Interview mit BayernLB-Chef Gerd Häusler:"Eine Fusion würde auch zu einem Stellenabbau führen"

Bank-Chef Häusler über die Pläne mit der WestLB, die unterschiedlichen Vorzüge der beiden Partner - und die Frage, wo der Standort der verschmolzenen Bank liegen könnte.

M. Beise, A. Hagelüken, M. Hesse

Gerd Häusler, 59, empfängt in der Zentrale der BayernLB. Hinter dem Vorstandsvorsitzenden hängt ein buntes Gemälde, das die Beatles zeigt. Pop in der Landesbank? Bei der angeschlagenen BayernLB soll vieles anders werden. Am Montag überraschten Häusler und WestLB-Chef Dietrich Voigtländer mit der Ankündigung, die beiden Geldhäuser wollten zur drittgrößten deutschen Bank fusionieren. Aber spielt die Politik mit? Werden Stellen abgebaut? Wo wird die Zentrale sein? In seinem ersten Interview nimmt der Chef der mit viel Staatsgeld geretteten Bank Stellung.

Neuer BayernLB-Chef Gerd Häusler

BayernLB-Chef Gerd Häusler über die mögliche Fusion mit der WestLB: "Wir sind der größere Partner."

(Foto: dpa)

SZ: Bei ihrem Amtsantritt haben Sie gesagt, die BayernLB müsse jetzt erst einmal ihre Hausaufgaben machen. Kein halbes Jahr später verhandeln Sie mit der WestLB über eine Fusion. Warum haben Sie es plötzlich so eilig?

Gerd Häusler: Ich habe schon vor meinem Amtsantritt darüber nachgedacht, ob alternativ eine Fusion sinnvoll sein kann. Sowas können Sie aber nicht gleich bei der ersten Pressekonferenz ins Spiel bringen, ohne das vertieft geprüft zu haben. Außerdem hat sich die Welt im letzten halben Jahr verändert: Die Reformen wegen der Finanzkrise wie Bankenabgaben oder die neuen Basel-Eigenkapitalregeln drücken auf die Rentabilität. Mit einer Fusion könnten wir zudem eventuell die Produktpalette erweitern und die Kosten reduzieren.

SZ: Ist die Fusion zwingend, weil es acht Landesbanken in Deutschland gibt, also sowieso viel zu viele?

Häusler: Nein. Unsere Überlegungen sind rein betriebswirtschaftlich, nicht politisch oder gar ideologisch.

SZ: Über Fusionen von Landesbanken, von denen viele hohe Verluste anhäuften, wird seit Jahren diskutiert. Oft scheiterte es daran, dass Landesregierungen eine eigene Bank für sich behalten wollten. Warum sollte es diesmal anders sein?

Häusler: Es gibt keine Garantie, dass es diesmal klappt. Aber die Eigentümer in Düsseldorf und München sind offen. Sie wollen wissen, ob sich so eine Fusion betriebswirtschaftlich rechnet, und dann entscheiden sie.

SZ: Hat die bayerische Regierung Ihnen gesagt, Sie sollen möglichst viel für Bayern herausholen. Zum Beispiel München als Sitz der neuen Großbank?

Häusler: Bei solchen Themen sind wir noch gar nicht. Generell werden die Eigentümer einer Fusion nur zustimmen, wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen solide sind und das Geschäftsmodell inklusive des Risikoprofils stimmt.

Warum gerade die WestLB?

SZ: Warum gerade die WestLB als Partner? Weil sonst keiner zu haben ist?

Häusler: Die WestLB hat einen guten Zugang zur Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen und ein erhebliches Produkt-Knowhow. Beide Banken haben einen schmerzhaften Sanierungsprozess erfolgreich weitestgehend hinter sich gebracht. Die WestLB war im ersten Halbjahr wieder profitabel. Wir haben bereits drei Viertel unserer Ziele aus dem Sanierungsprogramm Herkules erreicht und den höchsten Halbjahresgewinn im Landesbankensektor erzielt. Insofern sind unsere Überlegungen nicht abwegig.

SZ: Die Steuerzahler haben viele Milliarden in die beiden Banken gesteckt. Schließen Sie aus, dass die neue Großbank nochmal Geld vom Staat braucht?

Häusler: Ich wüßte nicht warum. Wir haben den Stresstest gut bestanden.

SZ: Vielleicht, weil Landesbanken generell Probleme haben werden, überhaupt profitabel zu sein.

Häusler: Für die BayernLB kann ich sagen: Ich sehe nicht, dass wir zusätzliches Geld benötigen. Ich habe die Hoffnung, sollte es zu einer Fusion kommen, dass die Steuerzahler ihr Geld schneller zurückbekommen. Durch die Fusion erscheint mittelfristig eine höhere Eigenkapital-Rendite von bis zu zwei Prozentpunkten möglich. Dadurch würden wir attraktiver für private Kapitalgeber. Und das hilft dem Steuerzahler.

SZ: Entscheidend für die Frage, wo die fusionierte Bank ihre Zentrale hat oder wo mehr Stellen abgebaut werden, könnte ja die Größe der beiden Partner sein. Das ist unübersichtlich, weil die WestLB Risiken in eine Bad Bank ausgelagert hat. Wer ist denn der Größere?

Häusler: Wenn Sie die wichtigsten Kennzahlen betrachten, ist die BayernLB der größere Partner.

SZ: Dann kann der Sitz der Bank ja nur in München sein.

Häusler: Sie lassen nicht locker, oder? Wir müssen wirklich erst schwierige andere Fragen lösen.

SZ: Wie sieht denn das Geschäftsmodell einer fusionierten Bank aus? Gibt es etwas völlig Neues?

Häusler: Es kann keinen radikalen Wandel geben. Wir werden uns wie bisher mit einer verbreiterten Produktpalette um Großkunden und den Mittelstand kümmern und als wichtiger Partner und Produktlieferant für die Sparkassen bereitstehen. Wir werden aber auch weiter gewerbliche Immobilienfinanzierungen als Kerngeschäftsfeld betreiben. Das Privatkundengeschäft mit der DKB wollen wir noch ausbauen.

SZ: Aber im Mittelstand sind WestLB und BayernLB schwach verankert.

Häusler: Historisch gesehen mag das so gewesen sein. Aber seit einiger Zeit haben wir dort beachtliche und visible Erfolge vorzuweisen.

SZ: Wo ist die BayernLB stärker als die WestLB?

Häusler: Im Mittelstand sind wir vermutlich mittlerweile stärker positioniert, sicher auch im Privatkundengeschäft. Die WestLB hat in Bereichen des Kapitalmarktgeschäfts eine breitere Produktpalette und ist in einigen zusätzlichen Auslandsmärkten speziell in Asien vertreten, was unsere deutschen Kunden begrüßen würden.

SZ: Die EU wird möglicherweise noch den Abbau oder Verkauf mancher Bereiche der BayernLB verlangen. Kann das die Fusionspläne beeinträchtigen?

Häusler: Wir brauchen für das Gelingen der Fusion vor allem von drei Seiten Unterstützung: von den Sparkassen, vom Bankenrettungsfonds Soffin, der an der WestLB beteiligt ist, und von der EU. Brüssel hat eine Konsolidierung unter den Landesbanken immer wieder gefordert. Ich gehe daher davon aus, dass die Kommission das Vorhaben positiv sieht.

SZ: Die bayerische Landesregierung will sich mittelfristig von ihrer Mehrheit an der Landesbank trennen. Rückt eine solche Privatisierung und damit die Rückzahlung der Milliardenhilfen nicht in weite Ferne?

Häusler: Nein, im Gegenteil. Die Chancen, private Investoren für die BayernLB zu gewinnen, würden durch eine betriebswirtschaftlich motivierte Fusion mit der WestLB eher steigen. Erste Proberechnungen zeigen, dass die Profitabilität einer gemeinsamen Bank spürbar höher läge, als die jeder einzelnen.

SZ: Profitabler heißt auch, dass bei einer Fusion mehr Stellen abgebaut würden, als jetzt geplant?

Häusler: Bei einer Fusion geht es immer auch um Synergien. Wir wollen die Kosten senken, einige Bereiche würde man nicht doppelt benötigen. Das würde auch zu einem Stellenabbau führen.

SZ: Wie viele Jobs wollen Sie streichen?

Häusler: Diese Frage stellt sich derzeit noch nicht. Entscheidend sind zunächst andere Themen: Wie erreichen wir eine solide Refinanzierung und ein gutes Rating?

"Das muss ökonomisch sinnvoll sein"

SZ: Wollen Sie nach einer Fusion mit der WestLB weitere Partner gewinnen?

Häusler: Wir verlieren uns nicht in Gedankenspielen über theoretische dritte und vierte Schritte. Aber man sollte niemals nie sagen.

SZ: Die Politik fordert, die Zahl der Landesbanken von acht auf eine oder zwei zu reduzieren ...

Häusler: Noch einmal: Zusammenschlüsse müssen ökonomisch sinnvoll sein.

SZ: Dann fragen wir Sie als Ökonom: Wie viele Landesbanken brauchen wir?

Häusler: Es ist sicher ökonomisch sinnvoll, die Zahl der Landesbanken zu reduzieren. Wenn man aber alle Landesbanken zu nur einem Institut zusammenlegt, wird die Bank so groß, dass es nahezu unmöglich wird, das laufende Geschäft solide zu refinanzieren.

SZ: Wäre nicht schon die geplante neue Großbank schwierig zu finanzieren?

Häusler: Die BayernLB ist im Moment sehr komfortabel ausgestattet. Dennoch ist die Refinanzierung eines der zentralen Themen, deswegen müssen wir die Sparkassen mit im Boot haben.

SZ: Weil Sie deren stabile Kundengelder brauchen?

Häusler: Wir brauchen sie als verlässliche Partner in vielerlei Hinsicht. Ohne die Sparkassen würde diese Fusion nicht gelingen.

SZ: Wie viele Chefs kann die neue Bank haben? Doch nur einen, oder?

Häusler: Das hätten die Verwaltungsräte zu entscheiden, wenn es zu einer Fusion kommt.

SZ: Eine Fusion soll die Bank profitabler machen. Ist das angesichts all der neuen Regulierungsmaßnahmen möglich?

Häusler: Die Kapitalvorschriften von Basel III, die Bankenabgabe und einiges mehr, all das macht das Bankgeschäft nicht einfacher.

SZ: War das nicht nötig, nachdem die Finanzkrise die Steuerzahler so viel Geld gekostet hat?

Häusler: Man muss abwarten, wie die Reformen wirken und wie sie das Kreditangebot an die Realwirtschaft beeinflussen. Sie könnten auch negative Folgen haben. Hinzu kommt, dass es aus meiner Sicht ein großes Problem ist, wenn unterschiedliche staatliche Stellen unkoordiniert Maßnahmen ergreifen. Beispiel Bankenabgabe: Sie kann die BayernLB in Ungarn und Deutschland zusammengenommen einen dreistelligen Millionenbetrag kosten.

SZ: Wegen der Staatshilfen sind die Gehälter auch bei der BayernLB gedeckelt. Können Sie die Mitarbeiter halten und neue gewinnen, die Sie für die Sanierung brauchen?

Häusler: Die Loyalität unserer Mitarbeiter ist bemerkenswert. Es kann aber auf Dauer nicht so sein, dass die Bankmitarbeiter, und hier meine ich nicht den Vorstand, die jetzt für die Sanierung arbeiten, mit einem Gehaltsmalus für alte Fehler bestraft werden. Diese Fehler wurden ja in erster Linie vom seinerzeitigen Management begangen.

SZ: Sie haben also Angst, dass Ihnen die Leute weglaufen?

Häusler: Wir haben einen zusätzlichen Trumpf in der Hinterhand: München ist für viele Mitarbeiter sehr attraktiv.

SZ: Also doch: Sie wollen die fusionierte Bank nach München holen.

Häusler: Netter Versuch, aber erst einmal sind andere Fragen zu klären.

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