weil es um Kunden und um Steuerzahler geht, die möglicherweise durch die Abwicklung viel Geld verlieren.

SZ: Sie kritisieren, wie andere mit der Krise umgehen. Reizt es Sie, selbst noch einmal eine Bank zu führen?

Kvarnström: Nein, das kommt für mich nicht in Frage. Ich habe heute andere Prioritäten, etwa meine Beratertätigkeit und Aufsichtsratsmandate.

SZ: Bei der HSH wird ja bald eine Stelle frei. Die Eignerländer Hamburg und Schleswig-Holstein arbeiten an der Abberufung von Vorstandschef Nonnenmacher. Haben Sie Interesse?

Kvarnström: Ich würde grundsätzlich nicht mehr in einen Vorstand gehen und HSH-Chef möchte ich auch nicht werden.

SZ: Wäre denn für ein weiteres Aufsichtsratsmandat noch Platz? Beispielsweise falls auch Hilmar Kopper die HSH verlässt?

Kvarnström: Zu Herrn Kopper kann ich nichts sagen. Aber grundsätzlich käme ein Aufsichtsratsmandat in Frage. Es müsste allerdings etwas sein, wo ich wirklich etwas beitragen kann.

Interview: Martin Hesse

und Kristina Läsker

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